Vor Monsanto-Übernahme Bayer rüstet sich für eine heiße Hauptversammlung

Bayers Hauptversammlung steht ganz im Zeichen der geplanten Monsanto-Übernahme. Die Aktionäre haben großen Gesprächsbedarf angemeldet. Vor dem Kongresszentrum planen Aktivisten Protestzüge – und ziehen vor Gericht.

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Wie hier Ende März in Brüssel dürfte es auch am Freitag in Bonn zu Demonstrationen gegen die umstrittene Fusion kommen. Quelle: Reuters

Düsseldorf Wenn sich die Aktionäre von Bayer treffen, stehen Proteste und Kritik stets auf der Tagesordnung. Umweltschützer demonstrieren zum Beispiel als Bienen verkleidet vor dem Hauptversammlungs-Gebäude – sie werfen Bayer vor, mit Pflanzenschutzmitteln zum Sterben der Bienen beizutragen. Drinnen wechseln sich kritische Aktionäre über Stunden hinweg mit Redebeiträgen ab – sie prangern den Konzern wegen angeblicher Nebenwirkungen von Medikamenten oder Umweltverschmutzung an.

Für Bayers Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning als Versammlungsleiter bedeutet das Stress: Er muss die verschiedenen Gruppierungen ausreichend zu Wort kommen lassen, zugleich dürfen deren Beiträge nicht ausufern. Im diesem Jahr wird dies eine ganz besondere Aufgabe: Denn die Hauptversammlung wird ganz im Zeichen der viel kritisierten Monsanto-Übernahme stehen.

Bayer will den umstrittenen Konzern aus den USA für 66 Milliarden Dollar übernehmen und dadurch zum weltgrößten Hersteller von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln aufsteigen. Stimmen die Kartellbehörden zu, soll der Deal Ende 2017 abgeschlossen sein.

Der Plan bringt Bayer nun eine Angriffsfläche in neuer Dimension. Das zeigen schon die geplanten Demonstrationen, die vor dem Hauptversammlungsgebäude in Bonn geplant sind. Das Netzwerk „Coordination gegen Bayer-Gefahren“, die Gewerkschaft Verdi und ökologisch orientierte Landwirtschaftsverbände haben dazu aufgerufen. Motto: „Stop Bayer/Monsanto“. Die Polizei erwartet 300 Teilnehmer.

Als Redner haben sich unter anderem die Grünen-Politiker Renate Künast und Anton Hofreiter angekündigt. Sie wenden sich gegen die Industrialisierung der Landwirtschaft und gegen den Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzucht. Monsanto ist auf diesem Gebiet führend und ist deshalb seit Jahren Zielscheibe von Protesten.

Um den Demonstrationsort gibt es schon vor dem Aktionärstreffen Streit. Bayer hat die Hauptversammlung in das World Conference Center (WCCB) nach Bonn verlegt. Grund dafür ist nach Angaben des Konzerns, dass die in den vergangenen Jahren gebuchte Messehalle in Köln zu groß sei. Mittlerweile kommen nur noch rund 3000 Aktionäre zu dem Treffen – früher waren es einmal mehr als 10.000. Die Halle in Köln war im letzten Jahr nur halb gefüllt.

In Bonn hat Bayer von der Stadt auch Teile des Platzes vor dem Eingang des Kongresszentrums angemietet und baut dort ein großes Zelt auf. Die Demo-Organisatoren kritisieren, Bayer wolle damit die Aktionäre vor den Protesten schützen. Sie wollten dort mit Treckern und Kartoffeldampfmaschinen auffahren.


Liste der Redebeiträge ist lang

Der Konzern weist dies als haltlos zurück und nennt praktische Gründe: Um alle Aktionäre pünktlich ins Kongresszentrum zu bekommen, würden mehr Sicherheitsschleusen gebraucht, die in dem Zelt untergebracht sind. Gegen die Verlagerung der Demo an den Rand des Platzes durch die Polizei haben die Veranstalter nun geklagt – möglich also, dass Bayer das Zelt wieder abbauen muss.

Die eigentliche Hauptversammlung im Kongresszentrum wird ebenfalls von Protesten gekennzeichnet sein. Die Liste der Redebeiträge ist lang. Dort werden nicht nur kritische Aktionäre auftreten – auch Aktionärsverbände wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) haben zahlreiche Fragen an den Vorstand: Sie fürchten um die Wertentwicklung des Konzerns und um dessen öffentliches Ansehen.

Aus den Reihen institutioneller Investoren dürfte auch die fehlende Abstimmung über den Monsanto-Kauf aufgegriffen werden. Bayer hat keine außerordentliche Hauptversammlung zu der Übernahme einberufen, was einige angelsächsische Fonds aufgebracht hat. Auch der Corporate-Governance-Experte Hermann Strenger hatte eine solche außerordentliche Versammlung gefordert und verweist auf die finanzielle, regulatorische und umweltrelevante Tragweite der Bayer-Pläne.

Rechtsexperten sehen Bayer aber dazu nicht gezwungen: Sie halten auch eine derart große Transaktion durch die im Aktienrecht festgelegte Kompetenz des Vorstandes für gedeckt. Was Bayer fürchtet, sind mögliche Anfechtungsklagen nach einer außerordentlichen Hauptversammlung. Das würde langwierige Prozesse mit sich bringen, die die Übernahme gefährden könnten.

Aufsichtsratschef Wenning wird es am Freitag kaum gelingen, die Veranstaltung binnen vier bis sechs Stunden durchzubringen, wie es der Corporate-Governance-Kodex rät. Es stehen auch Wahlen zum Aufsichtsrat an: Wenning selbst stellt sich zur Wiederwahl, ebenso Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner, Pro-Sieben-Sat-1-Chef Thomas Ebeling und Klaus Sturany. Neu in das Kontrollgremium sollen Norbert Bischofberger, Forschungschef des US-Biotechkonzerns Gilead, sowie die frühere Johnson & Johnson-Managerin Colleen Goggins einziehen.

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