Vorwerk-Bilanz Die ganze Welt liebt Thermomix

Vorwerk erlangte mit Staubsaugern Kultstatus, 2013 setzte das Wuppertaler Familienunternehmen mehr als drei Milliarden Euro um - auch dank einer skurrilen Küchenmaschine.

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Mit dem Thermomix exportiert Vorwerk nicht nur erfolgreich ein Produkt, sondern auch die dazugehörige

Es sind fast durchweg gute Nachrichten, die die drei Vorwerk-Gesellschafter für 2013 melden. Der Run auf die Küchenmaschine Thermomix ist ungebrochen. Die Reinigungsserie Kobold ist beliebt wie nie. Der Gesamtumsatz der Vorwerk-Gruppe liegt für das vergangene Jahr bei 3,1 Milliarden Euro und damit über der angestrebten Drei-Milliarden-Marke. Selbst in den Krisenländern Spanien ist der Umsatz mit den hochpreisigen Produkten gewachsen.

Der rund 1000 Euro teure Thermomix (Modell TM31) kommt weltweit auf einen Gesamtumsatz von 800 Millionen Euro. Der Geschäftsbereich Kobold kommt auf 857 Millionen Euro. Die beiden Umsatztreiber liefern sich ein "Kopf an Kopf-Rennen", sagt Gesellschafter Walter Muyres. Man erwarte, dass der Thermomix die Kobold-Serie bei den Umsatzzahlen bald überhole.

Kein Wunder: Weltweit werde alle 38 Sekunden ein Thermomix verkauft, rechnet das Unternehmen vor.

Dessen Beliebtheit erklärt Muyres zum einen mit dem Lifestyle-Trend Kochen, zum anderen mit dem Vertrieb über Berater. Diese verkaufen den Thermomix in ihrer Region exklusiv bei den Kunden zuhause. Die Produkte seien "erklärungsbedürftig", sagt Muyres. "Wir wollen, dass die Leute damit nicht nur Eierlikör machen."

Der Thermomix rührt, dünstet, püriert, erhitzt, taut auf - und das völlig selbstständig. Das Zubehör reicht vom Rühraufsatz über einen Messereinsatz bis zum Gareinsatz. Ausgeben kann man für das Zubehör bis zu 189 Euro pro Stück. Dazu kommt eine Auswahl an Kochbüchern und ein Rezeptmagazin.

Damit erfüllt er einer wachsenden Fangemeinde anscheinend jeden Wunsch. In einer Vorwerk-eigenen Rezept-Community im Internet tauschen sich die Kunden über ihre neuen Kreationen aus. Bislang sind mehr als 85.000 Rezepte zusammengekommen - von Knoblauchöl bis Schokokuchen. Die deutsche Thermomix-Gemeinde auf Facebook umfasst 87.000 Fans, die spanische Seite hat rund 100.000 Anhänger. Weltweit gibt es laut Vorwerk mehr als vier Millionen Thermomix-Nutzer.

Die Zahl der liquiden Mittel bei Vorwerk stieg um rund 45 Millionen Euro. "Die liquiden Mittel geben uns große Freiheit", sagt Gesellschafter Reiner Strecker. Das Unternehmen habe in letzter Zeit einige "ernsthafte Gespräche" über Übernahmen geführt. Daneben hat die Firma in Großbritannien den Thermomix-Distributor "Pinehill Partnership Limited" übernommen. In den Produktionsstandort Wuppertal wollen sie 2014 rund 75 Millionen Euro investieren.

Der Direktvertrieb ist eine wichtige Stütze im System Vorwerk. In Deutschland will die Firma mit 6000 größtenteils freiberuflichen Mitarbeiterinnen ihren Thermomix bei Koch-Veranstaltungen zuhause an Mann oder Frau bringen. Weltweit beschäftigt Vorwerk rund 622.000 Menschen - allerdings sind etwa 610.000 nicht fest angestellt.

Das Unternehmen hatte 2012 angekündigt, einige Reinigungsprodukte sowohl online als auch in Filialen anzubieten. Die Firma experimentiert auch damit, den Thermomix in Filialen zu verkaufen. Viele freie Mitarbeiter hatten das als Angriff auf ihr Geschäftsmodell gewertet. Die Unsicherheit habe sich aber gelegt, sagt Gesellschafter Reiner Strecker. Die Mitarbeiterzahlen in Deutschland stiegen jährlich um rund zehn Prozent.

Kosmetik in Krisenländern

Streit in Familienunternehmen
Clemens Tönnies (links), Robert Tönnies Quelle: Nils Hendrik Müller für WirtschaftsWoche
Fischer DübelZwischen Jörg Fischer (36) und seinem Vater Klaus Fischer (61) krachte es so sehr, dass der Sohnemann im April 2012 hinschmiss und das Unternehmen verließ. Man habe festgestellt, dass die Vorstellung im Hinblick auf Ausrichtung und Führung des Unternehmens "gravierend unterschiedlich" seien, teilte Klaus Fischer mit. Jörg Fischer hatte die Leitung der Geschäfte erst Anfang 2011 übernommen. Jetzt führt Vater Klaus wieder das Unternehmen. Es ist nicht der erste Schlagabtausch im Hause Fischer. 2007 prozessierte Firmenpatriarch Artur Fischer erfolgreich gegen Tochter Margot Fischer-Weber. Ihr wurde gerichtlich untersagt, Vater und Bruder auf ihrer Website als „Haie, Wölfe, Schweine“ oder „Idioten" zu bezeichnen. Dem Urteil ging ein jahrelanger Rechtsstreit um das Erbe der Dübel-Dynastie voraus. Quelle: Presse
Eine Frau zeigt Minischnapsflaschen des Spirituosen-Herstellers Berentzen Quelle: dpa/dpaweb
Jette Joop und Vater Wolfgang Joop Quelle: dpa
Porsche und PiechZwei Cousins wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Gemeinsam ist ihnen der Großvater Ferdinand Porsche, Erfinder des VW-Käfers. Ferdinand Piech (links) lenkt als Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen die Geschicke des Piech-Zweigs der Familie. Er gilt als stiller, aber harter Manager - ein nüchterner Zahlenmensch. Daneben Wolfgang Porsche, Aufsichtsratsvorsitzender von Porsche. Er gilt als Familienmensch, schöngeistig, weich. Der Kampf der Familien gipfelt 2009 als Porsche versucht, VW zu übernehmen. Quelle: dpa
ElectronicPartner EPZwei Jahre lang stritten die Gesellschafter des Elektronikfachhändlers aus Düsseldorf. Grund: Unternehmensnestor Harmut Haubrich hatte die Firmenleitung an seinen Neffen Oliver Haubrich (rechts im Bild - neben ihm Unternehmens-Sprecher Jörg Ehmer) abgetreten. Der hatte sie jedoch nach kurzer Zeit einem familienfremden Manager übertragen. Hartmut Haubrich hielt mit der Kritik an seinem Neffen nicht hinterm Berg. "Erbfolge ist keine Tüchtigkeitsfolge", sagte er auf einer Tagung. Ende 2012 einigte sich die Familie. Oliver Haubrich und seine Schwester Marion Wenske schieden aus der Dachgesellschaft der EP-Unternehmensgruppe aus. Quelle: dpa
Hans und Paul Riegel Quelle: PR

Aktuell gibt es in Deutschland 17 Läden, inklusive einem Vorzeigeladen in Hamburg. Bis Ende des Jahres soll es hierzulande 33 geben. Dort soll hauptsächlich Beratung stattfinden. 2013 machten sie allerdings bereits 10 Prozent des deutschen Umsatzes mit Kobold-Produkten aus.

Die guten Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation in einigen Ländern den Umsatz bremst. So weist Gesellschafter Frank van Oers darauf hin, dass die instabile politische Situation in Thailand den Absatz der Kosmetiksparte Jafra gebremst habe. In ihrem Hauptmarkt Mexiko hat sie zwar ihren Umsatz gesteigert. Dort sieht sich Vorwerk trotzdem mit zwei Problemen konfrontiert.

Wegen des starken Euros sinkt der Umsatz in der hiesigen Währung allerdings leicht auf 461 Millionen Euro. "Dazu kommt, dass die Kosmetikberaterinnen unter der schwierigen Sicherheitslage leiden", sagt van Oers.

In den europäischen Krisenländern Spanien und Portugal konnte Vorwerk seinen Umsatz bedeutend steigern. Trotz den Nachwirkungen der Krise steigerte Vorwerk seinen Umsatz in Spanien um rund 17 Prozent auf 26 Millionen Euro, in Portugal stieg der Umsatz auf 37 Millionen Euro.

Seit 2009 strebt die Vorwerk-Gruppe einen Umschwung an. Dafür will sich das Unternehmen auch von seinem Image lösen. "Die Leute sollen bei Vorwerk nicht mehr an grüne Staubsauger mit einem Beutel denken", sagt Reiner Strecker. Stattdessen zeigen die neuen Staubsauger und Fensterreiniger lediglich die "Akzentfarbe Grün".

Ganz frei von Klischees kann sich das Unternehmen jedoch nicht machen. So sind ein Großteil der freien Thermomix-Vertrieblerinnen Hausfrauen, die die Küchenmaschine in Teilzeit auf Koch-Events anpreisen. Und auch auf die Kunden passt so manches Vorurteil.

Die stärkste Absatzregion für Vorwerk-Reinigungsprodukte in Deutschland ist das Schwabenland.

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