VW-Aufsichtsrat Weil „Ferdinand Piëch greift zu Fake News“

Wussten VW-Aufsichtsräte frühzeitig vom Dieselskandal? Ex-Konzernpatriarch Ferdinand Piëch belastet hochrangige Aufseher wie den niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Der wehrt sich nun entschieden.

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Der niedersächsische Ministerpräsident weist die Vorwürfe im VW-Abgasskandal zurück. Quelle: dpa

Hannover/Wolfsburg Im Konflikt um die weitere Aufarbeitung des VW-Diesel-Skandals hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Ex-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch das Verbreiten gefälschter Nachrichten vorgeworfen. „Ich bedauere, dass ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten wie Ferdinand Piëch inzwischen zu Mitteln greift, die man neudeutsch nur als „Fake News“ bezeichnen kann“, sagte Weil am Donnerstag in Hannover. Zu Piëchs möglicher Motivation meinte er, es sei bekannt, dass dieser im Streit aus dem VW-Gremium ausgeschieden sei: „Möglicherweise besteht da ein Zusammenhang.“

Piëch hatte laut Medienberichten Anschuldigungen gegen mehrere aktuelle Aufsichtsräte erhoben. So sollen unter anderem Weil und Betriebsratschef Bernd Osterloh bereits Anfang März 2015 von Hinweisen auf Abgas-Manipulationen in den USA erfahren haben - und damit viel früher als bisher bekannt. Der Skandal war dann Mitte September 2015 öffentlich bekannt geworden. Weil wies diese Vorwürfe erneut zurück. Er kenne Piëchs Behauptungen seit einigen Monaten. „Sie sind nicht bewiesen und nicht beweisbar.“

Auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat wies die Vorwürfe zurück. Der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber, der im November 2015 aus dem VW-Aufsichtsrat ausschied, drohte Piëch ebenfalls mit einer Klage. „Ich behalte mir vor, juristisch gegen Ferdinand Piëch vorzugehen, das lasse ich so nicht stehen“, sagte Huber der Nachrichtenagentur Reuters.

„Ich kann vor jedem Gericht der Welt schwören, dass Piëch nicht mit mir über diesen Sachverhalt geredet hat, weder unter vier noch unter zehn Augen.“ In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten Betriebsratschef Bernd Osterloh und Huber, dass die Behauptung von Piëch unwahr sei. „Hätte uns Dr. Piëch in Kenntnis gesetzt, dann hätten wir das Unternehmen und die Belegschaften vielleicht vor großem Schaden bewahren können. Jetzt erwarten wir, dass der Vorstand umgehend prüft, ob er gegen Piëch vorgehen muss.“ Der VW-Konzern drohte seinem Großaktionär Piëch mit einer Klage.

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft hatte erst Ende Januar die Ermittlungen gegen den ehemaligen VW-Chef Winterkorn auf den Betrugsverdacht ausgeweitet. Laut den Strafverfolgern hatten sich „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ ergeben, dass der ehemalige Konzernchef früher als von ihm öffentlich behauptet von der Betrugssoftware und ihrer Wirkung gewusst haben könnte. Dabei berief sich die Ermittlungsbehörde auf eigene Vernehmungen von Zeugen und die Auswertung beschlagnahmter Dateien. Neben Winterkorn rückten weitere Verdächtige ins Visier der Staatsanwaltschaft, sie ermittelt inzwischen gegen 37 Beschuldigte.

Winterkorn hat mehrfach beteuert, erst im September 2015 von den millionenfachen Abgasmanipulationen erfahren zu haben. Sollte sich herausstellen, dass er oder Aufsichtsratsmitglieder früher davon wussten, hätten Anleger Argumente, um Schadensersatz für erlittene Kursverluste ihrer VW-Aktien zu fordern.

Der damalige VW-Chef war im September 2015 von seinem Amt an der Spitze von Europas größtem Autokonzern zurückgetreten, kurz nachdem die Abgasmanipulation durch die US-Umweltbehörden öffentlich bekannt gemacht wurde. Wenige Monate vorher, im April 2015, hatte der damalige Konzernlenker einen Machtkampf gegen seinen Ziehvater Piëch überstanden. Piëch zog sich daraufhin aus dem Konzern zurück. Auslöser für den Streit war damals ein Zitat Piëchs im „Spiegel“, er sei „auf Distanz zu Winterkorn“. Damit durchkreuzte Piëch Winterkorns Hoffnung, ihn als Aufsichtsratschef beerben zu können. Warum Piëch von Winterkorn abrückte, blieb im Dunkeln. Er selbst äußerte sich nie dazu.

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