VW-Chef Müller in Linz „Das ist alles kein Sciene-Fiction“

Konzernchef Matthias Müller erzählt im österreichischen Linz, wie er seinen Konzern fit für die Zukunft machen will. Digitalisierung und Elektrifizierung steht dabei ganz vorn.

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Der VW-Chef sprach im österreichischen Linz über die Digitalisierung des automobilen Geschäfts. Quelle: AFP

Linz Solch prominente Gäste gibt es in Linz eher selten. Auch der Moderator spricht von einem „außergewöhnlichen Besuch“. Volkswagen-Chef Matthias Müller ist an diesem Abend in die österreichische Industriestadt gekommen. Mit großem Applaus wird Müller im Saal der örtlichen Raiffeisenbank begrüßt. Sogar zweimal steht der Volkswagen-Chef auf und präsentiert sich dem Publikum. Viel regionale Wirtschaft ist vertreten, auch Unternehmen aus dem Zuliefererbereich gehören zu den Kunden der Raiffeisenbank aus Linz.
Müller baut seinen Zuhörern gleich zu Beginn eine Brücke. „Österreich ist auch ein Stück Volkwagen-Land“, eröffnet Müller seinen Vortrag. Nicht weit von Linz entfernt betreibe die Lastwagen-Tochter MAN ein eigenes Werk, in Salzburg habe die größte und wichtigste Vertriebstochter von Volkswagen ihr Zuhause.

Doch schon bald ist Müller bei seinem eigentlichen Thema angelangt: der Zukunft von Volkswagen und der gesamte Automobilbranche. Die jüngste VW-Vergangenheit mit der Dieselaffäre taucht noch einmal kurz auf. Müller spricht davon, dass dabei „moralische Grenzen überschritten“ worden seien. Der VW-Chef kündigt eine „restlose Aufklärung“ an, bittet aber zugleich um Geduld. Denn die internen Ermittlungen bräuchten ihre Zeit.
Dann ist Müller schneller wieder bei der Zukunft. Volkswagen und die Autobranche müssten sich der Digitalisierung, der Urbanisierung und der Nachhaltigkeit stellen. „Unser Geschäft wird sich heute tiefgreifender verändern als in den vergangenen 100 Jahren“, betont er.
Die Digitalisierung des automobilen Geschäfts sei nicht mehr umkehrbar. In zehn bis 15 Jahren würden überall im und um das Auto herum digitale Steuerungsprozesse Einzug gehalten haben. Der Wecker klingelt morgens 15 Minuten früher als geplant, weil über das Auto die ersten Staumeldungen eingegangen und weitergereicht worden sind. Über das Auto meldet sich der Kühlschrank, dass die Milch langsam zur Neige geht und jemand einkaufen gehen sollte. „Das ist kein Science-Fiction, das ist alles nicht mehr weit entfernt“, sagt Müller.


Auto als Statussymbol verliert an Bedeutung

Auch auf den nicht mehr zu stoppenden Trend zur Urbanisierung muss ein Unternehmen wie Volkswagen reagieren. Bei den Jüngeren „verliert das Auto als Statussymbol“ an Bedeutung. Wahrscheinlich gerade auch deshalb, weil es in den engen Straßen der Städte nicht mehr ausreichend Parkplätze gibt.
Die Elektrifizierung der Antriebe steht für Müller für die Nachhaltigkeit, die der VW-Chef seinem Konzern verordnen will. Verbrennungsmotoren würden zwar noch länger eine wichtige Rolle spielen, und auch der „Diesel ist nicht tot“. Im Batterieantrieb sieht Müller allerdings die Motorvariante, die wegen ihrer Nachhaltigkeit auf Dauer die besten Zukunftsaussichten hat. Beim Wasserstoff-Antrieb und bei der Brennstoffzelle schätzt Müller die Aussichten nicht ganz so gut ein.

Im Januar soll es den ersten Elektro-Golf mit „echten 300 Kilometer Reichweite“ geben. Vor dem amerikanischen Elektro-Pionier Elon Musk und dessen Unternehmen Tesla zieht der VW-Chef den Hut. „Vor Tesla habe ich großen Respekt“, betont Müller. Musk beweise auch großen unternehmerischen Mut.
Müller will den VW-Konzern öffnen und schneller machen. Sein Ziel sei es, das Beste aus Vergangenheit und Zukunft zusammenzubringen. Auch die Automobilzulieferer spielten dabei eine wichtige Rolle. Der VW-Chef spricht von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit, Hersteller und Zulieferer müssten gemeinsam an einem Strang ziehen.
Ganz zum Schluss deutet Müller an, dass es für Volkswagen insgesamt ein guter Tag gewesen ein könnte. Am Dienstag hatte der VW-Konzern seine Beteiligung am amerikanischen Lastwagen-Konzern Navistar bekanntgegeben, der den Wolfsburgern den lange angekündigten Einstieg auf dem US-Nutzfahrzeugmarkt gestattet. Für den Volkswagen-Konzernchef ist das ein „großer Erfolg“.

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