VW-Dieselgate in den USA Richter lässt Audi noch einen Tag länger zappeln

Die Rechtslage ist kompliziert, die Parteien feilschen um letzte Details. Im Verfahren um 80.000 manipulierte Dieselfahrzeuge in den USA mit Motor von Audi gibt es immer noch keine Lösung. Am Dienstag geht es weiter.

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Ein Audi-Diesel-Motor: Richter Charles Breyer legt fest, welche Autos die VW-Tochter in den USA umrüsten muss. Quelle: AFP

Düsseldorf Audi und Volkswagen müssen noch einen Tag länger nachsitzen. US-Richter Charles Breyer hat die Entscheidung über einen Entschädigungs- und Umrüstplan für 80.000 betroffene Dieselkunden bis Dienstagabend (20 Uhr deutscher Zeit) hinausgezögert.

Breyer äußerte sich am Montag allerdings optimistisch, dass das die letzte Verlängerung in diesem komplizierten Verfahren sein wird. „Am Dienstag gibt es eine Lösung. Da bin ich sehr zuversichtlich“, sagte der Richter am Montag bei einer Anhörung in San Francisco. Der Fall sei sehr kompliziert, viele Details müssten ausgehandelt werden. „Das ist ein Verfahren für die ganze Welt“, betonte Breyer.

Der Richter ergänzte, dass an den vergangenen Tagen entscheidende Fortschritte gemacht worden seien. Ursprünglich hatte Breyer die letzte und finale Verhandlungsrunde für den 30. November angesetzt, dann für vergangenen Freitag. Jedes Mal hatte es dabei jedoch keine Einigung gegeben und die Schlussanhörung musste wie am heutigen Montag verschoben werden.

Volkswagen und Audi sind in ihren Verhandlungen mit den US-Umwelt- und Justizbehörden sehr weit gekommen. Eine Einigung soll dabei schon erreicht worden sein. Der größere Teil der 80.000 betroffenen Autos kann wahrscheinlich umgerüstet werden, um die strengen US-Emissionsvorschriften zu erfüllen. 200 Millionen Euro dürfte Audi für die zusätzliche Umweltbelastung durch die manipulierten Fahrzeuge zahlen.

Gefeilscht wird bis zum Schluss um die Entschädigung für die betroffenen Autofahrer in den USA. Deren Anwälte erheben vergleichsweise hohe Forderungen, die Volkswagen und Audi in dieser Höhe bislang nicht bezahlen wollten. Richter Breyer versucht als Schlichter einen Ausgleich zwischen beiden Seiten. Bis zum Dienstagabend soll auch dafür eine Lösung gefunden werden.

Gemeinhin wird nur die Marke Volkswagen mit dem Dieselskandal des Konzerns in Verbindung gebracht. Von den elf Millionen Autos, die weltweit mit einer manipulierten Motorsteuerung verkauft worden sind, stammt der überwiegende Teil auch von VW. Doch für einen kleinen Teil trägt die Premiummarke Audi die Verantwortung, über diese Autos wird immer noch in Kalifornien verhandelt.

Audi hat den großen Drei-Liter-Dieselmotor entwickelt und nicht nur in den eigenen Autos verwendet, sondern auch an die Schwestermarken VW und Porsche weitergereicht. Betroffen sind vor allem größere und besser ausgestattete Fahrzeuge wie der Audi Q7, der VW Touareg und der Porsche Cayenne. Der Rechtsstreit bezieht sich ausschließlich auf rund 80.000 in den USA verkaufte Autos, Europa etwa ist davon nicht betroffen.


Einigung mit Justizministerium fehlt

Anfänglich hatte Audi abgestritten, dass in den Fahrzeugen überhaupt eine manipulierte Software zur Motorsteuerung („Defeat Device“) eingebaut worden ist. Die Autos wiesen auf dem Teststand bei der Zulassung für den US-Automarkt eine wesentlich niedrigere Schadstoffbelastung auf als später im Alltagsbetrieb auf der Straße. US-Ermittler konnten Audi jedoch die Verwendung einer „Defeat Device“ nachweisen, die Ingolstädter VW-Tochter musste am Ende klein beigeben.

Über Monate hat Audi nun mit US-Umweltbehörden, den Anwälten der betroffenen Autofahrer und dem amerikanischen Justizministerium über einen Vergleichsvorschlag verhandelt. Vorbild könnte eine Lösung sein, die Volkswagen bereits im Sommer für fast 500.000 Autofahrer in den USA ausgehandelt hatte, die ein Fahrzeug mit kleinerem Zwei-Liter-Dieselmotor gekauft hatten. Sie können mit einer Entschädigung von bis zu zehn Milliarden US-Dollar rechnen. Außerdem zahlt Volkswagen Milliarden in einen Umweltfonds ein und hilft mit auf Aufbau eines Netzes von Elektro-Tankstellen in den USA.

Für Audi würde es am teuersten, wenn US-Richter Breyer in San Francisco den Rückkauf aller betroffenen 80.000 Autos mit großem Drei-Liter-Motor anordnen würde. „Ein kompletter Rückkauf dürfte etwa 2,5 Milliarden Dollar kosten“, erläutert Arndt Ellinghorst, Automobilexperte beim Londoner Investmentberater Evercore ISI. Im Vorfeld der jüngsten Anhörungen war schon diskutiert worden, dass Audi nur gut 20.000 Autos zurückkauft und den größeren Rest nur umrüsten muss. Eine Umrüstung ist deutlich günstiger, in diesem Fall würden 1 bis 1,5 Milliarden Dollar fällig werden.

Die rechtlichen Auseinandersetzungen sind für den VW-Konzern allerdings auch mit einer Einigung für die Audi-Motoren nicht beendet. Es fehlt noch der abschließende Schuldspruch im laufenden strafrechtlichen Verfahren, die der Konzern mit dem US-Justizministerium in Washington führt.

Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller will das Verfahren noch in diesem Jahr beenden – bevor in Washington die neue Administration des künftigen US-Präsidenten Donald Trump die Arbeit nimmt. Neues Personal in den Ministerien dürfte eine weitere Verzögerung bedeuten – etwas, was Volkswagen nach Möglichkeit verhindern will. Teuer wird eine strafrechtliche Einigung auf jeden Fall. Volkswagen kalkuliert mit einer Strafe von etwa drei Milliarden US-Dollar, wie aus Konzernkreisen in Wolfsburg verlautet. Volkswagen hat dafür die nötigen Rückstellungen gebildet, auch diese Belastung könnte der Volkswagen-Konzern vertragen.

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