VW-Tochter Skoda wächst weiter Die nicht zu bremsende Perle aus Tschechien

Die tschechische Volkswagen-Tochter Skoda hat bis November schon mehr Autos verkauft als im vergangenen Jahr. Mit neuen Geländeautos dürfte das Geschäft 2017 noch besser verlaufen – auch zu Lasten der Marke Volkswagen.

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Bernhard Maier, Vorstandsvorsitzender von Skoda, steht am SUV Kodiaq, mit dem die tschechische VW-Tochter ihre Geländewagen-Offensive beginnt. Quelle: dpa

Düsseldorf Die tschechische Volkswagen-Tochter Skoda ist nicht zu stoppen. Bereits Mitte November hat der Autohersteller aus dem kleinen Mlada Boleslav unweit von Prag in diesem Jahr eine Million Autos verkauft, 2015 hat Skoda dafür noch zwölf Monate gebraucht. Im November profitierte die VW-Tochter aus Tschechien besonders von einer steigenden Nachfrage aus China und aus Europa.

Skoda, das seit 25 Jahren zu Volkswagen gehört, hat sich in dieser Zeit von einem unscheinbaren und unauffälligen Hersteller zu einer Ertragsperle für den Konzern entwickelt. Aktuell liegt die operative Umsatzrendite bei 9,2 Prozent, Skoda hat damit sogar Audi überrundet (8,9 Prozent). Die Marke Volkswagen liegt abgeschlagen bei 1,6 Prozent.

Skoda produziert schon lange keine hässlichen Autos mehr nach altem Osteuropa-Geschmack. Die Skoda-Modelle wirken inzwischen modern und zeitgemäß. Qualität und Design-Standards können sich längst mit der konzerninternen Konkurrenz der Marke VW messen lassen. Skoda hat zudem den Vorteil, dass die Produktionskosten in Tschechien deutlich niedriger sind. In den vergangenen zehn Jahren hat Skoda seinen Marktanteil in Westeuropa von 2,4 auf 4,3 Prozent gesteigert.

Die tschechische VW-Tochter ist längst keine Billigmarke mehr. Skoda spricht inzwischen auch Kundengruppen mit gut gefülltem Geldbeutel an. „Das macht sich besonders in den zunehmenden Bestellungen von höherwertig ausgestatteten Fahrzeugen bemerkbar“, erläutert Vertriebsvorstand Werner Eichhorn.

Im November hat Skoda weltweit fast 100.000 Autos absetzen können, gegenüber dem Vorjahresmonat ist das ein Plus von 9,6 Prozent. Besonders in China sind die Autos der tschechischen VW-Tochter begehrt, dort haben die Auslieferungen im November um 12,1 Prozent zugelegt. In Europa liegt das Plus bei 9,1 Prozent. Bis zum Jahresende wird Skoda weltweit mehr als 1,1 Millionen Autos absetzen können.

Zum Vergleich: Die Marke VW kommt auf gut fünf Millionen Autos, Audi auf knapp zwei Millionen. Skoda-Chef Bernhard Maier hat angekündigt, dass sein Unternehmen im Jahr 2025 ebenfalls auf zwei Millionen produzierte Autos kommen soll.

Im nächsten Jahr dürfte es bei Skoda weiter aufwärtsgehen. Dann nämlich wird die tschechische Volkswagen-Tochter von ihrer jetzt gestarteten Modelloffensive bei sportlichen Geländewagen („SUV“) profitieren. Bislang hat Skoda in Sachen SUV nicht besonders viel zu bieten, doch nach und nach kommen immer mehr Geländewagen aus tschechischer Produktion auf den Markt.

Von März an wird in Deutschland der neue SUV Kodiaq verkauft (etwas größer als der VW Tiguan). Skoda hat auch eigene Geländewagen für China im Programm, in zwei Jahren könnten es einen kleineren SUV geben, der von der Basis eines VW Polo oder eines Skoda Fabia abgeleitet ist.


Konzerninterne Konkurrenz mit der Marke Volkswagen

Auch kritische Beobachter des Volkswagen-Konzerns sind vom Erfolg der tschechischen Tochter überrascht. „Skoda ist ein guter kleiner Massenhersteller“, sagt Arndt Ellinghorst, Automobilexperte beim Londoner Investmentberater Evercore ISI. Das Unternehmen ziehe alle Vorteile daraus, dass es Teil des viel größeren VW-Konzerns ist, indem es etwa Volkswagen-Motoren übernimmt. Skoda in Tschechien sei daher viel schlanker aufgestellt und müsse sich dort auch nicht am deutschen Mitbestimmungsmodell orientieren. „Für einen Massenhersteller ist das die beste aller Welten“, ergänzt Ellinghorst. In Tschechien liegt der Stundenlohn bei etwa zehn Euro, in Deutschland kommt Volkswagen auf das Fünffache.

Die Rolle von Skoda innerhalb des Konzerngefüges ist nicht ganz unproblematisch, da die tschechische Tochter besonders der Marke VW Kunden streitig macht. Aus Sicht von Evercore-Experte Ellinghorst müsste Skoda noch viel mehr Autos produzieren, VW weniger Fahrzeuge fertigen und die Beschäftigtenzahlen entsprechend reduzieren. „Aber wir wissen alle, dass das bei VW wegen des starken Einflusses der Politik und der Gewerkschaften nicht möglich ist“, folgert Ellinghorst.

Auch im Volkswagen-Stammland Deutschland sind die Erfolge von Skoda sichtbar geworden. Mit den neuen Geländewagen könnte die VW-Tochter schon im kommenden Jahr auf 200.000 Neuzulassungen kommen. Die Marke Volkswagen ist in der Bundesrepublik aktuell etwa 3,5-mal so groß. In ein bis zwei Jahren könnte Skoda bei den Neuzulassungen Opel und Ford erreicht haben.

Skoda verspricht, dass sich die Marke nicht an größeren Rabatt- und Nachlassaktionen beteiligen werde. Besonders beliebt unter den Herstellern sind Eigenzulassungen, mit denen neue Autos auf Händler- und Herstellernamen registriert werden und dann in der amtlichen Zulassungsstatistik als verkaufte Neuwagen auftauchen. Skoda werde sich „am Rennen um Marktanteile um jeden Preis nicht beteiligen“, sagt Deutschland-Chef Frank Jürgens. Die Zahl der Eigenzulassungen liege bei Skoda deutlich unter dem Branchendurchschnitt.

Die tschechische VW-Tochter ist bisher vor allem eine Marke für Privatkunden gewesen. Doch wegen des nachhaltigen Erfolgs sind jetzt auch Unternehmen verstärkt auf Skoda aufmerksam geworden und entscheiden sich häufiger für die Marke bei ihren Bestellungen für Fahrzeugflotten. Deutschland-Chef Jürgens verspricht sich davon in den kommenden Jahren ebenfalls weiter steigende Verkaufszahlen.

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