VW und Dieselgate Müllers Showdown in Washington

Es ist einer der wichtigsten Termine für VW seit dem Beginn des Abgas-Skandals. Konzernchef Matthias Müller trifft in Washington erstmals auf eine Schlüsselfigur der US-Anklage. Die Lage ist verfahren – ein Überblick.

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Der VW-Boss hat in den USA einen der wichtigsten Termine des Jahres. Quelle: dpa

Washington/Wolfsburg Kurz vor einem Spitzentreffen mit der US-Umweltbehörde EPA verpassen die US-Behörden VW den nächsten Nackenschlag: Nicht nur, dass die US-Aufseher einen Rückrufplan der Wolfsburger in der Luft zerreißen - sie gehen den Konzern auch verbal wieder hart an. Wichtige Fragen und Antworten zur aktuellen Lage:

Worum geht es bei dem Spitzentreffen im Abgas-Skandal?
VW-Chef Matthias Müller ist nach Washington gekommen, um der EPA-Chefin Gina McCarthy Lösungsvorschläge für das Diesel-Dilemma zu besprechen. Die EPA ist eine der beiden wichtigen US-Umweltbehörden im Abgas-Skandal, die andere heißt Carb. Es ist seit Bekanntwerden der Manipulationen das erste Treffen auf höchster Ebene zwischen VW und amerikanischen Staatsvertretern. In den vergangenen Wochen stand VW wiederholt in der Kritik, der Konzern spiele im Umgang mit den Aufsehern auf Zeit und habe die Dimension des Skandals verkannt.

Wie sind die Vorzeichen für das Treffen?
Nur einen Tag vor dem Treffen legten die Umweltbehörden noch einmal nach: „Volkswagen hat die Entscheidung getroffen, bei Abgas-Tests zu schummeln und hat dann versucht, das zu verstecken“, sagte die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde Carb, Mary Nichols. Am Dienstag hat ihr Amt Vorschläge von VW für eine Umrüstung der manipulierten Autos für ungenügend befunden, die EPA schloss sich an. Mehr noch: VW hat aus Sicht von Carb noch immer nicht dazugelernt. „Sie haben weitergemacht und haben die Lüge noch verschlimmert, und als sie erwischt wurden, haben sie versucht, es zu leugnen“, wetterte die Behördenchefin.

Was hält VW den Vorwürfen entgegen?
Volkswagen sieht sich schon einen guten Schritt weiter: Die jüngste Mitteilung der Umweltbehörde Carb beziehe sich „auf die anfänglichen Rückrufpläne Volkswagens, die Carb im Dezember übermittelt wurden. Seither hatte Volkswagen konstruktive Gespräche mit Carb“. Dazu gehöre auch ein Treffen aus der vergangenen Woche über den Rahmen für eine Beseitigung der Abgas-Affäre.

Was ist die Ausgangslage für VW in den USA?
In den Staaten nahm der Abgas-Skandal um weltweit rund elf Millionen manipulierte Diesel aus dem VW-Konzern seinen Lauf. US-Behörden wiesen nach, dass eine illegale und versteckte Motoren-Software Abgastests frisiert. In den USA sind fast 600.000 Fahrzeuge davon betroffen, die meisten – etwa 500.000 Autos – haben Motoren mit 2,0 Litern Hubraum, der Rest entfällt auf größere Sechszylinder mit 3,0 Litern Volumen. VW räumte die Vorwürfe ein. Hunderte Kunden klagen inzwischen. VW verhängte teilweise Verkaufsstopps. Vor rund einer Woche verklagten zudem die Vereinigten Staaten den Konzern.


45 Milliarden Dollar Strafen drohen

Worum geht es in der Klage der USA?
Das US-Justizministerium wirft Volkswagen nicht nur vor, dass die illegale Software ein Betrug sei und Verstöße gegen Umweltgesetze bedeute. Das Ministerium behauptet auch, der Autobauer trickse und täusche bei der Aufarbeitung der Affäre. In der Klageschrift heißt es: „Die Bemühungen der Vereinigten Staaten, die Wahrheit über die Emissionsüberschreitungen und andere Ungereimtheiten zu erfahren (...), wurden behindert und gehemmt durch das Vorenthalten von Material und irreführende Informationen, die VW zur Verfügung gestellt hat.“ Damit wiegen die Vorwürfe umso schwerer. Denn es geht nicht nur darum, wer vor rund zehn Jahren die Verantwortung für den Einbau der Software trug und warum VW so lange nicht gegensteuerte. Die US-Behörden selbst fühlen sich von VW getäuscht.

Was droht dem Konzern?
Allein bei der Klage der USA gegen VW drohen theoretisch gut 45 Milliarden Dollar (41,8 Milliarden Euro) Strafe – plus eine womöglich milliardenschwere Zahlung im Ermessen des Gerichtes. Experten halten das zwar für einen kaum realistischen Maximalwert. Aber allein die Summe zeigt, wie schwer das Thema in den USA wiegt. Hinzu kommen weitere Kosten für juristische Auseinandersetzungen. Und da sind auch noch die teuren Rückrufe.

Wie will VW die manipulierten Autos überarbeiten?
In Deutschland ist die Sache so gut wie klar: Software-Updates und ein kleines Gitternetz für wenig Geld reichen aus, um die Behörden zufriedenzustellen. Anders in den USA: Dort drohen nicht nur aufwendige Nachbesserungen, mit denen die betroffenen Wagen zum Beispiel neue Katalysatoren erhalten könnten. Auch Rückkäufe sind denkbar, wie VW-Boss Matthias Müller schon einräumte. Dabei geht es um gut 100.000 der knapp 600.000 Wagen. Bei ihnen wäre eine Umrüstung unter Umständen zu aufwendig, zu teuer oder es würde zu lange dauern.

Wieviel hängt von dem Treffen am Mittwoch ab?
Es ist mit Sicherheit nicht zu unterschätzen. Immerhin begegnen sich VW-Chef Müller und EPA-Chefin McCarthy zum ersten Mal persönlich. Für VW ist das damit auch eine Chance, Vertrauen aufzubauen und auf höchster Ebene für einen Draht zu sorgen.

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