VW und Niedersachsen Nicht mehr an einem Strang

Das Land Niedersachsen hat die Entlastung der beiden VW-Manager Martin Winterkorn und Herbert Diess verweigert. Eine neue Konfliktlinie zu den Eignerfamilien Porsche und Piëch zeichnet sich ab. Ein Kommentar.

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Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD, r.) will Ex-VW-Manager Martin Winterkorn (l.) nicht entlasten. Quelle: dpa

Die Fronten im Aufsichtsrat von Volkswagen verhärten sich. Das Land Niedersachsen hat den beiden VW-Managern Martin Winterkorn und Herbert Diess auf der Hauptversammlung die Entlastung verweigert. Die jüngsten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen die beiden Führungskräfte wegen des Verdachts auf Marktmanipulation sind der Grund dafür.

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geht damit auf Distanz zu den wichtigsten Gesellschaftern von Volkswagen, den beiden Familien Porsche und Piëch. Sie wollten die Entlastung von Winterkorn und Diess trotz der neuen Braunschweiger Ermittlungen aufrechterhalten. In der Dieselaffäre sei bei beiden keine schwere Verfehlung nachweisbar.

Die Landesregierung in Hannover hat zwar nicht die direkte Konfrontation mit den beiden Familien gesucht – und auf das harte Nein zur Entlastung für Winterkorn und Diess verzichtet. Stattdessen hat sich Niedersachsen für die etwas weichere Variante entschieden – die Enthaltung.

Aber auch damit stellt sich das Land gegen die von den wichtigsten VW-Gesellschaftern vorgegebene Linie. Die Entscheidung der Landesregierung treibt den Keil im Aufsichtsrat tiefer. Denn nicht das erste Mal liegen die Porsches und die Piëchs mit den Niedersachsen im Clinch.

Etwa im Streit um die Boni für Volkswagen-Führungskräfte war die Konfliktlinie schon sichtbar geworden. Niedersachsen hatte in diesem Fall den offenen Konflikt noch vermieden und schließlich doch mit den anderen Kapitalvertretern gestimmt. Das ist jetzt anders. Die Landesregierung hat den Familien Porsche und Piëch im Streit um die Entlastung die Gefolgschaft verweigert.

Angesichts der bei Volkswagen noch lange nicht beigelegten Dieselaffäre ist die Enthaltung alles andere als ein positives Signal. Auch Volkswagen-Markenchef Herbert Diess als persönlich Betroffener dürfte sich wenig gefreut haben. In den vergangenen Wochen hatte es schon häufiger atmosphärische Störungen zwischen ihm und der Landesregierung gegeben.

Vor Diess liegt die größte Sanierungsaufgabe innerhalb des Volkswagen-Konzerns. Er muss die renditeschwache Kernmarke VW wieder auf Trab bringen – und das könnte am Ende Stellenabbau und Werksschließungen bedeuten. Kommt es zu einem echten Konflikt zwischen Diess und der Landesregierung, dann droht das Sanierungsprogramm für die Marke VW gleich im Sande zu verlaufen.

In eineinhalb Jahren wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Im Wahlkampf müssen die eigenen Anhänger bedient werden, das dürfte den Sanierungswillen der Landesregierung zusätzlich abschwächen.
Das Signal aus der Hauptversammlung ist alles andere als ermutigend. Mit einem offenen Streit ist dem angeschlagenen Konzern in der anhaltend schwierigen Lage nach der Dieselaffäre überhaupt nicht gedient. Bei Volkswagen müssten jetzt alle an einem einzigen Strang ziehen.

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