VW und Prevent Es konnte nur Verlierer geben

Bei Volkswagen wird bald wieder normal gearbeitet. VW und der Zulieferer Prevent haben sich nach zähen Verhandlungen auf die Wiederaufnahme der Teilelieferungen geeinigt. Der Schaden war zu groß geworden. Ein Kommentar.

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Volkswagen und der Zulieferer Prevent haben sich auf einen Kompromiss verständigt. In wenigen Tagen dürfte an der Golf-Linie im Stammwerk Wolfsburg wieder normal gearbeitet werden. Quelle: Reuters

Am Ende hat dann doch die Vernunft gesiegt: Volkswagen und die deutsch-bosnische Zuliefergruppe haben sich am Dienstag auf einen Kompromiss verständigt und die Wiederaufnahme der Teilelieferungen an den Wolfsburger Autokonzern vereinbart. Schon in wenigen Tagen soll der Lieferstopp vergessen sein, in der kommenden Woche dürften die VW-Fabriken wieder nach Plan Autos produzieren.

Beide Seiten haben bislang einen hohen Preis für diesen sehr außergewöhnlichen Konflikt zahlen müssen. Bei Volkswagen sind etwa 10.000 Fahrzeuge nicht produziert worden. Wäre es zu keiner Einigung mit der Prevent-Gruppe gekommen, hätte der Wolfsburger Autokonzern pro Woche einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag verloren.

Aber auch Prevent hat einen Preis für den Lieferstopp gezahlt. Die sächsische Prevent-Tochter ES Guss, die seit Anfang August keine Getriebeteile mehr an Volkswagen geliefert hat, macht mehr als 70 Prozent ihres Umsatzes mit den Wolfsburgern. Damit ist klar, dass ES Guss den Konflikt mit dem VW-Konzern nicht mehr lange durchgehalten und möglicherweise schon bald Insolvenz angemeldet hätte.

Kurzfristig darf sich Prevent in diesem Konflikt als Sieger fühlen. Der vergleichsweise kleine Zulieferer hat als David den großen Goliath VW herausgefordert – und zumindest nicht verloren. Prevent hat es geschafft, den Volkswagen-Konzern an den Verhandlungstisch zu holen und einen Teil der eigenen Forderungen durchzusetzen. So etwas gelingt einem Zulieferer äußerst selten, und allein schon deshalb ist das jetzt erreichte Ergebnis sehr außergewöhnlich. Denn in aller Regel bestimmen allein die großen Autohersteller, in welche Richtung es geht.

Längerfristig sind die Auswirkungen dieses Streites allerdings schwerer abzuschätzen. Bei VW in Wolfsburg hat sich in den vergangenen Tagen eine ganze Menge an Verärgerung über den kleinen Zulieferer angestaut. Deshalb wäre eigentlich die normalerweise zu erwartende Reaktion, dass ein Autohersteller wie Volkswagen die Zusammenarbeit mit einem unzuverlässigen Partner wie Prevent recht bald einstellt.

VW kann sich aber kurzfristig nicht erlauben, die Verträge mit der Prevent-Gruppe zu kündigen. Dafür ist die Abhängigkeit einfach noch zu groß. Aber der deutsch-bosnische Zulieferer wird aufpassen müssen: Auf längere Sicht dürfte Volkswagen am Ende doch versuchen, die Zusammenarbeit komplett einzustellen. Trotz aller gegenteiliger aktueller Äußerungen. Auch andere Autohersteller, die von Prevent beliefert werden, dürfen sich den aktuellen Konflikt mit Volkswagen sehr genau angesehen haben – und auf längere Sicht vielleicht ebenfalls keine neuen Verträge mehr mit Prevent abschließen.

In der gesamten Automobilbranche wird ein Konflikt wie zwischen Prevent und Volkswagen deshalb die Ausnahme bleiben. Am Ende sitzen die großen Autokonzerne doch am längeren Hebel und machen den Zulieferern die Vorgaben. Prevent hat mutig gekämpft und sich nicht einschüchtern lassen. Aber ein Lehrbeispiel für die gesamte Industrie hat dieser Zulieferer definitiv nicht geliefert.

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