VW-Vorstandsvergütung Das Ende der Wolfsburger Exzesse

Der VW-Aufsichtsrat hat das neue Gehaltsmodell für die neun Konzernvorstände beschlossen. Sie müssen sich mit weniger zufrieden geben. Für den Vorstandsvorsitzenden gilt künftig eine Obergrenze von zehn Millionen Euro.

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Das Ausscheiden von Christine Hohmann-Dennhardt hatte eine Diskussion über die Vergütung von Spitzenmanagern ausgelöst. Quelle: dpa

Wolfsburg Volkswagen wird seine Vorstände künftig weniger großzügig behandeln. Der Aufsichtsrat hat am Freitag das neue Vergütungssystem für das Top-Management des Konzerns beschlossen. Mit den Bezügen der Vorstände geht es deutlich bergab: Das maximal mögliche Jahresgehalt des Vorstandsvorsitzenden liegt um 40 Prozent unter dem Niveau des alten Vergütungssystems: Bei zehn Millionen Euro ist künftig Schluss.

„Das neue Vergütungssystem ist stärker zukunftsorientiert“, sagte ein Konzernsprecher am Nachmittag zu der Entscheidung des Aufsichtsrates. Nicht nur für den Vorstandsvorsitzenden gibt es mit zehn Millionen Euro eine Obergrenze, ein reguläres Vorstandsmitglied muss sich künftig mit maximal 5,5 Millionen Euro bescheiden. Nach VW-Angaben können diese neuen Obergrenzen aber nur bei einer „herausragenden Unternehmensentwicklung“ erreicht werden. Ein Beispiel sei etwa ein neuer Rekord bei der Rendite.

Volkswagen reagiert mit seinem neuen Sparkurs bei den Vorstandsbezügen auch auf die jüngste Kritik aus der Politik. Besonders die SPD hatte sich Obergrenzen bei der Bezahlung von Top-Managern auf die Fahnen geschrieben. Auslöser war das Ausscheiden von VW-Vorstandsfrau Christine Hohmann-Dennhardt, die den Konzern zu Jahresbeginn nach gut zwölf Monaten auf dem Posten mit einer Abfindung von rund zwölf Millionen Euro wieder verlassen hatte.

Begonnen hatte die Diskussion um die Vorstandsgehälter von Volkswagen schon vor einem Jahr. Trotz der Dieselaffäre und dem damit verbundenen Milliardenverlust für 2015 waren an die Mitglieder des Vorstandes Boni in Millionenhöhe ausgeschüttet worden. Verantwortlich war dafür das alte, sehr stark an der Vergangenheit orientierte Vergütungssystem für den Volkswagen-Vorstand. Die Verluste aus der Dieselaffäre wurden nach der alten Rechnung nur in vergleichsweise geringem Umfang berücksichtigt.

Die Systematik, die der Aufsichtsrat am Freitag beschlossen hat, soll auch diesen Mangel heilen. Die Vergütung für die Topmanager wird sich künftig viel stärker an der Gegenwart orientieren. Außerdem soll ihre Bezahlung an die Entwicklung des Aktienkurses gebunden werden. Im Unterschied zu anderen Unternehmen fehlte bei VW eine solche Aktienkomponente fast völlig. Die Interessen der Eigentümer, der Aktionäre, und der Vorstände waren in Wolfsburg also nicht miteinander verknüpft.

Das Jahresgehalt eines Volkswagen-Vorstandes setzt sich künftig aus drei Komponenten zusammen, im alten System waren es vier. An erster Stelle steht die Grundvergütung, dann eine Erfolgsbeteiligung für das aktuelle Jahr und abschließend eine Langfrist-Komponente, die auf die Entwicklung des Aktienkurses über drei Jahre abzielt.


Der Konzern sieht sich gut aufgestellt

Auf das gesamte Jahresgehalt bezogen werden die VW-Vorstände künftig weniger bekommen. Das liegt vor allem daran, dass die aktuelle Erfolgsbeteiligung und die Langfrist-Komponente beschnitten werden. Die Grundvergütung, die erste Komponente im neuen System, wird hingegen sogar angehoben. Sie steigt um bis zu 30 Prozent auf 2,125 Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden, 1,35 Millionen Euro sind es künftig für das reguläre Vorstandsmitglied.

Die zweite Komponente zielt auf das operative Ergebnis und die Umsatzrendite ab. Damit die Vorstände entsprechend entlohnt werden, muss der operative Gewinn des Konzerns künftig neun Milliarden Euro überschreiben (alte Regelung: fünf Milliarden). Die operative Rendite muss mindestens bei vier Prozent liegen. Wenn nicht, fällt dieser Teil der variablen Vergütung weg. Danach sieht sich der Aufsichtsrat noch einmal die individuelle Leistung der einzelnen Vorstände an. Haben sie ihren Job gut oder schlecht gemacht, kann der variable Vergütungsbestandteil um 20 Prozent steigen – oder auch schrumpfen. Entscheidend für die Beurteilung wird sein, ob die Vorstände ihre individuellen Jahresziele erreicht haben.

Auf einen Zeitraum von drei Jahren zielt abschließend eine Drei-Jahres-Komponente ab. Diese neue variable Langfristvergütung basiert auf der Gewährung virtueller Vorzugsaktien, deren Anzahl bei jedem Vorstandsmitglied mit dem erreichten Gewinn je Aktie variiert. Die Auszahlung dieser variablen Langfristvergütung ist somit abhängig vom Ergebnis je Vorzugsaktie und dem Aktienkurs.

Unter dem alten System hätte der VW-Konzernchef in der Zeit von 2011 bis 2015 maximal im jährlichen Durchschnitt 14,1 Millionen Euro verdienen können, jetzt wären es nur 8,4 Millionen Euro jährlich. Für das reguläre Vorstandsmitglied fällt der maximal mögliche Betrag von 6,0 auf 4,3 Millionen Euro.

Volkswagen sieht sich mit dem neuen Vergütungssystem im Vergleich zu anderen großen deutschen Konzernen gut aufgestellt. „VW muss den Mainstream abbilden“, war dann auch die Vorgabe des Aufsichtsrates bei der Ausgestaltung der neuen Systematik. Mit dem alten Vergütungsplan lag Volkswagen klar an der Spitze unter den 30 Dax-Konzernen, jetzt geht es eher Richtung Mittelfeld. Mit der Vergütung des Vorstandsvorsitzenden liegt VW auf Platz drei, beim regulären Vorstandsmitglied auf Platz sieben.

In ersten Reaktionen wird das neue Vergütungssystem in Investorenkreisen begrüßt. „Das ist ein wichtiger Schritt, um die Bezahlung der Top-Manager stärker mit deren eigenem Handeln zu verknüpfen“, sagte Arndt Ellinghorst vom Investmentberater Evercore ISI in London. Positiv sei auch zu bewerten, dass es jetzt eine klare Verbindung zu den Aktionären gebe.

Das neue Vergütungssystem soll schon für das Jahr 2017 gelten, in einer ersten Stufe aber nur für die neun Konzernvorstände. Später soll das Modell auch auf Tausende andere Führungskräfte im gesamten Konzern übertragen werden.

Mit dem Beschluss des Aufsichtsrates tritt das neue System allerdings nicht automatisch in Kraft. Die amtierenden Vorstände haben alle laufende Verträge. Jeder einzelne muss dem neuen System – und damit der Änderung seines Vertrages – persönlich zustimmen. Auf den Aufsichtsrat kommt jetzt also eine gewisse Überzeugungsarbeit zu. Zur Vertragsänderung können die Vorstände nicht gezwungen werden.

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