„Uns ist es egal, wem das Unternehmen gehört, wenn die Qualität stimmt und wir spüren, dass unsere Partner das gleiche wollen wie wir“, sagt Alsing. Dazu komme, dass Braufactum Erfahrung mit dem deutschen Pfandsystem habe. Bislang konnte man sich in Deutschland Sorten wie „Spontan Cherry“, das in Eichenfässern reifte und 8,2% Alkohol hat, zuschicken lassen und umging so das Pfandsystem. Bei einer flächendeckenden Verbreitung ist das für eine Biermarke nicht drin – im Gegensatz zu Weinflaschen, denen ein Ende im Altglascontainer genügt. „Wir exportieren in 47 Länder. Wir können in unserer Größe nicht für jedes Land eigene Flaschen produzieren“, sagt Alsing. So kommt Mikkeller in Deutschland zunächst mit einem kleineren Programm in die Supermärkte – mindestens 600 Sorten hat Mikkeller seit seiner Gründung im Jahr 2006 produziert. Nicht ein erprobtes Portfolio sondern der ständige Wandel sind die Idee der Brauerei.
Die deutschen Mitbewerber von Radeberger werden auch diese Entwicklung genau beobachten. Die Brauerei Bitburger hat schon 2009 den Schritt in Richtung Mikro-Brauerei getan und mit Craftwerk eine Marke ins Leben gerufen, die auf der hauseigenen Versuchsanlage gebraut wird. Die Bayreuther Brauerei Maisels, bekannt für ihr Weizen und Weißbier, hat mit „Maisel & Friends“ ein Programm mit in der fränkischen Heimat eher unbekannten Sorten wie „Choco Bock“ gegründet. Vergangene Woche tauchten in Bier-Blogs Bilder von modern gestalteten Becks-Flaschen auf, die mit den Sorten „India Pale Ale“ oder „Amber Lager“ gefüllt sind.
"Losers - Corporate Beer still sucks"
In den USA ist die Entwicklung bereits einen Schritt weiter. Vor einigen Monaten kaufte die größte Braugruppe der Welt, AB-Inbev, 10 Barrel Brewing in Oregon. Während des Superbowls am vergangenen Sonntag lief in einem der eigens für dieses Ereignis produzierten Werbespots ein hämischer Film der Marke Budweiser, der über Biertrinker spottete, die ihr Bier wie Wein degustieren und Sorten wie „Pumpkin Peach Ale“ tränken. Pumpkin Peach Ale ist jedoch keine wirre Erfindung eines Werbers, der Kürbis und Pfirsich als Basis für Bier verhöhnen wollte, sondern eine Sorte Bier, die die Elysian Brewing Company aus Seattle tatsächlich braute – und die seit 23. Januar zur AB-Inbev gehört - und somit Konzernschwester von Budweiser ist. Ebenfalls – und laut Aussage von Elysian Brewing auch weiterhin – im Programm: Das Bier „Losers – Corporate Beer still sucks“.
Die Craft-Biere der großen Brauereien
Die Tochter der Radeberger-Gruppe ist das sicherlich sichtbarste Unternehmen der Craft-Bier-Szene. Die Kühlschränke von Braufactum mit eigenen Kreationen wie auch importierten Bieren (siehe Mikkeler) sind in guten Supermärkten zu finden.
Biertipp: Firestone Union Jack
Optisch wie geschmacklich sind die Craftwerk-Biere, die auf der Versuchsanlage von Bitburger gebraut werden, ein kompletter Bruch mit der Tradition und der Vermarktung der bekannten Marke.
Biertipp: Barrel Aged Ltd.
Die Köstritzer-Brauerei setzt nicht auf eine neue Marke, sondern versucht, beliebte Sorten der Craft-Bier-Szene unter eigenem Namen zu vermarkten. Derzeit im Angebot: Ein Weizenbier mit starker Fruchtnote unter dem Namen Witbier und ein Pale Ale.
Biertipp: Pale Ale
Mit Bildern von Darth Vader als rücksichtsloser Eroberer illustrierte das amerikanische Blog 'I Think About Beer' diese Akquisition und beschreibt die guten Vertriebswege der Konzerne als den Köder mit dem die kleinen Brauereien gefangen werden um im nächsten Schritt auf Effizienz getrimmt zu werden – bis hin zu umfangreichen Sparprogrammen, um die Profite zu steigern. Der Konsument, so argwöhnt Autor Christopher Barnes, sei der Gekniffene. Denn die Vertriebsmacht nutze AB-Inbev, um Marken, die nicht zum Konzern gehörten, aus den Läden zu entfernen.
Dieses Szenario ist eines, das auch durch die deutsche Craft-Bier-Szene geistert. Auch wenn der hiesige gemeine Getränkemarkt noch weit davon entfernt ist, überhaupt die Vielfalt der Craft-Bier-Szene darzustellen, bevor er sie wieder einschränken könnte. Auch Nina Anika Klotz kennt diese Sorgen. „Problematisch wird es aber vor allem dann, wenn die Konzerne den Preiskampf eröffnen und ein India Pale Ale für 1,20 anbieten – da könnten die kleinen handwerklichen Betriebe nicht mithalten.“