Weco Pyrotechnik „Feuerwerk ist für uns ein Hochrisiko-Geschäft“

Weco ist Europas größter Hersteller von Feuerwerk. Im Interview erzählt Geschäftsführer Thomas Schreiber, warum der Markt so schwierig ist und wie er das Unternehmen unabhängiger von Silvesterknallern machen will.

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Thomas Schreiber ist Geschäftsführer von Weco. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Schreiber, wie feiern Sie Silvester?
Thomas Schreiber: Ich lege Wert darauf, mein eigenes Feuerwerk zu zünden. In letzter Zeit eher weniger Böller, dafür mehr Batteriefeuerwerke. Die sehen beeindruckend aus und machen wenig Arbeit. Dazu schieße ich ein paar Raketen in die Luft, schließlich macht das Anzünden auch Spaß.

In den drei Tagen vor dem Jahreswechsel muss Weco fast den kompletten Jahresumsatz machen – nur dann ist der freie Verkauf von Feuerwerk in Deutschland erlaubt. Sind Sie nervös, dass Ihr Unternehmen gut ins neue Jahr kommt?
Wir haben es mit einem Hochrisikogeschäft zu tun, das wir leider kaum beeinflussen können. Wir müssen hohe Bankkredite aufnehmen und stehen unter hohem Druck, die Ware pünktlich in den Handel zu liefern. Dieses Jahr war das Timing besonders heikel, weil unsere Importe aus China auch auf drei Containerschiffen von Hanjin waren. Als die Reederei im Herbst Pleite ging, mussten wir sehr lange auf unsere Ware warten. Zum Glück produzieren wir 40 Prozent unseres Feuerwerks selbst in Deutschland. Manche unserer Wettbewerber, die ihre Ware komplett importieren, bekamen 10 bis 20 Prozent ihres Feuerwerks nicht geliefert. Eine Katastrophe.

Welche Risiken bedrohen ihr Geschäft noch?
Das Wetter ist enorm wichtig für den Verkauf. Wir bangen seit Wochen, dass es kurz vor Silvester nicht regnet oder glatt wird, denn sonst bleiben viele Deutsche zu Hause und kommen nicht zu unserem großen Lagerverkauf.

Zur Person

Kritiker sagen, man solle sein Geld an Silvester lieber spenden, als es für Feuerwerk zu „verpulvern“.
Ach, jeder Verbraucher sollte doch selbst entscheiden, ob er Feuerwerk kauft oder nicht. Spenden und Feuerwerk müssen sich ja auch nicht zwingend ausschließen. Aber wenn sich da in den Medien etwas hochschaukelt, kann das auch unser Geschäft schädigen.

Was meinen Sie damit?
Ende 2004 starben Hunderttausende Menschen am Indischen Ozean bei den verheerenden Tsunamis, die ein Erdbeben ausgelöst hatte. Damals stellten sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und sein Außenminister Joschka Fischer vor die Presse und sagten, die Deutschen sollten auf Feuerwerk verzichten und lieber spenden. Wir haben Jahre gebraucht, um die Verluste zu verkraften. Um nicht nur vom Verkauf von Feuerwerk abhängig zu sein, weiten wir unser Geschäft aus.

Mit welchen neuen Ideen?
Im Jahr 2011 haben wir angefangen, Übungsmunition zu produzieren. Aber das war ein Verlustgeschäft, weil staatliche Armeen zu lange für ihre Bestellvorgänge gebraucht haben. Deswegen haben wir diesen Bereich mittlerweile verkauft. Jetzt starten wir einen neuen Versuch: Ende September haben wir unsere neue Tochtergesellschaft „Trendgroup International“ gegründet, um 2017 mit elektrisch betriebenen Scootern und Drohnen zu handeln.

Wie bitte? Wollen Sie dann bald Roller mit Raketenantrieb bauen?
Nein, dieser neue Bereich hat nichts mit unserem Kerngeschäft zu tun. Ab dem ersten Quartal 2017 bringen wir als exklusiver Vertriebspartner den faltbaren eRoller „Stigo“ in deutsche Läden. Er fährt bis zu 25 km/h schnell und lässt sich in wenigen Sekunden zusammenklappen. Wir haben es geschafft, eine Zulassung mit kleinem Nummernschild zu bekommen und sind damit die ersten in Deutschland für diese Art von Produkt.

Die beliebtesten Feuerwerkskörper

Das Gefährt kostet mehr als 2.000 Euro. Wer soll das kaufen?
Unsere Kernzielgruppe sind Berufspendler, die mit dem Roller den letzten Kilometer zur Arbeit fahren können.

Und wie wollen Sie sich in das Geschäft mit Drohnen einmischen?
Für eine Drohne des chinesischen Herstellers „PowerVision“ werden wir ebenfalls den Vertrieb für Deutschland aufnehmen, das Produkt wird demnächst über uns in Geschäften wie Media Markt und Saturn verkauft werden. Die Drohne sieht aus wie ein großes Ei, eignet sich super zum Filmen...

... und kostet 1600 Euro. Auch nicht gerade ein massentaugliches Produkt. Was versprechen Sie sich finanziell von diesen Experimenten?
In einigen Jahren wollen wir einen siebenstelligen Umsatz mit den neuen Produkten machen. Auf der Spielwarenmesse im Februar in Nürnberg werden wir auch eine neue Eigenmarke vorstellen, unter der wir Drohnen verkaufen, die nur für uns in China produziert werden. So verdienen wir eine deutlich höhere Marge.

„Schöne Farben sind nicht alles“

Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Erweiterung Ihres Geschäfts?
Wir haben gesehen, dass der deutsche Markt für Hightech-Lifestyle-Produkte noch recht unerschlossen ist, deswegen wollen wir da jetzt angreifen. Und wir haben wegen unseres Feuerwerk-Vertriebs sehr gute Kontakte zu Händlern – die nutzen wir jetzt, um auch andere Waren zu verkaufen.

So funktionieren Silvester-Raketen

Außerdem erweitern Sie jetzt an Ihrem Standort im sächsischen Freiberg die Kapazitäten für Ihre Tochtergesellschaft „SF Automotive“. Was ist das für ein Geschäft?
Wir produzieren mit rund 30 Mitarbeitern kleine Sprengtabletten, die in Airbags eingebaut werden. Bei einem Autounfall startet die Explosion einen Generator, der Gas in Sekundenschnelle in das Luftkissen pumpt. Wir sind Zulieferer für den japanischen Airbag-Produzenten Takata, so findet sich unsere Technologie bei allen großen Automobilkonzernen der Welt wieder. Wir nutzen unser Knowhow aus der Pyrotechnik, aber auch dieses Geschäft ist sehr sensibel: Wir dürfen uns keinen einzigen Blindgänger erlauben.

Lassen Sie uns noch einmal über Feuerwerk sprechen. Ihr Unternehmen ist Marktführer und produziert 40 Prozent der verkauften Ware selbst, an drei Standorten in Deutschland. Ihre Konkurrenten importieren alles aus China. Wie lang werden Sie sich die Produktion „made in Germany“ noch leisten können?
Wir planen nicht, die deutsche Produktion zurückzufahren oder gar einzustellen. Wir fertigen fast komplett automatisch, bei den Raketen müssen nur noch die Holzstäbe per Hand montiert werden. So können wir jährlich 25 Millionen Stück produzieren.

Die häufigsten Verletzungen mit Feuerwerkskörpern

Gibt es bei dieser Massenware Platz für Innovationen?
Ja, wir investieren pro Jahr mehrere Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Wir können mit unseren Neuheiten zwar nicht die Rakete neu erfinden, weil wir an das Sprengstoffgesetz gebunden sind. Aber wir versuchen, die Technik bei den immer beliebter werdenden Batteriefeuerwerken zu verbessern.

Was erwartet Ihre Kunden denn dieses Jahr?
Immer mehr Menschen wollen Batterie- und Verbundfeuerwerke haben, die man nur einmal anzünden muss, um ein relativ professionell wirkendes Feuerwerk zu bekommen. Mittlerweile produzieren wir eine Million Batterien selbst und haben schnellere Schusssalven eingebaut, um für mehr Dynamik zu sorgen. Denn schöne Farben sind nicht alles.

Silvesterplanung der Deutschen

Ihr aufwendigstes Produkt kostet 349 Euro. Haben Sie es da nicht ein bisschen übertrieben mit der Technik?
Naja, immerhin sind das 22 Batterien, die auf zwei Bodenplatten verbunden sind und mehr als fünf Minuten feuern. Das kaufen aber nur wenige Kunden für Silvester. So etwas bekommen sie auch nicht im Discounter, sondern nur online bei uns oder im Großhandel – das ist eher was für Gastronomen, die eine Show bieten wollen.

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