Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Erweiterung Ihres Geschäfts?
Wir haben gesehen, dass der deutsche Markt für Hightech-Lifestyle-Produkte noch recht unerschlossen ist, deswegen wollen wir da jetzt angreifen. Und wir haben wegen unseres Feuerwerk-Vertriebs sehr gute Kontakte zu Händlern – die nutzen wir jetzt, um auch andere Waren zu verkaufen.
So funktionieren Silvester-Raketen
Nach Anstecken der Sicherheitszündschnur brennt diese mit einer Verzögerungszeit von drei bis acht Sekunden ab und zündet dann den Treibsatz an.
Aus der Düse entweicht das durch den Abbrand des Treibsatzes entstehende Gas und treibt die Rakete nach dem Rückstoßprinzip in die Höhe.
Ist der Treibsatz abgebrannt und hat die Rakete die entsprechende Höhe erreicht, zündet die sogenannte Effektfüllung. Die Sterne werden hierdurch am Himmel verteilt.
Zunächst wird eine sogenannte Treibsatzhülse mit Ton gefüllt. Anschließend wird Schwarzpulver in einer Kapsel eingefüllt und dann unter einem bestimmten Druck festgepresst. Dieser Treibsatz kommt in eine weitere Hülse, in die dann wiederum die Effektladung für die Sterne eingefüllt wird. Die Treibsatzhülse wird abschließend mit einer Scheibe verschlossen.
Die Verzögerungszündschnur wird mit einer Schwarzpulvermischung in den Düsenkanal des Treibsatzes eingeklebt. Der nun fertige Raketenmotor wird in die Versatzkappe eingeklebt. Hiernach wird der sogenannte Leitstab aus Holz am Raketenmotor befestigt.
Nach dem Sprenggesetz ist es strafbar, Raketen oder andere Knallkörper selber zu bauen. Nach Paragraf 40 drohen bei Vergehen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Außerdem erweitern Sie jetzt an Ihrem Standort im sächsischen Freiberg die Kapazitäten für Ihre Tochtergesellschaft „SF Automotive“. Was ist das für ein Geschäft?
Wir produzieren mit rund 30 Mitarbeitern kleine Sprengtabletten, die in Airbags eingebaut werden. Bei einem Autounfall startet die Explosion einen Generator, der Gas in Sekundenschnelle in das Luftkissen pumpt. Wir sind Zulieferer für den japanischen Airbag-Produzenten Takata, so findet sich unsere Technologie bei allen großen Automobilkonzernen der Welt wieder. Wir nutzen unser Knowhow aus der Pyrotechnik, aber auch dieses Geschäft ist sehr sensibel: Wir dürfen uns keinen einzigen Blindgänger erlauben.
Lassen Sie uns noch einmal über Feuerwerk sprechen. Ihr Unternehmen ist Marktführer und produziert 40 Prozent der verkauften Ware selbst, an drei Standorten in Deutschland. Ihre Konkurrenten importieren alles aus China. Wie lang werden Sie sich die Produktion „made in Germany“ noch leisten können?
Wir planen nicht, die deutsche Produktion zurückzufahren oder gar einzustellen. Wir fertigen fast komplett automatisch, bei den Raketen müssen nur noch die Holzstäbe per Hand montiert werden. So können wir jährlich 25 Millionen Stück produzieren.
Die häufigsten Verletzungen mit Feuerwerkskörpern
Pyrotechnik, die noch in der Hand explodiert, ruft mit die schlimmsten Verletzungen hervor. Abgerissene Finger samt durchtrennter Knochen, Nerven und Blutgefäße gehören noch zu den harmloseren Fällen, sagt der Chefarzt der Klinik für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb), Andreas Eisenschenk: „Im schlimmsten Fall verlieren Patienten die ganze Hand.“ Bei schweren Handverletzungen müssen sie bis zu fünf Wochen im Krankenhaus bleiben. „Um die Hand so weit wie möglich wieder zu rekonstruieren, braucht es meist weitere Operationen.“
Knalltrauma nennen Experten Verletzungen des Gehörs, die von Explosionen in nächster Nähe verursacht werden. Durch den Druck des Schalls kann das Innenohr geschädigt werden. Patienten hören dann vorübergehend schlecht und haben ein Fiepen im Ohr, sagt der Notfallmediziner Tobias Lindner von der Berliner Charité. Manchmal seien Hörstörungen auch dauerhaft.
Neben Gehörschäden zählen Augenverletzungen zu den häufigsten Gründen, warum Menschen an Silvester in die Notaufnahme kommen: Durch den Funkenflug oder Hitze kommt es zu Sehschwächen, die teilweise irreparabel sind, sagt der Berliner Mediziner Eisenschenk. Eine Empfehlung zum Tragen einer Schutzbrille fordern Augenärzte auch hierzulande, wie die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) mitteilte. In anderen Ländern gebe es die Brillen beim Kauf von Feuerwerk gratis.
Sie entstehen nicht nur durch den direkten Kontakt mit Feuerwerkskörpern. „Funkenflug oder die Nähe zu einem explodierenden Knaller kann ausreichen“, sagt Lindner von der Charité. Typisch seien lokale, aber sehr heftige und tief reichende Verbrennungen, erläutert der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin, Bert Reichert. Meist sei eine OP unausweichlich. Bei Patienten mit kleineren Verbrennungen kann es nach Angaben Lindners dauern, bevor ein Arzt aufgesucht wird: „Manche unterschätzen die Schwere der Verletzung in der Nacht.“
Selten, aber umso gefährlicher sind Fälle explodierender Knaller in der Hosentasche. Am Unfallkrankenhaus in Berlin komme es ein bis zweimal pro Jahr vor, dass Patienten mit Verletzungen bis hin zu den Genitalien eingeliefert würden, sagt Eisenschenk. Knaller explodierten, weil sie aneinander oder an ebenfalls in der Tasche aufbewahrten Streichhölzern reiben, sagt der Mediziner.
Gibt es bei dieser Massenware Platz für Innovationen?
Ja, wir investieren pro Jahr mehrere Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Wir können mit unseren Neuheiten zwar nicht die Rakete neu erfinden, weil wir an das Sprengstoffgesetz gebunden sind. Aber wir versuchen, die Technik bei den immer beliebter werdenden Batteriefeuerwerken zu verbessern.
Was erwartet Ihre Kunden denn dieses Jahr?
Immer mehr Menschen wollen Batterie- und Verbundfeuerwerke haben, die man nur einmal anzünden muss, um ein relativ professionell wirkendes Feuerwerk zu bekommen. Mittlerweile produzieren wir eine Million Batterien selbst und haben schnellere Schusssalven eingebaut, um für mehr Dynamik zu sorgen. Denn schöne Farben sind nicht alles.
Silvesterplanung der Deutschen
Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Innofact wollen 40 Prozent der Deutschen den Silvesterabend mit Freunden zu Hause verbringen. Die meisten von ihnen planen einen traditionellen Jahreswechsel mit Raclette und dem TV-Klassiker "Dinner for one".
13 Prozent der Deutschen verbringen den Silvesterabend allein zu Hause. Genauso viele planen ein Kontrastprogramm: Sie besuchen eine Silvesterparty.
12 Prozent der Deutschen verreisen über Silvester.
Laut Befragung geht mehr als jeder Zehnte (11 Prozent) am Silvesterabend in einem Restaurant essen.
Fünf Prozent der Deutschen besuchen eine Silvester-Gala oder gehen in einen Club.
Ihr aufwendigstes Produkt kostet 349 Euro. Haben Sie es da nicht ein bisschen übertrieben mit der Technik?
Naja, immerhin sind das 22 Batterien, die auf zwei Bodenplatten verbunden sind und mehr als fünf Minuten feuern. Das kaufen aber nur wenige Kunden für Silvester. So etwas bekommen sie auch nicht im Discounter, sondern nur online bei uns oder im Großhandel – das ist eher was für Gastronomen, die eine Show bieten wollen.