Sind jetzt die Unternehmen allein schuld an der Ausbildungsmisere?
Urbanek: Nein. Natürlich nicht. Viele junge Menschen wissen gar nicht, wohin sie wollen in ihrem Leben. Es gibt ja zum Beispiel nicht umsonst Studienabbrecher-Quoten von 30 bis 40 Prozent.
Warum Menschen eine Weiterbildung machen
Die Industrie- und Handelskammern haben 2014 mehr als 10.000 Teilnehmer der Prüfungsjahrgänge 2008 nach ihren Motiven und Zielen für die Weiterbildung sowie den anschließenden Karriereweg gefragt.
Quelle: IHK: Aufstieg mit Weiterbildung. Umfrage-Ergebnisse 2014
3 Prozent der Teilnehmer nahmen an IHK-Prüfungen teil, weil sie arbeitssuchend waren.
11 Prozent der Teilnehmer wollten in Zukunft beruflich weniger festgelegt sein.
13 Prozent gaben an, sich ständig an neue Entwicklungen und Anforderungen anzupassen.
15 Prozent gaben an, den Arbeitsplatz sichern zu wollen. Die eigene Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen war ebenfalls für 15 Prozent der Teilnehmer ein Weiterbildungsgrund.
24 Prozent der Teilnehmer wollten etwas Neues lernen und den persönlichen Horizont erweitern.
45 Prozent rechneten sich bessere Einkommensmöglichkeiten aus.
63 Prozent der Teilnehmer wollten aufsteigen oder einen größeren Verantwortungsbereich übernehmen.
Liegt das an der Informationsflut, dem Überangebot oder ist die Kompetenz, Relevantes von Irrerelevantem zu unterscheiden, verloren gegangen?
Mechthild Teupen: Sowohl als auch. In der Schule wird nicht ausreichend auf das Berufsleben mit all seinen Facetten vorbereitet, die Eltern können und wollen dieses Defizit nicht ausgleichen und selbst im Freundeskreis wird offenbar auch nicht mehr genügend über das Berufsleben gesprochen. Viele haben nicht mal in einem richtigen Praktikum Erfahrungen sammeln können.
Urbanek: Und das in einer Zeit, in der das Angebot an Möglichkeiten immer noch wächst. Es entstehen fast jeden Tag neue Universitäten und Weiterbildungsangebote. Es geht schon gar nicht mehr darum herauszufinden, ob es eine gute oder eine bessere Alternative ist. Es geht um die Frage, ob die Aus- oder Weiterbildung überhaupt etwas wert ist.
Kurs und Weiterbildungsangebote gibt es tatsächlich zuhauf, auch ziemlich dubiose.
Teupen: Bildung bedeutet heutzutage auch häufig Business. Es gibt mittlerweile unfassbar viele Weiterbildungsangebote. Allein in Düsseldorf sind es über 360 Träger, die die unterschiedlichsten Qualifizierungsangebote vorhalten. Und da sind nicht nur immer gute darunter. Das Bedeutsame dabei ist: Bildung ist keine Ware, die ich bei Nichtgefallen zurückgeben kann.
Urbanek: Darunter gibt es auch windige Abschlüsse, die auf dem Markt gar nichts wert sind. Auch im Umschulungsbereich gibt es schlechte Anbieter, die ein Versprechen, das sie geben, gar nicht halten können.
Sie machen Weiterbildungssuchenden ja Mut.
Teupen: Das richtige Weiterbildungsangebot zu finden bedeutet angesichts der Fülle von Broschüren, Programmheften und so weiter Arbeit. Ferner gibt es diverse Beratungsstellen. Die Stiftung Warentest hat dazu einen aktuellen Katalog zusammengestellt. Es gibt aber kein Patentrezept. Deshalb kann unser Tipp nur lauten: Nutzen Sie die Chance, sich beraten zu lassen. Das bedeutet aber auch: Wenn sich jemand weiterbilden will, sollte er vorher sozusagen Hausaufgaben machen.
Was erfolgreiche Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun
Bedürfnisse von Familien.
Befragt wurden 1853 Personalverantwortliche von erfolgreichen (gemessen an Umsatz und Beschäftigungsentwicklung 2007-2012) Unternehmen.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Ideen von Mitarbeitern.
Arbeitszufriedenheit.
leistungsorientiert.
Mitarbeiter und helfen diesen bei der Weiterentwicklung.
eine hierarchieübergreifende Teilnahme an Vorstandssitzungen.
Mitarbeiterzufriedenheit regelmäßig ab.
innerbetriebliche Arbeitskreise.
ein Qualitätsmanagement.
Mitarbeiterpotenziale.
ihren Mitarbeitern an, ihre Führungskräfte zu analysieren.
Hausaufgaben schon vor Schule?
Teupen: Hausaufgaben im Sinne von sich auf das Beratungsgespräch vorbereiten; sich Gedanken zu machen: Was will ich? Was kann ich? Wie viel Zeit und Geld habe ich? Ebenfalls: Was möchte ich unter keinen Umständen? Wenn jemand so vorbereitet einen Berater aufsucht, ist es auch für diesen einfacher, zu helfen. Das Angebot ist so vielfältig, dass es ganz schwierig ist, überhaupt noch durchzublicken. Der Grad der Hilfs- und Planlosigkeit ist teilweise erschreckend. Und das ist bei denjenigen, die eine Ausbildung machen wollen genauso wie bei denjenigen, die einen Master oder Bachelor machen wollen.
Man sollte sich niemals in eine Ecke drängen oder sich von hohen Preisen und noch höheren Versprechen blenden lassen.
Wir haben aber eben schon geklärt, dass es in vielen Fällen auch für die Unternehmen nicht reicht, nur eine Ausbildung zu machen. Läuft es dann da wenigstens rund oder ist der Deutsche denn ein Weiterbildungsmuffel?
Teupen: Nein, überhaupt nicht. Alle Zahlen sprechen dagegen. Vor allem der Bedarf, Wissen anzupassen, ist enorm. Berufstätige werden immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Das reicht von der Softwareschulung bis zur rechtlichen Änderungen im Arbeitsbereich. Und es gibt natürlich ein Interesse der Firmen, das Wissen ihrer Mitarbeiter aktuell zu halten. Denn das ist auf Sicht ein geldwerter Vorteil.