Werner Müller "Ich halte nichts von Handelskriegen"

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"Ich halte nichts von Handelskriegen"

Die größten Chemiekonzerne der Welt
Das Mitsubishi Chemical-Werk in Yokohama Quelle: Pressebild
Platz 8: Dupont Quelle: dpa
Platz 7:LyndellBasell Quelle: AP
Screenshot Formosa Plastics Quelle: Screenshot
Platz 4: Exxon Mobil Quelle: Reuters
Platz 6: Sabic Quelle: dpa
Platz 6: Shell Quelle: Reuters

Was werfen Sie der EU konkret vor?

Als normaler Bürger sage ich: Da hat ein Staat einen Großteil seiner Flotte auf der Krim stationiert und sieht Gespräche über einen EU-Beitritt der Ukraine. Und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erfolgte nach einem EU-Beitritt zumeist auch der Beitritt zur Nato. Dann bestand aus Sicht des Inhabers dieser Flotte ein gewisser Handlungsbedarf.

Dass Putin damit das Völkerrecht gebrochen hat, stört Sie nicht?

Meiner Meinung nach ist sich Herr Putin der schwierigen Lage, in die er Russland gebracht hat, durchaus bewusst. Deshalb glaube ich, dass man nach einer gewissen Zeit wieder zu einem vernünftigen Miteinander finden wird.

Wie kann das nach allem, was geschah, aussehen?

Ich glaube, dass die territorialen Veränderungen nicht zurückzudrehen sind. Ich halte im Grundsatz wirklich nichts von Handelskriegen, sie haben in der Historie im Grunde nur wenig bewirkt.

Wären Sie in der Position von Siemens-Chef Joe Kaeser ebenfalls zu Putin nach Moskau gereist?

Ja, warum nicht? Europa ist für mich generell eine Einheit, und dazu gehört grundsätzlich auch Russland. Es ist ja nicht so, als ob Westeuropa mit allen Reichtümern, die man zum Leben braucht, gesegnet wäre. Ich kann wenig Sinn darin erkennen, beispielsweise kategorisch zu sagen, ich will kein russisches Erdgas mehr. Ganz abgesehen davon, dass ich das auch nicht für so einfach machbar halte. Es würde lange dauern, bis wir eine Versorgung auf Flüssiggasbasis etwa aus dem Nahen Osten oder aus Nordamerika aufgebaut haben. Da ist es mir lieber, wir haben einen geregelten Wirtschaftsverkehr mit Russland.

Die Befürchtungen, dass maskierte Männer ohne Hoheitszeichen mit vielen Militärlastwagen auch in anderen Staaten Osteuropas einfallen, teilen Sie nicht?

Das sehe ich nicht so. Denn Politik besteht ja nun zunächst einmal in der moderneren Variante darin, dass man über so etwas redet, sich also gedanklich in die Position des Gegenübers versetzt.

Sie haben als Wirtschaftsminister der rot-grünen Koalition 2002 die Laufzeit der Atomkraftwerke in Deutschland verkürzt. Schwarz-Gelb hat sie 2010 verlängert und Kanzlerin Merkel sie nach der Fukushima-Katastrophe 2011 stärker als zuvor zurückschraubt. Wohin steuert die Energiewende?

Wenn Sie die Historie bemühen, muss ich das auch tun. Ich habe 2002 nicht nur die Laufzeit der Kernkraftwerke verkürzt, sondern ich habe auch für eine Änderung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, des EEG, gesorgt. Dadurch erhielten die Energieversorgungsunternehmen, insbesondere also die Betreiber von Kernkraftwerken, ausdrücklich das Recht, ebenfalls Ökostrom aus Sonnen- und Windkraft zu produzieren, ihn vorfahrtsberechtigt ins Netz einzuspeisen und dafür EEG-Umlage zu kassieren. Das war im EEG von 1997 ausdrücklich ausgeschlossen. Es erschien mir logisch und notwendig, wenn ich mit Energiekonzernen darum verhandele, Erzeugungskapazitäten stillzulegen, dass diese sich dann andere Möglichkeiten aufbauen können. Und dass sie dabei genauso subventioniert werden sollen wie jeder andere, der dies tut.

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