Die Ansage könnte deutlicher kaum sein. Gegen jeden feindlichen Übernahmeversuch werde man sich „vehement zur Wehr setzen“, kündigte Werner Leyer, Chef des Osram-Betriebsrates am Mittwoch in einem Interview an. An der Ankündigung wird auch Siemens-Chef Joe Kaeser, der 17,5 Prozent der Osram-Anteile hält, nicht so einfach vorbei können.
Gespräche zwischen möglichen Investoren aus China und der Osram-Führung gibt es noch, berichten Eingeweihte. Dass diese aber am Ende zu einem Einstieg eines Unternehmens aus dem Reich der Mitte bei dem deutschen Technologiekonzern führen, wird mit jedem Tag unwahrscheinlicher. Auch weil die Bundesregierung in den vergangenen Monaten einen deutlichen Schwenk vollzogen hat.
Die Übernahme des Augsburger Roboterherstellers Kuka durch den Hausgerätehersteller Midea aus Südchina war für Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ein Weckruf. China kauft hierzulande nicht mehr länger nur angeschlagene Maschinenbauer oder strauchelnde Baumaschinenhersteller. Peking will an die Kronjuwelen der deutschen Wirtschaft heran, an die High-Tech-Unternehmen. So steht es in dem Aufsehen erregenden Plan aus China mit dem visionären Titel „Made in China 2025“. Im vergangenen Monat war bekannt geworden, dass ein Halbleiterhersteller aus Südchina Osram, ein Unternehmen mit immerhin 17.000 Patenten, kaufen will.
Wie aus Berlin zu hören ist, sind sich Merkel und Gabriel darüber einig, einen solchen Ausverkauf nicht zuzulassen. Auch, aber nicht nur, weil deutschen Investoren in China Übernahmen und Beteiligungen in vielen Branchen per Gesetz untersagt sind. „China erschwert Investitionen eher, als dass es sie erleichtert“, sagte Gabriel Anfang des Monats in Hongkong und fügte hinzu, mit seinen Investments hierzulande, versuche Peking auch seinen politischen Einfluss in Europa auszubauen.
Die Signale, die Berlin in Richtung chinesische Investoren sendet, sind eindeutig. Die Übernahme von Aixtron, einem Hersteller von Maschinen zur Fertigung von Halbleitern durch einen chinesischen Fonds, will Berlin „vertiefend prüfen“. Dabei war die Genehmigung schon erteilt. Nachdem nun auch die amerikanische Investitionsbehörde CFIUS den Aixtron-Deal stoppen will, dürfte der Einstieg aus China bei dem Unternehmen vom Niederrhein endgültig vom Tisch sein. Washington kritisiert, Chips, die auf Aixtron-Maschinen gefertigt werden können, könnten auch in der Rüstungsindustrie eingesetzt werden.
Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland
Die chinesische Holding Beijing Enterprises gab Anfang Februar 2016 bekannt, den Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy from Waste aus Helmstedt für rund 1,44 Milliarden Euro zu übernehmen.
Der Spezialmaschinenbauer wurde im Januar 2016 von ChemChina, dem größten Chemiekonzern Chinas, für 925 Millionen Euro gekauft. ChemChina kam unlängst erneut in die Schlagzeilen – mit einem 43-Milliarden-Dollar-Angebot für den Schweizer Agrarchemie-Anbieter Syngenta.
Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems übernahm 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.
Avic übernahm 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp schloss 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel ab. Zum Preis machten beide Seiten keine Angaben.
2012 stieg der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kauften zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigerten 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhielt der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.
Der Baumaschinenhersteller Sany übernahm 2012 den Betonpumpenhersteller für gut 320 Millionen Euro.
Der Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme, Kiekert, ging 2012 in chinesische Hände. Der Hersteller aus Heiligenhaus bei Düsseldorf wurde vom börsennotierten chinesischen Automobilzulieferer Lingyun übernommen.
Auch den eigentlich schon besiegelten Verkauf des traditionellen Lichtgeschäfts von Osram, also Glühbirnen, Leuchtstoffröhren und Halogenlampen, an ein chinesisches Unternehmen, will Gabriels Behörde sich noch einmal genau ansehen. Nicht so sehr, weil es sich bei den Lampen um Hochtechnologie handelt, sondern mehr, um ein Signal Richtung Peking zu senden: Einen Kauf des übrigen Osram-Konzerns – also das Kerngeschäft mit Halbleitern – durch einen chinesischen Investor werde man nicht ohne weiteres hinnehmen.
Dazu kommt: Bei einer möglichen Osram-Übernahme würde auch CFIUS ein Wort mitreden. Denn Chips des deutschen Herstellers werden unter anderem bei Zulieferern von Rüstungsunternehmen verbaut. Es wird eisiger für Chinas Investoren in Deutschland.