Windenergie-Primus Nordex Stürmischer Kampf ums Binnenland

Die guten Windstandorte entlang der Küste und im Norden Deutschlands sind längst belegt. Im Binnenland dominiert der Turbinenhersteller Nordex den Markt. Doch die Konkurrenz bläst zum Angriff auf die Hamburger.

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Die windreichen Regionen in Norddeutschland sind bereits dicht besetzt. Quelle: PR

Düsseldorf Die vergangenen zwei Jahre waren die erfolgsreichsten in der Geschichte der heimischen Windenergiebranche. Gut 26.000 Windräder drehen sich bereits in der Republik. Doch vom stürmischen Boom um sauberen Ökostrom haben nicht alle Hersteller von Windturbinen, der wichtigsten Komponente von Windenergieanlagen, gleichermaßen profitiert. Im Gegenteil. Die Branche verzeichnete 2015 im Schnitt ein Minus von 20 Prozent. Der Turbinenbauer Nordex konnte dagegen noch einmal mehr Anlagen ans Stromnetz anschließen. Und auch 2016 läuft für die Hamburger gut an.

„Wir sind schwungvoll in das Jahr gestartet“, sagte Bernard Schäferbarthold am Montag. Der Finanzvorstand von Nordex präsentierte ansehnlich Quartalszahlen. Der Umsatz von Anfang Januar bis Ende Märze kletterte auf 637 Millionen Euro. Das ist ein Plus von mehr als 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Gewinn stieg sogar um gut 72 Prozent auf 25,5 Millionen im Vergleich zum ersten Quartal 2015.

Basis für den Erfolg von Nordex sind sogenannte Schwachwindturbinen. Diese hochspezialisierten Mühlen versprechen selbst noch in jenen Gebieten sichere Stromerträge, in denen die meiste Zeit Flaute herrscht. Weil die guten Windstandorte entlang der Küste und im Norden Deutschlands infolge des Booms bereits belegt sind, müssen die Projektierer und Turbinenhersteller immer häufiger auf schlechtere Standorte ausweichen.

Die Industrie setzt dabei immer stärkere Hoffnungen auf die Windmühlen im Binnenland. Zwar sind beim Ausbau von Windenergie die nördlichen Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachen noch immer führend. Aber das Wachstum verlagert sich zunehmend in die Mitte und den Süden der Republik.

Seit 2010 hat sich etwa der Zubau in Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz mehr als verdoppelt. Deswegen drängen neuerdings alle namhaften Turbinenbauer in die einstige Schwachwindnische – und greifen Nordex damit frontal an. Die Vorherrschaft von Nordex in diesem Segment bröckelt.


Krogsgaard schaltet in den Angriffsmodus

Enercon, der deutsche Windturbinen-Marktführer, stellte erst kürzlich auf der Hannover-Messe eine eigene Schwachwindanlage vor. Der ostfriesische Riese erhofft sich dadurch, den Schwund an Marktanteilen in den vergangen Jahren aufzuhalten. Und auch Konkurrenten wie der dänische Branchenprimus Vestas, der Hamburger Turbinenbauer Senvion und Weltkonzerne wie Siemens und General Electric haben jüngst im Bereich der Spezialmühlen aufgerüstet.

Nordex reagiert auf die Attacken der Wettbewerber noch recht gelassen. „Ich wage zu versprechen, dass wir unsere Installationszahlen auch in diesem Jahr in Deutschland verbessern und unseren Marktanteil erhöhen werden“, sagte Lars Bondo Krogsgaard kürzlich vor Aktionären. Doch der Däne im Chefsessel von Nordex weiß, dass der Technologievorsprung seines Unternehmens im Schwachwindsegment nicht ewig so deutlich sein wird. Krogsgaard schaltet deswegen selbst in den Angriffsmodus.

Erst im März vollzog Nordex die Übernahme der Windsparte des spanischen Mischkonzerns Acciona – für 785 Millionen Euro. Im Gespann mit Acciona peilt Nordex dieses Jahr einen Umsatz von mehr als 3,4 Milliarden Euro an. Nordex will sich durch den Deal deutlich breiter aufstellen. Denn das Wachstum der Windenergieindustrie flaut und verlagert sich zunehmend von Europa und den westlichen Märkten, in denen Nordex mehr als 80 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet, hin zu den Schwellenländern.

Im Kampf ums Überleben der Windturbinenhersteller sieht sich Nordex für die Zukunft gut gerüstet. Einen ersten echten Eindruck, ob die Strategie von Krogsgaard tatsächlich Erfolg verspricht, dürften aber erst die Halbjahreszahlen von Nordex liefern – dann werden nämlich erstmals auch die Einnahmen von Acciona mit berücksichtigt.

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