Zu viel bezahlt ThyssenKrupp will Vergütung von Betriebsräten klarer regeln

Die ThyssenKrupp-Werft HDW soll ihren Betriebsräten jahrelang zu viel Gehalt bezahlt haben. Jetzt sucht der Stahlkonzern nach einem neuen Vergütungsmodell.

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Die HDW-Werft in Kiel gehört zum ThyssenKrupp-Werftverbund. Dort sollen mehrere freigestellte Betriebsräte nach einer eigenen Gehaltsgruppe bezahlt worden, was gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstößt, berichtet die

ThyssenKrupp will die Bezahlung freigestellter Betriebsräte auf eine klarere Grundlage stellen. Das Unternehmen arbeite derzeit an einer Richtlinie, die für alle Bereiche einheitliche Standards vorsehe. "Wir gehen davon aus, dass diese Regelung noch vor der Sommerpause vom Vorstand verabschiedet und dann in den einzelnen Konzerngesellschaften flächendeckend angewendet wird", sagte ein Sprecher am Sonntag. Die Vorbereitungen dafür liefen bereits seit Monaten. Bei ThyssenKrupp gibt es rund 1500 Betriebsräte, etwa jeder zehnte davon ist freigestellt.

Die "Welt am Sonntag" hatte über die Pläne und Vorgänge bei der ThyssenKrupp-Werft HDW in Kiel berichtet. Dort seien mehrere freigestellte Betriebsräte nach einer eigenen Gehaltsgruppe bezahlt worden, was gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoße. Drei Betriebsräte hätten das gleiche Gehalt von monatlich 5000 Euro erhalten. Üblicherweise bekommen freigestellte Betriebsräte in etwa die Vergütung, die sie auf ihrem bisherigen Posten erhielten. Diese kann aber steigen, da ihnen eine gewisse Karriereentwicklung unterstellt wird, die sie auch sonst gemacht hätten. Da diese Berechnung schwierig sei, will ThyssenKrupp nun in den Richtlinien die im Betrieb übliche Entwicklung in Referenzgruppen ermitteln.

Der Konzern räumte ein, dass die freigestellten Betriebsräte von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) am Standort Kiel nach einer anderen als vom Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen Praxis entlohnt werden. Ziel sei eine Gleichbehandlung der fünf Arbeitnehmervertreter. Diese Praxis habe es bei HDW in Kiel mindestens seit 1997 gegeben, also bereits Jahre vor dem Kauf der Werft durch ThyssenKrupp im Jahr 2005. Die Vorgehensweise bedeute aber nicht zwangsläufig, dass die Betriebsräte zu viel Geld bekommen hätten, erklärte ThyssenKrupp. "In einem Fall hat sich ergeben, dass die Vergütung nach Vergleich der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung mit passenden Vergleichspersonen wahrscheinlich nicht korrekt ist. Dieser Fall wird jetzt noch einmal eingehend geprüft." Es gebe keine Anhaltspunkte für ähnliche Vergütungssysteme an anderen Standorten des Konzerns.

ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger hat den in der Vergangenheit von Kartellverstößen und Korruptionsfällen erschütterten Konzern zu einer guten Unternehmensführung verpflichtet. In den zurückliegenden Jahren hat es immer wieder Kritik an der Tätigkeit mancher Betriebsräte in großen Unternehmen gegeben, denen im Gegenzug für Begünstigungen eine zu große Nähe zum Management nachgesagt wurde. ThyssenKrupp sieht in dem Fall in Kiel keine Parallelen. "Die Gehaltsanpassungen der freigestellten Betriebsräte erfolgten entsprechend den Anpassungen der Tarifgehälter. Aufgrund der seit vielen Jahren konsistent angewandten Praxis dieser Form der Vergütung ist eine gezielte Beeinflussung von Betriebsräten durch diese Vorgehensweise nicht erkennbar."

Eine Sprecherin der IG Metall erklärte, der Gewerkschaft lägen keine Detailinformationen zu dem Fall vor. Es gebe aber klare Regeln für eine gute Betriebsratsarbeit. Die Vergütung habe den gesetzlichen Regelungen zu entsprechen. Sollte es in diesem Fall Unstimmigkeiten geben, müssten diese im Rahmen der Gesetze und der Leitlinien der Gewerkschaft geändert werden. Für die IG Metall sind 76.000 Betriebsräte in den Unternehmen in Deutschland tätig. Davon sind allerdings nur sechs Prozent freigestellt.

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