Ginge es rein nach den Ideen, müsste sich Deutschland um seine Zukunft wenig Sorgen machen. Mit 13.321 Patenten haben sich Unternehmen und Bastler 2012 mehr Ideen schützen lassen als Erfinder aus jedem anderen Land Europas. Weltweit landet die Bundesrepublik auf Platz zwei hinter den USA und vor der High-Tech-Hochburg Japan.
Doch so erfinderisch Deutschlands Ingenieure auch sind: Sie tun sich vergleichsweise schwer damit, ihre Ideen zu marktfähigen Produkte zu machen, und überlassen den wirtschaftlichen Erfolg oft Unternehmen aus dem Ausland. „Die Liste der verpassten Chancen ist kaum kürzer als die der genutzten Gelegenheiten“, lästert IT-Unternehmer Stephan Scholtissek, zuvor Mitteleuropachef der Beratung Accenture.
Das hat leider eine lange Tradition. Obwohl der gebürtige Kurhesse Philipp Reis 1861 die erste funktionierende elektrische Fernsprechverbindung baute, heimste der Schotte Alexander Graham Bell den wirtschaftlichen Erfolg ein mit seiner Bell Telephone Company, dem Vorläufer des weltgrößten Telekomkonzerns AT&T. Rudolf Hell aus Eggmühl bei Regensburg präsentierte 1956 das erste funktionsfähige Faxgerät. Doch weil der Elektroriese Siemens auf den Fernschreiber setzte, nutzten japanische Unternehmen die Technik ebenso wie beim Aachener Andreas Pavel, dessen Mini-Kassettenspieler Stereobelt 1977 Sony als Walkman zum Welterfolg machte.
Jüngster Patzer: Ein Team um den Elektrotechniker Karlheinz Brandenburg entwickelte an einem Fraunhofer-Institut in Erlangen ab 1982 das als MP3 bekannte Verfahren zur Kompression digitaler Audiodaten – heute der Standard für Musik im Internet und digitale Player. Weil es kein umfassendes MP3-Patent gibt, machen das Geschäft vor allem Riesen wie Apple.
Ein Fehler, der US-Unternehmen selten passiert, weiß Matthew Ganz, der vor seinem Job als Boeings Deutschland-Chef die Forschung des Luftfahrtriesen geleitet hat. „Ein Unternehmen muss die Leitungen mit kreativen Ideen füllen und diese Ideen in einem rigorosen Prozess zu Geld machen.“ Die Chance, das Credo des US-Managers umzusetzen und loszulegen, hat nun eine neue Generation von Forschern. „Im Bereich des klassischen Internets, gesellschaftlicher Vernetzung und Mobile Computing ist der Zug zwar abgefahren“, sagt Axel Oppermann, Technologieanalyst bei der Beratung Avispador aus Niestetal bei Kassel. „Doch bei Dingen wie Elektromobilität, intelligenten Stromnetzen oder vernetzter Produktion steht Deutschland gut da.“ Dazu kommen überraschende Felder wie die Logistik und einfachere Good-enough-Produkte für den Massenmarkt.
Damit Neuerern das Schicksal der Walkman- und MP3-Erfinder erspart bleibt, müssen Unternehmen aber nicht nur auf Technik achten, sondern auch auf neue Prozesse und Dienstleistungen. „Damit wir vom Land der Ideen zum Land der Marktumsetzung werden“, so Unternehmer Scholtissek, „muss es ein Umdenken geben: Marke, Design, Lifestyle tragen genauso viel zum Erfolg bei wie Ingenieurskunst.“
Logistik: Durch die Brille
Logistik ist zwar die drittgrößte Branche in Deutschland, beschäftigt 2,8 Millionen Menschen in 60.000 Unternehmen, gilt aber technisch eher als langweilig. Doch auch wenn die Sparte wenig neue Technologien hervorbringt, ist sie bei der Anwendung von High-Tech wie Datenmanagement oder dem Einsatz von Robotern vorn.
Jüngstes Beispiel ist der Einsatz von Datenbrillen, die dem Nutzer alle gewünschten Informationen wörtlich vor Augen führen. Mithilfe der Technologie Augmented Reality, bei der die reale Welt mit virtuellen Informationen überlagert wird, zeigt die Datenbrille Lageristen und Produktionsmitarbeitern, in welchem Regal sich die gewünschte Schraube, Mutter, die bestellte Hose oder das T-Shirt liegt – und den kürzesten Weg dahin. Zuletzt prüft die Brille über die integrierte Kamera, ob der Mitarbeiter auch den richtigen Artikel hat. Damit hat der Lagerarbeiter beide Hände frei und macht weniger Fehler.
Bisher waren solche Brillen zu schwer und unkomfortabel, um sie den ganzen Tag zu tragen. Doch nun bieten US-Unternehmen wie Motorola Solutions und Vuzix sowie der Trierer Optikhersteller Trivisio und demnächst Google mit der Google Glass leichtere Geräte mit teilweise längerer Akkulaufzeit. In die können deutsche Unternehmen ihre Technologien einbringen und sie mit ihren Datenbanken vernetzen. Das könnte ein Milliardenmarkt sein.
Denn: „Der Bedarf an 100-prozentiger Zuverlässigkeit bei maximaler Flexibilität in der Kommissionierung und Montage steigt“, erwartet Klaus Richter, Logistikexperte am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung in Magdeburg. „Bislang ist Deutschland bei den Logistikanwendungen der Datenbrille am weitesten“, sagt Michael Lawo, Professor am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik der Uni Bremen (TZI).
Der Anfang ist gemacht. Im Bremer Mercedes-Werk testete Daimler mit TZI und dem Bremer Unternehmen xCon Partners eine Datenbrille. Salt Solutions aus München und Itizzimo aus Würzburg haben zudem eine Technik entwickelt, die Google-Datenbrillen über WLAN mit dem Lagerhaltungssystem von SAP verbindet.
Maschinenbau 3D-Drucker: Um Jahre voraus
So innovativ die derzeit gut 6200 Unternehmen des Maschinenbaus auch sind: Das Rückgrat des deutschen Exports hat große Veränderungen vor sich – aber auch die richtigen Werkzeuge. Dafür sorgt neben Fortschritten bei besonders präzisen Sensoren oder Werkstoffen als Ersatz für teuere High-Tech-Metalle vom Typ Seltene Erden eine Revolution der Fertigungstechnik.
Will Airbus-Produktionsvorstand Günter Butschek neue Bauteile für ein Flugzeug ausprobieren, müssen seine Ingenieure keinen Lieferanten mehr suchen. Sie werfen einen Apparat in der Größe eines Kleiderschranks an, und der spuckt das passende Stück aus. Dafür sorgt ein Verfahren namens additive Fertigung, Lasersintern oder – weniger steif – 3-D-Druck. Wohl keine Technik wird die industrielle Wertschöpfungskette so verändern. Wer ein Ersatzteil braucht, bestellt es in spätestens 20 Jahren nicht beim Hersteller, sondern bezahlt für die Datei und druckt es selbst.
3-D-Druck wird keine Alternative zur Massenfertigung sein, wohl aber für Kleinserien von wenigen Hundert oder Tausend Stück. Ein Gerät für voll funktionsfähige Bauteile aus Kunststoff oder Metall kostet zurzeit noch bis zu 250.000 Euro und braucht Stunden, um aus Metall– oder Kunststoffpulver ein streichholzschachtelgroßes Teil in Mikromillimeter-dünnen Schichten aufzubauen.
Dank individualisierter Prothesen oder Zahnkronen sowie Teilen für die Luftfahrt oder Autoindustrie lagen die Umsätze mit 3-D-Druck allein im Metallbau 2012 weltweit bereits bei 1,7 Milliarden Euro. „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird sich der Umsatz vervierfachen“, sagt Martin Eisenhut, Partner bei der Beratung Roland Berger in München. Dafür sorgt vor allem, dass die Drucker komplexe Formen ohne Verschnitt am Stück ausspucken, neue Konstruktionen ermöglichen und auch nicht gießbare Legierungen von Spezialmetallen verarbeiten können.
Größte Profiteure des Booms könnten deutsche Maschinen- und Anlagenbauer sein wie SLM Solutions aus Lübeck, Concept Laser aus dem bayrischen Lichtenfels und Weltmarktführer EOS aus Krailling bei München. „Schauen wir auf die Umsatzverteilung, sitzen 80 Prozent der Hersteller in Deutschland“, sagt Eisenhut.
Noch sind sie Wettbewerbern aus den USA oder Asien technisch um Jahre voraus. Doch die Spitzenposition ist ohne öffentliche Förderung wie zum Beispiel das milliardenschwere US-Projekt National Additive Manufacturing Innovation Institute in Gefahr, befürchtet EOS-Strategie-Chef Nikolai Zaepernick: „Wenn die Bundesregierung unsere Position nicht deutlicher unterstützt, werden wir den Vorsprung mittelfristig einbüßen.“
Energiespeicher: Sprit aus Wasser
Eines der größten Probleme der Energiewende wird sich in den kommenden Wochen wieder zeigen: Im Winter, wenn der Himmel über Deutschland grau und der Wind still ist, produzieren grüne Kraftwerke kaum noch Energie. An manchen Tagen decken Solar- und Windanlagen, die über das Jahr gesehen rund 20 Prozent des deutschen Strombedarfs liefern, dann nur ein Prozent der benötigten Leistung. Im Frühjahr und Herbst liefern die Anlagen dagegen regelmäßig viel zu viel Strom.
Eine der besten Möglichkeiten, um die Energieproduktion in den verschiedenen Jahreszeiten zu versöhnen, ist, den Strom in Wasserstoff umzuwandeln. Bei dem Elektrolyse genannten Verfahren spaltet vereinfacht gesagt ein Elektroschock Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff kann in Kavernen oder Tanks beinahe unbegrenzt lagern. Autos können ihn tanken und Kraftwerke ihn mit Erdgas vermischt in Wärme oder Strom verwandeln.
Wasserstoff als Energieträger ist so vielseitig, dass prominente US-Wissenschaftler wie Jeremy Rifkin von einer ganzen Wasserstoffwirtschaft träumen, in der Kohle, Öl und Atom obsolet werden. Daimler-Chef Dieter Zetsche ist sogar überzeugt, dass „Wasserstoff das bessere Öl ist“.
Aber das Öl der Zukunft ist ohne Elektrolyse kaum in Massen herzustellen. Bisher reichte für die Anwendungen in der Chemieindustrie der Wasserstoff, der in Nebenprozessen anfiel oder auch aus Erdgas, Erdöl oder Kohle gewonnen wurde. Für Elektrolyse-Anlagen, die den Energieträger aus Wasser gewinnen, fehlte schlicht die Nachfrage. Die Geräte, die aktuell in Betrieb sind, stellen weltweit rund 40 Unternehmen in Handarbeit her. Führend sind hier vor allem in Europa unbekannte US-Schmieden wie Giner oder Proton Energy Systems. Technische Fortschritte gab es auf dem Gebiet der Wasserelektrolyse in den letzten Jahrzehnten kaum, wie eine Studie von Forschern des Fraunhofer-ISE zeigte. Aber das könnte sich bald ändern.
Denn jetzt, wo Wasserstoffautos etwa von Hyundai und Toyota auf die Straße kommen und weltweit immer mehr grüne Energie erzeugt wird, beginnen deutsche Konzerne wie Siemens und ThyssenKrupp, effizientere Elektrolyse-Maschinen zu entwickeln. Bis 2015 will Siemens sowohl kleine Geräte für die Serienproduktion auf den Markt bringen als auch fußballfeldgroße Anlagen, die den überschüssigen Strom ganzer Windparks verarbeiten können. Der Aufwand könnte sich lohnen: Allein in Norddeutschland wären für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft Investitionen von rund einer halbe Milliarde Euro nötig, errechneten kürzlich die Analysten von Ernst & Young.
Medizintechnik: Gut genug reicht
Davon träumen andere Branchen: 4,5 Prozent Wachstum pro Jahr bis 2018, dann wird der weltweite Umsatz für Medizintechnik bei 455 Milliarden Euro liegen, fast 80 Milliarden mehr als heute. Die Gesundheitswirtschaft gilt als einer der stärksten Treiber globalen Wachstums und made in Germany als perfektes Qualitätssiegel, um deutsche Medizintechnik zu vermarkten.
Doch vor allem Mittelständler unterhalb der Schlagkraft einer Siemens-Medizintechniksparte verpassen gerade den Einstieg in das aussichtsreichste Segment: Es ist die sogenannte Good-enough–Technik. Sie liefert abgespeckte Instrumente und Apparate, die aber passgenau die Konsumentenerwartungen erfüllen.
Denn Milliarden Menschen in Schwellenländern wollen gar nicht die traditionelle Spezialität deutscher Ingenieure: das Neuste vom Besten zum höchsten Preis. Mangels Geld genügen ihnen zuverlässige, transportable und leicht zu reparierende Produkte. Sie sind bei Bild- und Diagnosequalität ähnlich gut wie die High-Tech-Geräte, verzichten aber auf Extras wie externe Anschlüsse oder die Möglichkeiten, Untersuchungsergebnisse auszudrucken. So kostet eine tragbares, PC-basiertes Ultraschallgerät 15.000 Dollar, mit vielen Extras ausgestattete High-Tech-Geräte aber 100.000 Dollar.
Inzwischen steigt der Gut-genug-Absatz selbst in westlichen Staaten. Zum einen, weil dort die Gesundheitsausgaben aus dem Ruder laufen, und zum anderen, weil auch die Good-enough-Technik immer ausgereifter ist. Reverse Innovation nennt sich das: In Ländern wie China oder Indien zunächst für die Heimatmärkte entwickelte Good-enough-Technik erobert den Westen. Bei abgespeckten Produkten aus der Telekommunikationsindustrie – zum Beispiel Tablets – gibt es das längt.
Der Lübecker Medizintechniker Dräger nutzt den Trend in seinem Beritt längst. Der Mittelständler entwickelte dafür beispielsweise in Shanghai ein Narkosegerät.
Doch die Mehrheit ist spät dran. Gregor-Konstantin Elbel, Partner Health Care bei Deloitte in Düsseldorf, warnt: „Familienunternehmen haben diesen Trend zu lange nicht ernst genommen, und den Startups mangelt es anders als in den USA häufig an Kapitalgebern.“ Inzwischen gehe es um Preis- und Qualitäts- statt um Technikführerschaft: „Die Deutschen müssen Produkte auch mit einheimischen Mitarbeitern von Anfang an vor Ort entwickeln.“
Zudem hat sich Europas Medizintechniklobby gerade einen Bärendienst erwiesen, indem sie strengere Qualitätsstandards durch die EU verhinderte. Sie wären mit denen der US-Aufsichtsbehörde FDA vergleichbar gewesen und hätten die Europäer weltweit wettbewerbsfähiger gegenüber den erfolgreichen Medizintechnikern aus Amerika gemacht.
Brennstoffzellen-Auto: Vorreiter Japan
Sosehr Deutschland als Vorreiter der Autotechnik gilt, bei Elektromotoren setzen andere die Maßstäbe. So arbeitet Toyota an einem E-Mobil mit 500 Kilometer Reichweite, das sich in nur drei Minuten betanken lässt. Nicht Akkus treiben den 136 PS starken FCV Concept der Japaner, sondern Wasserstoff. Daraus produziert die Brennstoffzelle Strom.
2015 will Toyota das Modell in der Größe der Mercedes E-Klasse für 80.000 Euro anbieten und damit deutschen Anbietern davonfahren wie bereits beim Hybrid-Vorreiter Prius. Denn obwohl Daimler & Co. seit fast 20 Jahren am Wasserstoffantrieb forschen, zögern sie mit der Serienproduktion und drohen eine Zukunftstechnik und einen Milliardenmarkt zu verpassen.
Dabei fing alles gut an. Mercedes hatte bereits 1994 mit dem bis unters Dach mit Technik vollgepackten Transporter Necar 1 das erste Wasserstoffauto vorgestellt. Doch danach kam nicht mehr viel. Aktuell haben die Stuttgarter nur eine Allianz mit Ford und Renault-Nissan geschmiedet. Zwar verweist Daimler-Chef Dieter Zetsche darauf, dass bereits 100 Brennstoffzellen- Fahrzeuge in Kundenhand seien. Doch die Serienproduktion startet wohl erst 2017 – zwei Jahre nach Toyota, Honda und Co.
Doch ähnlich wie bei Hybrid- und rein batteriegespeisten Fahrzeugen drängt sich der Verdacht auf, dass die deutschen Hersteller kaum Interesse an der Technik haben. Das Elektrozeitalter stellt das bisherige Geschäftsmodell infrage, vor allem die milliardenteuren Motorenwerke. Sie werden dann kaum noch gebraucht, weil Elektromotoren ohne Kolben und Ventile nur ein Zehntel der Teile eines Verbrennungsantriebs haben und weniger Unterhalts- und Werkstattkosten verursachen. Doch lange werden sich Daimler & Co. diese Haltung nicht mehr leisten können.
Smart Home: Fehlende Anreize
Vergessen, den Herd auszumachen? Kein Problem: Künftig kann ihn der Besitzer einfach per Handy abschalten. Sinken die Strompreise mittags, weil Solaranlagen auf Volllast Energie produzieren, dann legt die Waschmaschine von selbst los.
Diese sogenannten Smart-Home- und Smart-Grid-Anwendungen sind eine reizvolle Vision – doch im Alltag der Menschen noch nicht angekommen. Noch fehlen Anreize und es hakt an technischen Details, glaubt Peter Kellendonk, Chef des gleichnamigen Mittelständlers aus Köln, der unter anderem Technologien für die Gerätevernetzung entwickelt.
Attraktiver würden Smart-Home-Anwendungen, wenn die Strompreise wie in den USA variabel wären. „Wenn die Kosten für eine Kilowattstunde bei einem Überangebot etwa von 28 auf 14 Cent fallen und eine intelligente Steuerung dann die Haushaltsgeräte einschaltet, kann ich ein paar Hundert Euro im Jahr sparen“, sagt Kellendonk. Dass solche Anreize wirken, zeigte ein Feldversuch in Aachener Haushalten.
Ein weiteres Problem: Es fehlt eine industrieweite Norm, mit der sich Geräte wie Waschmaschinen und Smartphones verständigen können. Das will Kellendonk mit der Initiative EEBus ändern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert das Projekt, bei dem gut 40 Unternehmen wie Miele, Bosch, die Telekom, EnBW und E.On einen Standard erarbeiten, über den Stromzähler, Smartphones und Geräte kommunizieren können.
Welche Unternehmen das Wettrennen um die intelligenten Wohnungen und Häuser der Zukunft gewinnen, ist noch völlig offen. Laut einem Report der US-Analysten von MarketsandMarkets kämpfen Siemens, Schneider Electric aus Frankreich, die Schweizer ABB und ein halbes Dutzend weiterer Technikriesen um die Marktführerschaft. Auf denjenigen, der das Rennen macht, warten stattliche Umsätze: Das weltweite Marktvolumen für smarte Hausgeräte und ihre Vernetzung schätzt MarketsandMarkets auf 50 Milliarden Dollar im Jahr 2020.
Cloud Computing: Boom dank NSA
Seit Jahren beklagen Experten den Rückstand von Deutschland in der Informationstechnologie (IT). Bis auf den Weltmarktführer für Unternehmenssoftware SAP stammen alle wichtigen Anbieter für Hardware, Software und Internet aus den USA. Dabei sind die Aussichten für deutsche IT-Anbieter aktuell so gut wie lange nicht, vor allem für Unternehmen mit Schwerpunkt Cloud Computing, einem der wichtigsten Wachstumsfelder der IT.
Grund ist die NSA-Affäre. Die gigantische Datenschnüffelei der US-Geheimdienste dürfte zu nennenswerten Geschäftseinbußen bei US-Cloudanbietern führen. Das jedenfalls erwartet die Information Technology and Innovation Foundation (ITIF), ein Thinktank mit Sitz in der Hauptstadt Washington. Laut einer ITIF-Studie könnten amerikanische IT-Unternehmen in den kommenden Jahren 10 bis 20 Prozent ihrer Cloud-Auslandsumsätze einbüßen. Das entspräche rund 35 Milliarden Dollar zwischen 2014 und 2016.
Aktuell verbuchen heimische Anbieter von den gut fünf Milliarden Euro Jahresumsatz mit Cloud-Produkten in Deutschland erst ein Fünftel, schätzt der Marktforscher Crisp-Research aus Kassel. „Der Anteil wird nicht zuletzt dank der NSA-Affäre zumindest kurzfristig zulasten der US-Wettbewerber weiter steigen“, sagt Axel Oppermann, Chef des Marktbeobachters Avispador aus Niestetal in Nordhessen.
Helfen soll dabei die Initiative Cloud Services Made in Germany, die das IT-Unternehmen AppSphere aus dem nordbadischen Ettlingen 2010 gegründet hat. Der Verbund in Deutschland ansässiger Cloud-Anbieter, dem auch namhafte Vertreter wie CAS Software, Pironet NDH und Onventis angehören, will für mehr Rechtssicherheit und höchstmöglichen Datenschutz beim Einsatz von Cloud-Diensten sorgen.