Innovative Lebensmittel Tops und Flops im Supermarkt

Lebensmittelkonzerne stecken Millionen in die Entwicklung neuer Produkte. Doch was als Innovation im Regal landet, muss den Verbrauchern noch lange nicht schmecken.

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Ein Einkaufswagen mit Quelle: dapd

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der innovativste im ganzen Land? Nun, es ist kein deutsches Unternehmen, sondern der US-amerikanische Nahrungsmittelriese Kraft Foods. Zu dieser Überzeugung jedenfalls kommen die Experten der internationalen Strategieberatung OC&C Strategy Consultants in Frankfurt, nachdem sie über zwei Jahre lang die 25 umsatzstärksten Lieferanten der deutschen Lebensmittelketten auf ihre Innovationsleistung und den damit verbundenen Markterfolg durchleuchtet haben.

Schokoriegelgigant sahnt ab

Dass der Sieger Kraft Foods mit seinen zahlreichen Neuheiten damit auch automatisch Erfolge in den Regalen von Rewe und Edeka, Lidl oder Netto, Real und Kaufland – sprich bei den Verbrauchern - feiert, heißt das aber noch lange nicht. Ganz im Gegenteil: Den größten Erfolg mit seinen Neuerfindungen sammelt ein anderer US-Gigant: der Schokoriegel-Hersteller Mars.

Harter Wettbewerb

Innovationen sind der Strohhalm, an den sich die großen Lebensmittelproduzenten wie Kraft Foods, Mars, Danone, Oetker, Nestle oder Unilever klammern. Denn, auch wenn die Wirtschaftskrise überstanden scheint und die Nahrungsmittelbranche ohnehin glimpflich davon gekommen ist, stehen viele Markenhersteller unter Druck. In Europa sind die Märkte und ihre Verbraucher satt.

Die Pro-Kopf-Nachfrage ist zwar bestenfalls stabil, allerdings bei sinkender Bevölkerung. Zudem wird der Wettbewerb mit den Handelsmarken der großen Supermarkt- und Discountketten immer schärfer. Um sich aus diesem Dilemma zu befreien müssen immer mehr neue Produkte her.

Mehr als 1800 neue Produkte schaufelten die Nahrungsmittelkonzerne im vergangenen Jahr in die Regale des Handels – so viele wie seit Jahren nicht mehr. Doch wie erfolgreich sind die Unternehmen mit ihren Produktneuheiten tatsächlich? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat die Strategieberatung OC&C einen Innovationsindex ausgetüftelt. Basis für den Index sind die 25 größten Markenhersteller von Nahrungsmitteln in Deutschland.

Maßstab für Innovation und Markterfolg

Der OC&C-Index basiert auf zwei unterschiedlichen Rankings. Das erste beantwortet die Frage: Wie stark ist die Innovationskraft einen Unternehmens, also wie viele Produktneuheiten bringt ein Unternehmen gemessen am bestehenden Sortiment heraus und inwieweit werden neue Sortimente und Produkte, die einen aktuellen Trend bedienen, auf den Markt gebracht. 

Das zweite Ranking der Strategieberater beantwortet die Frage: Wie groß ist der Markterfolg, also wie werden Neuprodukte von Handel und Konsumenten angenommen und haben diese Innovationen auch eine signifikante und nachhaltige Bedeutung für das Unternehmen.

Kaffee, Süßwaren, Brotaufstrich

Die Hitparade der innovationskräftigsten Unternehmen wird angeführt von Kraft Foods. Der in Bremen beheimatete Ableger des US-Foodriesen bewege sich mit seinen neuen Produkten zwar hauptsächlich in bereits etablierten Warengruppen wie Kaffee (Jacobs/Tassimo), Süßwaren (Milka) oder Brotaufstrichen (Philiadelphia) und folge auch nicht notwendigerweise den neuesten Trends, so das Urteil der OC&C-Experten. Dennoch gelinge es Kraft sich durch viele neue Produkte an die Spitze des Rankings zu setzen.

Bei Auszeichnung „Produkt des Jahres“, den die Fachzeitschrift Lebensmittel Praxis jährlich vergibt, räumten die Bremer denn auch kräftig ab. So gab es Gold, Silber oder Bronze für das Pasta-Fertiggericht Miracoli Avanti und die Milka-Innovationen Tender XL, Choc’n Choc, Milka Kekse oder Jacobs Krönung Latte Macchiato-Pads.

Fisch und Feinkost punkten

Überraschender Verfolger von Kraft Foods ist die Düsseldorfer HK-Food von Heiner Kamps und Milch-Milliardär Theo Müller (Müller-Milch). Zu HK-Food gehören neben der größten europäischen Fischrestaurantkette Nordsee auch Feinkostmarken wie Homann oder Nadler.

Vor allem mit den Feinkostmarken konnte HK dort punkten, wo Kraft Foods eher nur mittelmäßig abschneidet: beim Innovationsgrad und der Trendausrichtung. Durch den Ausbau seiner Fertigsalate und Brotaufstriche, aber auch durch die Weiterentwicklung in fertige Salatmischungen, habe HK-Chef Kamps innovative Produkte auf den Markt gebracht, die ganz klar auf den aktuellen Convenience-Trend ausgerichtet seien, so das Urteil von OC&C.

Süßwarenmulti siegt

Schlusslichter bei der Innovationskraft sind die vom Rohprodukt Milch dominierten Unternehmen Humana Milchunion, Hochwald und Bayernland. Innovationskraft ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. So liegt Innovationskraft-Spitzenreiter Kraft Food in der Hitparade des Markterfolgs nur auf Rang sieben.

Die Top-Position belegt hier der US-Süßwarenmulti Mars. Zwar liegt Mars in punkto Innovationskraft nur im Mittelfeld, doch die neu entwickelten Produkte können insgesamt den größten Erfolg unter den 25 Nahrungsmittelherstellern verbuchen, lautet das Fazit der OC&C-Strategen.

Mit neuen Produkten wie etwa den Kaugummis 5 Gum, Orbit Balance und Airwaves oder Uncle Ben‘s Mikrowellenreis, hat Mars seine Position in den Segmenten Kaugummis und Reisfertiggerichte gefestigt. Die Erweiterungen seien für die Verbraucher schlüssig und träfen deren Geschmack. Dies schlage sich, so die Einschätzung von OC&C, in vergleichsweise hohen Regalflächen für die Innovationen nieder.

Insgesamt machen Neuprodukte rund ein Viertel der Gesamtregalfläche von Mars aus und mehr als ein Drittel der Innovationen des Unternehmens ist heute am Markt noch verfügbar.

Innovativ, aber nicht präsent

Die Innovationskraft von Kamps und dessen Fischfeinkost-Imperium finde, im Markt dagegen keinen Anklang. Die Nummer zwei des Ranking für Innovationskraft landet beim Markterfolg nur auf Platz 22 und schneidet sowohl in Bezug auf Regalfläche für Produkteinführungen als auch in punkto Nachhaltigkeit unterdurchschnittlich ab. So sind innerhalb des Betrachtungszeitraums bereits 90 Prozent der Produktneuheiten von Kamps wieder aus den Regalen verschwunden. Eine hohe Innovationskraft schlägt sich also nicht automatisch in hoher Marktpräsenz nieder.

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