20:15 Uhr hat ausgedient Jetzt greift Netflix in Deutschland an

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Deutschland als Vorzeigeobjekt bei Netflix

Denn so viel ist sicher: Netflix wird massiver in den deutschen Markt gehen als bisher bekannt. Und das sowohl beim Angebot als auch beim Vertrieb.

So werden die Amerikaner ARD, ZDF, RTL und Co. nicht alleine angreifen, sondern mit Partnern. „Netflix stellt sich in Deutschland so breit auf wie noch in keinem anderen Land zuvor“, verrät ein Insider, der in den vergangenen Wochen entsprechende Verträge ausgehandelt hat.

Demnach bereiten die Amerikaner zahlreiche Kooperationen vor, die fein säuberlich nach Absatzkanälen getrennt sind. Im Festnetz etwa wird das Unternehmen exklusiv mit der Deutschen Telekom zusammenarbeiten, wie die WirtschaftsWoche erfuhr. Der Ex-Monopolist will das Videoangebot seiner Fernsehplattform Entertain ausweiten und hofft mit Netflix auf ein zusätzliches Zugpferd.

Serien als Lockstoff

Im Mobilfunk dagegen setzt Netflix wohl – wie schon in Großbritannien und den Niederlanden – auf Vodafone. Der will seinen Vertragskunden höherwertige Smartphones schmackhaft machen für das schnellere Internet LTE. Eine längere Gratisnutzung von Netflix soll dafür wahrscheinlich der Lockstoff sein. Auch Konkurrent E-Plus rechnet sich Chancen aus, ins Geschäft zu kommen.

Und auch das angeblich so bescheidene Programmangebot von Netflix in Deutschland wird umfangreicher ausfallen als erwartet. So waberte in den vergangenen Wochen das Gerücht durch die Branche, der US-Konkurrent müsse zum Start auf seine besten Angebote wie die Erfolgsserie „House Of Cards“ verzichten.

Kundenzahlen und Expansion von Netflix

In Wirklichkeit werden beide Staffeln der preisgekrönten US-Serie um den skrupellosen Politiker Francis Underwood aber bereitstehen, denn ein halbes Jahr nach der Erstausstrahlung beim Bezahlkanal Sky kann Netflix selbst über die Rechte verfügen, bestätigt ein Sky-Sprecher. Zudem hat sich Hastings ein paar Trümpfe wie die Erfolgsserie „Orange Is The New Black“ aufgehoben und Hits wie die Vampir-Serie „Hemlock Grove“ von Wettbewerbern wie Amazon zurückgeholt.

Rasantes Wachstum

Zwar wird der Angriff auf die öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Anstalten für Netflix teuer. So kommt Unternehmenschef Hastings nicht umhin, einen großen Teil seines diesjährigen Marketingetats von rund einer halben Milliarde Dollar für Werbung in Deutschland und seinen Nachbarländern auszugeben, der in TV-Spots, Print-Anzeigen und Plakatwände fließt. Für die Reklame hat Netflix laut Insidern die renommierte Hamburger Werbeagentur Jung von Matt engagiert.

Doch aus Sicht der Amerikaner ist das Geld gut angelegt. Denn laut einer Studie der Beratung PwC wird sich das Geschäft mit Videos auf Abruf weltweit bis 2019 fast verdoppeln. Damit läuft das Geschäft mit bewegten Bildern in fünf Jahren fast so häufig über das Internet wie über das Kino – und damit immer mehr an den traditionellen TV-Sendern vorbei.

Umsatz mit im Internet abrufbaren Videos in Deutschland

Offiziell leugnen allen voran die Privaten die Bedrohung durch Netflix. Sie erwarte „kurzfristig keinen messbaren Einfluss auf die lineare TV-Nutzung“, sagt RTL-Group-Chefin Anke Schäferkordt. Und ihr Konzernchef, Bertelsmann-Lenker Thomas Rabe, sekundiert, da Netflix nun mal abo-finanziert sei und RTL Geld mit Werbung verdiene, gebe es keine Gefahr für seine Cashcow.

Das aber sehen nicht alle so. Widerspruch kommt etwa aus dem Lager der gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Kanäle, die sich dank sicherer Gebühren um ihre Einnahmen keine Sorgen machen müssen. Michael Loeb, Geschäftsführer des Rechtehändlers WDR Mediagroup in Köln, sieht in dem Erfolg des Internet-Fernsehens zur beliebigen Zeit in den USA durchaus ein Menetekel für die hiesige Zunft: Dort hätten Filme auf Abruf der linearen TV-Nutzung „schon die Rücklichter gezeigt“.

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