40 Jahre Apple Von der Zigarrenkiste zum iCar

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Dass sich die Windows-Entwickler, um es vorsichtig zu formulieren, bei der Gestaltung ihrer Software intensiv vom damals Aufsehen erregenden grafischen Bedienkonzept der Apple-Rechner haben inspirieren lassen, hat Gates und Allen über Jahre den Vorwurf des Plagiarismus eingebracht. Tatsächlich waren die Gemeinsamkeiten speziell zwischen den damals führenden Programmen – Apples Macintosh-Software und Microsofts Windows 3 – augenfällig.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nicht bloß Apple in der ersten Hälfte der Achtzigerjahre mit Mausbedienung und Programmfenstern reüssiert. Das grafische Bedienkonzept, dem rückblickend nichtsdestotrotz Apples Macintosh-Rechner zum Durchbruch verholfen haben, hatten im Kern zunächst Entwickler des Elektronik-Konzerns Xerox entworfen.

Dennoch aber wird nicht Apples Rechner sondern IBMs PC-Konzept zum Standard. Schon vier Jahre nach der Markteinführung des 5150 ist weltweit jeder zweite verkaufte Computer IBM-kompatibel. Aber längst nicht mehr jeder wird von IBM gefertigt: Wettbewerber Dell etwa mischt den Markt Mitte der Achtziger auf und überträgt die Idee, Produkte erst nach Kundenbestellung, "just in time" zu fertigen, in die Computerwelt. Mit dramatischen Folgen für die Preise: Dells erster PC, der 1985 auf den Markt kommt, kostet nur die Hälfte von IBMs Original.

Ungebremst klettern im gleichen Zeitraum Rechenleistung und Speicherkapazität in die Höhe – bei anhaltendem Preisverfall: Sorgt 1981 in IBMs 5150 ein Prozessor mit 4,7 Megahertz Geschwindigkeit für den rechten Takt, arbeiten heute in Handys wie etwa Samsungs neuem Galaxy S7 mehr als 500 Mal schnellere Chips. PC-Prozessoren ticken gar mehr als 800 Mal schneller.

Es ist dieser ungebrochene Trend, der die PC-Technik schließlich für fast jeden Einsatz im Arbeits- und Alltagsleben bezahlbar macht. An die 290 Millionen PCs, so Berechnungen von Marktforschern, werden heute pro Jahr verkauft. In ihrer Konzeption ähneln sie – trotz aller Leistungsschübe – noch immer dem von Jobs und Wozniak entworfenen Vorbild des modular erweiterbaren Rechners.

Drei Jahrzehnte, nachdem die Apple-Gründer an ihrer Rechenbox tüftelten, erwächst den PCs inzwischen allerdings selbst Konkurrenz durch neue Technologien, so wie einst den Mainframes durch die PCs.

Mutig das eigene Geschäft angreifen

Und einer der wichtigsten Treiber ist – wieder – Apple. Steve Jobs, gemeinsam mit seinem kongenialen Designer Jonathan Ive, der Apples Produkte ab den Neunzigern so nachhaltig gestalterisch prägt, wie Esslinger die frühen Apple-Rechner, verhilft dem Konzept des Smartphones zum Durchbruch. Was, etwa in Form von Nokias Klassiker, dem Communicator, zuvor nur ein kommunikatives Business-Tool war, schafft als iPhone ab 2007 den Sprung in den Massenmarkt.

En passant kannibalisiert sich Jobs dabei auch noch selbst – höchst erfolgreich und bemerkenswert konsequent. Das Smartphone (Apples iPhone mit seinem an nachladbaren Mikroprogrammen über die Zeit geradezu überquellenden App-Store zumal) integriert immer neue Funktionen und macht damit jede Menge Technik obsolet.

Nicht nur, dass die Telefone einen Großteil des Kamerageschäfts übernommen, den Markt der Einsteiger- und Mittelklasse-Fotoapparate de-facto abgeschafft haben. Auch das Geschäft mit MP3-Playern, das Apple mit seinen 2001 eingeführten iPod- Musikspielern und deren Anbindung an den digitalen Plattenladen iTunes selbst erst massenmarktfähig gemacht hatte, begann Jobs nur ein gutes halbes Jahrzehnt mit den iPhones schon wieder anzugreifen. Denn – natürlich – gehörte auch eine Musik-App zur Ausstattung von iOS.

Heute haben Smartphones nicht bloß Diktiergeräte, Fernbedienungen, Musikspieler, einen Großteil der Fotoapparate, Fahrplanbücher und sogar Reisebüros obsolet gemacht. Mit annähernd 1,5 Milliarden weltweit verkauften Geräten 2015, haben sie auch längst dem PC den Rang als höchstpersönlicher Computer abgelaufen. Und selbst wenn Apples Handysoftware iOS knapp zehn Jahre nach dem Start des ersten iPhone nur noch auf knapp jedem siebten neuen Multimediatelefon läuft, weit abgeschlagen hinter Googles Android-Plattform – in den Handywelt ist Apple noch immer erfolgreicher als es das Unternehmen im PC-Markt je war.

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