40 Jahre Apple Von der Zigarrenkiste zum iCar

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Schachzug zum doppelten Überleben

Dass Apple selbst in dem Geschäft noch mitmischt, war übrigens zeitweilig alles andere als sicher. in den späten Neunzigerjahren war das Unternehmen nach jahrelangem Missmanagement erst in eine Innovations- und daraus folgend auch in eine dramatische finanzielle Krise geraten. Mitgründer Jobs, zwischenzeitlich aus dem Unternehmen gedrängt kam, über durch Apples Kauf seines Computerunternehmens NeXT wieder an Bord, strich Produktlinien wie den Handheldcomputer Newton, beendete die Lizenzierung der Mac-Software an andere Hersteller und fädelte einen geradezu diabolisch scheinenden Kontrakt ein.

Am 6. August nämlich verkündete er – zusammen mit dem per Videokonferenz zugeschalteten Microsoft-Gründer Bill Gates – dass sich der Erzkonkurrent aus Redmond mit einem 150-Millionen-Dollar-Investment bei Apple einkaufe. Offiziell verband Microsoft damit unter anderem eine Kreuzlizenzierung von Patenten. Inoffiziell beendeten beide Unternehmen damit auch ihren Disput über die Ähnlichkeiten von MacOS und Windows.

Es war ein Deal unter ziemlich Ungleichen. Microsoft war kurz nach dem Einstieg eine halbe Milliarde Dollar wert, Apple selbst keine drei Milliarden mehr.

Und doch war es ein Deal, der vermutlich beiden Beteiligten das Überleben rettete. Denn als Gates Jobs aus der Finanzklemme half, stand Microsoft selbst unter massivem Druck der Wettbewerbsbehörden aus den USA und Europa, die teils sogar die Aufspaltung des Quasi-Monopolisten der PC-Welt forderten. „Gates zielte daher wohl kaum auf Investment-Erlöse, sondern darauf, Apple als einzig nennenswerten Anbieter eines konkurrierenden Betriebssystems am Leben zu erhalten“, sagt Barry Ritholtz, Investment-Chef einer US-Vermögensverwaltung und Kolumnist beim Wirtschaftsdienst Bloomberg, im Rückblick. „Aus wettbewerbsrechtlicher Perspektive war das ein Geniestreich.“

Große Blamagen – von New Coke bis Apple Maps
Windows 8Der Software-Konzern Microsoft hatte für sein Betriebssystem in der Version „Windows 8“ (Produktstart: Oktober 2012) radikale Änderungen am Bedienkonzept seines Betriebssystems vorgenommen. Es soll sowohl auf klassischen PCs als auch auf Tablet-Computern und Hybridgeräten laufen und ist deswegen für die Bedienung per Touchscreen optimiert. Der klassische Desktop rückt in den Hintergrund, lässt sich aber weiterhin aufrufen. Der Startknopf, an den sich viele Nutzer gewöhnt haben, ist verschwunden. Kritiker glauben, dass die Änderungen potenzielle Käufer abschrecken könnten. Die Kritik an Windows 8 zeigte Wirkung: Der Software-Hersteller Microsoft will die Benutzung seines neuen Betriebssystems gründlich überarbeiten. In einer aktualisierten Version mit dem Codenamen Blue würden wesentliche Punkte geändert, kündigte Marketingchefin Tami Reller im Mai 2013 in mehreren Interviews an. Details zu den Neuerungen nannte sie nicht – etwa ob der Startknopf zurückkehrt, wie verschiedene Medien kolportieren. Sie ließ ebenfalls offen, ob die für dieses Jahr geplante Aktualisierung, die unter einem anderen Namen als Blue auf den Markt kommen wird, für Windows-8-Nutzer kostenpflichtig ist. Quelle: dpa
Apple MapsMit der Einführung des iPhone 5 durch Apple im Herbst 2012 brachte der US-Technologiekonzern auch eine eigene Kartenanwendung auf die Geräte: Apple Maps. Doch die Darstellungsfehler waren gigantisch und ein Shitstorm, eine Lawine kritischer Kommentare im Internet, ging über Apple nieder. Vorstandschef Tim Cook war genötigt, sich offiziell in einem offenen Brief bei den Kunden zu entschuldigen. Quelle: dpa
New CokeIm Frühjahr 1985 führte Coca-Cola eine neue Rezeptur für das Flagschiff-Produkts vor. Doch „New Coke“ traf auf eine ungekannte Protestwelle der Kunden und nur drei Monate später stellte der Getränkekonzern auch wieder Cola mit der alten Rezeptur her, die dann zunächst „Coke Classic“ hieß. New Coke verschwand schnell im Firmenarchiv als Paradebeispiel für eine geplatzte Produkteinführung. Quelle: AP
Mercedes A-KlasseEin Autotest machte die Einführung des „Mini-Benz“, der Mercedes A-Klasse, im Herbst 1997 zunächst zu einem Desaster. Beim Elchtest, einem Ausweichmanöver, fiel ein Vorführmodell des Wagens auf die Seite. Das Bild ging um die Welt und Mercedes reagierte mit einer teuren Überarbeitung des Wagens – verbesserte Stabilisatoren und ein elektronisches Stabilitätssystem stützten die A-Klasse danach. Das Modell wurde danach durchaus zu einem Erfolg. Quelle: AP
DaewooAllgegenwertig waren in Deutschland Mitte der 90er-Jahre Plakate und Werbespots für die koreanische Automarke Daewoo (sprich: Dee-juu). Die Marke konnte aber nicht Fuß fassen. Mittlerweile ist selbst die deutsche Internetseite nicht mehr auf die Firma registriert. Quelle: AP
Fresh & EasyDer riesige britische Lebensmittelkonzern Tesco wollte seit 2007 die USA mit dem Supermarkt –Konzept Fresh&Easy erobern. Doch das Konzept mit Nischensupermärkten, die unter anderem auch warme Speisen zum Mitnehmen anbieten, scheiterten die Briten. Mehr als eine Milliarde Euro gingen verloren, bis der Konzern im Frühjahr 2013 den Rückzug aus dem Markt bekanntgab. Quelle: rtr
Microsoft ZuneNicht nur mit dem Betriebssystem Microsoft 8 ist der Softwarekonzern auf Granit bei den Kunden gestoßen. Größer war die Blamage noch mit dem digitalen Musikspieler Zune. Das Gerät sollte ab dem Herbst 2006 als Konkurrenz zum sehr erfolgreichen Apple-Gerät iPod etabliert werden. Der Versuch scheiterte, fünf Jahre später wurde die Produktion weiterer Geräte endgültig eingestellt. Quelle: AP

Es wäre am Ende sogar ein phantastisches Finanzinvestment gewesen. Denn nachheutigen Maßstäben wäre der Anteil wohl deutlich über 20 Milliarden Dollar wert – ein sensationelles Ergebnis für die ursprünglich investierten 150 Millionen Dollar. Den strategischen Vorteil, dass Microsoft nicht aufgespalten wurde, gar nicht erst eingerechnet.

Trotzdem hat Apple von dem Investment noch weitaus stärker profitiert. Mit gut 600 Milliarden Dollar aktueller Börsenbewertung, hat der einstige Insolvenzkandidat den früheren Gönner deutlich deklassiert. Microsoft ist inzwischen zwar auch wieder rund 435 Milliarden Dollar wert – allerdings nach einem Sturz auf nur noch etwa 127 Milliarden im Frühjahr 2009.

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