A400M-Absturz Der Fluch der Triebwerke

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Sorgenkind A400M-Triebwerke

Der A400M wird von vier eigens für den Militärtransporter entwickelten Propellerturbinen-Triebwerken angetrieben. Dabei sorgen die verbauten Gasturbinen nicht hauptsächlich für den Schub, sondern treiben die großen Propeller der Maschine an. Durch die Turboprop-Bauweise kann der A400M bei vergleichsweise niedrigem Kraftstoffverbrauch lange Strecken bewältigen.

Die Konstruktion sorgte jedoch von Beginn an für Probleme. An der Entwicklung des Militärtransporters sind sieben europäische Nato-Staaten beteiligt, darunter Deutschland. Auch auf Druck der europäischen Auftraggeber entschloss sich Airbus (damals EADS), nicht auf die Zulieferung eines etablierten Turboprop-Herstellers zurückzugreifen sondern dazu, einen eigenen Ansatz zu entwickeln – ohne jedoch Erfahrungen im Umgang mit Propellertriebwerken zu haben. Am Ende war an der Entwicklung des Triebwerks ein ganzes europäisches Herstellerkonsortiums aus ITP, die MTU Aero Engines, Rolls-Royce und Snecma Moteurs beteiligt.

Die erste A400M geht in Dienst
Im Cockpit des A400M. Zu einer offiziellen Feier der Übergabe der ersten neuen Frachtmaschine wird das französische Verteidigungsministerium zu einem späteren Zeitpunkt laden. Die offizielle Übergabefeier soll nach der Sommerpause am Standort der Endmontagelinie im spanischen Sevilla stattfinden. Die A400M gilt als eines der wichtigsten Rüstungsprojekte Europas. Um die Finanzierung hatte es allerdings lange heftigen Streit gegeben. Missmanagement und technische Probleme führten zu der jahrelangen Verspätung und zu Milliarden-Mehrkosten. Der europäische EADS-Konzern (künftig: Airbus), der von Frankreich und Deutschland dominiert wird, drohte zwischenzeitlich sogar mit einer Einstellung des Programms, an dem europaweit rund 40 000 Arbeitsplätze hängen. Damit sollte Druck auf die Käuferstaaten ausgeübt werden, mehr Geld lockerzumachen. Die Bundeswehr bezifferte die Projektkosten für die 40 eigenen Maschinen zuletzt auf 25 Milliarden Euro. Quelle: Französisches Verteidigungsministerium
Auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget vor einigen Wochen war ein A400M ausgestellt worden und auch zu Präsentationszwecken in die Luft gegangen. Hier ein Blick in das Innere der Maschine. Die erste an Frankreich gelieferte A400M wird nach Angaben von Airbus Military vor ihrer Eingliederung in die Transportflotte der französischen Luftwaffe zunächst für die weitere Ausbildung der Besatzungen eingesetzt. Die deutschen Maschinen sollen in Zukunft beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf bei Hannover stationiert werden. Unter anderem der Mittelrumpf des Transportfliegers wird bei Airbus in Bremen gebaut. Quelle: Französisches Verteidigungsministerium
Zu diversen Anlässen waren die Testmaschinen in den vergangenen Monaten bereits zu Showflügen gestartet. Hier wird eine A400M von einer französischen Kampfflugzeugstaffel begleitet. Quelle: Französisches Verteidigungsministerium
Nicht nur für reine Frachtflüge kann die Maschine eingesetzt werden, auch zum Absetzen von Fallschirmspringern ist sie geeignet. Bis zu 116 voll ausgerüstete Springer können an Bord gehen. Quelle: Französisches Verteidigungsministerium
Die französischen A400M werden am Standort Orléans-Bricy stationiert sein. Die technische Daten des Flugzeugs: Reisegeschwindigkeit: 780 km/h; Spannweite: 42 m; Länge: 45 m. Quelle: Französisches Verteidigungsministerium
Die Verzögerung in Produktion und Zulassung waren so immens, dass das französische Beschaffungsbüro der Streitkräfte von einem „schmerzvollen Prozess“ spricht. In Deutschland ... Quelle: EADS
... steht die offizielle Zulassung noch aus. Die Bundeswehr soll trotz der Probleme bei der Zulassung des Militär-Airbus A400M im Herbst nächsten Jahres ihre erste neue Maschine bekommen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums soll das Flugzeug im November 2014 ausgeliefert werden. Insgesamt ist die Anschaffung von bis zu 60 neuen Militärtransportern geplant. Der A400M soll bei der Luftwaffe das in die Jahre gekommene Transportflugzeug Transall ablösen. Ursprünglich hatte das erste Flugzeug 2009 in Dienst gestellt werden. Das Bild zeigt eine A400M bei einer Flugvorführung in Le Bourget nahe Paris. Quelle: AP

Nicht nur durch die Beteiligung verschiedener Hersteller und Nationen zog sich Entwicklung immer wieder in die Länge. Die Auftraggeber verlangten Nachbesserungen und Neuausrichtungen des Projekts, veränderten die Anforderungen. Sie wollten eine Wundermaschine, die sowohl besonders langsam und tief fliegen kann als auch besonders schnell und hoch. Der riesige Transporter sollte schwere Lasten transportieren, gleichzeitig aber auch enge Kurven und steile Landungen bewältigen können.

Bei ihrer Neuschöpfung bekamen die Konstrukteure zudem grundlegende Probleme nicht in den Griff. Zu Beginn sollen die Triebwerke nicht leistungsfähig genug gewesen sein, um die Maschine überhaupt in die Luft zu heben. Teure Nachrüstungen ließen die Kosten explodieren und Airbus mit einem Abbruch des Projekts drohen.

2010 wurde etwa bekannt, dass die Triebwerks-Software nicht mit den Cockpit-Systemen kompatibel war. 2012 wurden Metallspäne im Ölsystem einer der Antriebseinheiten entdeckt. Bei schwierigen Flugmanövern, so die Befürchtung, hätte es zu einem Unglück kommen können.

25-Milliarden-Projekt

Nicht nur die Triebwerke sorgten bei für Probleme – der schwere Rumpf beeinträchtigte die Stabilität des Flugzeugs. Und selbst nachdem Airbus die vermeintlich größten Schwachstellen ausgebessert und das erste knappe Dutzend Maschinen ausgeliefert hatte, riss die Kritik am A400M nicht ab.

Nach ersten Untersuchungen am Flieger erstellten deutsche Prüfer im November 2015 eine Mängelliste mit 875 Punkten, über die der "Spiegel" im Januar berichtete. Darunter auch Schimmel in der Küchenspüle, ausgelaufenes Hydrauliköl am Hauptfahrwerk sowie an den Reifen. Dass selbst die Toiletten an Bord undicht sind, sorgte später für beißenden Spott.

Insgesamt gilt der A400M als eines der größten Pannenprojekte in Europa. Von den 174 bestellten Maschinen sind bislang gerade einmal zehn ausgeliefert worden. Und die verfügen noch nicht einmal über alle gewünschten Fähigkeiten. Der Abwurf von Lasten oder von Fallschirmjägern etwa ist noch nicht möglich, soll aber nachgerüstet werden. Über ein Schutzsystem gegen Raketenangriffe verfügt der Flieger bislang ebenfalls nicht. Durch jahrelange Verzögerungen sind die Kosten zudem enorm gestiegen. Inzwischen liegen sie offiziell bei 25 Milliarden Euro.

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