Abschied im Streit Darum verlässt Schulte-Bockum Vodafone

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Intakte Fassade, Druck im Inneren von Vodafone

Allen Zufriedenheits- und Dankbarkeitsbezichtigungen zum Trotz war es alles andere als eine reibungsfreie Zusammenarbeit. Während in Düsseldorf und London offiziell alle die Harmonie betonten, herrschte hinter der vorgeblich intakten Fassade höchster Druck auf Schulte-Bockum, den ehemaligen Unternehmensberater, der von McKinsey zu Vodafone gekommen war und zuvor die niederländische Vodafone-Tochter geleitet hatte.

Nach dem Krisenjahr 2013/2014, dem schlimmsten in der Vodafone-Geschichte, hatte ein langjähriger Vodafone-Manager gegenüber der WirtschaftsWoche den Deutschland-Chef zum Frontmann auf Abruf erklärt: "Sein Stuhl wackelt."

Denn das Unternehmen, das seit der Übernahme des D2-Netzes von Mannesmann Mobilfunk als bis dahin einziger nennenswerter Konkurrent den Ex-Monopolisten Deutsche Telekom mit dem besseren Netz, der cooleren Marke und dem kundenfreundlicheren Service vom Thron stoßen konnte, war meilenweit von seiner Bestform entfernt.

Probleme mit der Netzstabilität, der Service überlastet, und derart demotivierte und frustrierte Mitarbeiter, dass selbst treue Stammkunden zur Konkurrenz überlaufen, hatten das einst so erfolgreiche Mobilfunkunternehmen in seine tiefste Krise seit Gründung der Deutschlandtochter vor mehr als 20 Jahren gestürzt.

Zu verantworten hatten das damals Schulte-Bockum und Humm gemeinsam. Denn nach dem Antritt des neuen Chefs 2012 hatte der binnen kurzer Zeit nahezu die komplette Deutschland-Spitze des Unternehmens zerschlagen. Die bis dato ebenso starke wie gegenüber der Konzernzentrale gelegentlich widerborstige Führungsmannschaft wurde ausgetauscht.

Vodafone schafft die Trendwende nur fast

Doch statt – wie von London erwartet – die Profitabilität zu verbessern, brach das Geschäft ein. Schulte-Bockum musste im Mobilfunk, bezogen auf das Gesamtjahr einen Umsatzverlust im Mobilfunk-Servicegeschäft von 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr an die Zentrale melden, parallel dazu einen Rekordverlust von 1,6 Millionen Kunden gegenüber dem Vorjahr. In diesem Sog rutschten auch Umsatz und operativer Gewinn stark ab. "Wenn es in den kommenden Monaten keine Trendwende gibt, ist Schulte-Bockum nicht mehr zu halten", kommentierte damals ein hochrangiger Manager des Kommunikationsriesen die Entwicklung.

Die Trendwende scheint inzwischen zumindest geschafft. Der Umsatzrückgang ist zumindest gebremst: Ohne die mittlerweile erfolgte Integration des Breitbandanbieters Kabel Deutschland, schrumpfte der Mobilfunk-Serviceumsatz im vergangenen Jahr nur noch um 3,2 Prozent. Der Umsatz im Festnetz – ohne Kabel – fiel nur noch um 2,1 Prozent, nach einem Minus von 6,3 Prozent im Vorjahr. Die Kundenflucht scheint auch gestoppt.

Im vergangenen Geschäftsjahr legte die Zahl der Vertragskunden wieder um eine knappe halbe Million zu. "Ich übergebe das Unternehmen in ausgesprochen guter Verfassung", betonte Schulte-Bockum deshalb auf der Bilanz-Pressekonferenz. "Der Aufwärtstrend ist intakt, auch wenn ich daran nicht mehr allzu lange teilhaben werde."

Und auch bei der zwischenzeitlich abgestürzten Qualität des Netzes konnte sich Vodafone wieder berappeln. Eine exklusive Auswertung des renommierten Connect-Netztests für die WirtschaftsWoche ergab Ende vergangenen Jahres, dass sich die Düsseldorfer speziell in der lukrativen Zielgruppe der Business-Kunden wieder deutlich an den Qualitätsführer, die Deutsche Telekom herangearbeitet haben.

Das Ziel, wieder den Titel des "besten Netzes" zu gewinnen, scheint inzwischen wieder in greifbare Nähe gerückt. Das Schulte-Bockum selbst die begehrte Trophäe entgegen nimmt, gilt indes seit heute als ausgeschlossen.

Mutterkonzern mit Problemen

Auch unabhängig von den Etwicklungen in Deutschland steht Vodafone weiter unter Druck. Beim Londoner Mutterkonzern sanken die Erlöse im Geschäftsjahr 2014/15 um 1,6 Prozent auf 38,5 Milliarden Pfund (53,6 Milliarden Euro). Der operative Gewinn ging im Kerngeschäft um knapp sieben Prozent auf 11,9 Milliarden Pfund zurück.

Nach sieben Jahren mit Rückgängen sieht der weltweit zweitgrößte Mobilfunkanbieter nach China Mobile allerdings den Weg für eine Stabilisierung der Gewinne geebnet. Für das Geschäftsjahr 2015/2016 rechnet Vodafone mit einem Ergebnis im Kerngeschäft zwischen 11,5 Milliarden und zwölf Milliarden Pfund (16,6 Milliarden Euro).

Den Briten machten jahrelang vor allem zurückgehende Ausgaben der Verbraucher für die Handy-Nutzung auf europäischen Märkten sowie regulatorische Preissenkungen zu schaffen.

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