Activision und Facebook E-Sport erreicht ein neues Level

Der Spieleriese Activision Blizzard startet einen neuen HD-Videodienst für die boomende Welt des E-Sports. Auf dem Weg zum globalen Medienereignis soll Facebook helfen. Die Werbeindustrie horcht bereits auf.

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Die Branche hat nach Ansicht von Experten ein gewaltiges Potenzial. Quelle: AFP

San Francisco Das Potenzial von E-Sports ist gewaltig. Schon heute schauen rund 230 Millionen meist junge Menschen regelmäßig oder gelegentlich Übertragungen der Spiele-Wettbewerbe an, die hinter herkömmlichen Sport-Events kaum zurückstehen. Der Spieleriese Activision Blizzard („Call of Duty“, „World of Warcraft“) will nun mit einer neuen Plattform noch größere Zielgruppen erschließen – unter anderem die 1,6 Milliarden Facebook-Nutzer.

Die neue Plattform, die sich direkt gegen Anbieter wie Googles Videokanal Youtube oder Amazons Spielesender Twitch wendet, wurde am Donnerstag auf der US-Leitmesse für digitale Werbung. Activision Blizzard Media Networks (ABMN) will nicht nur digital ausgetragene Turniere in HD-Qualität übertragen, sondern über eingebaute künstliche Intelligenz die Zuschauer mit zusätzlichen Informationen über die Teams, den Turnierverlauf oder Liga-Statistiken versorgen. Vertriebspartner ist Facebook. Das soziale Netzwerk, in das sich jeden Monat über eine Milliarde Nutzer einloggen, ist längst eine gigantische Werbeplattform, die praktisch alles über ihre Mitglieder weiß.

Daneben wird es eigene Shows und „After-Show-Events“ mit Gästen und Kommentatoren geben, wie man sie heute bei Football- oder Fußball-Großevents kennt. „E-Sports ist ein kulturelles Phänomen, das gerade beginnt abzuheben“, sagt Mike Sepso, Senior Vice President von ABMN, im Gespräch mit dem Handelsblatt. Als erstes Großevent wird das neuen Netzwerk die „Anaheim Open“ in Kalifornien am 10. Juni übertragen. Die zweitätige Veranstaltung dreht sich um den Spielehit „Call of Duty: Black Ops III“, eines der weltweit am meisten verkauften Videogames überhaupt. Dies markiert auch en Einstieg von Facebook in die Partnerschaft.

Bis 2019 wird sich die Zahl nach Schätzungen der auf die Branche spezialisierten Marktforscher von Newzoo auf 417 Millionen vergrößern. Damit hat Newzoo seine bisherigen Schätzungen am Mittwoch deutlich aufwärts korrigiert.

Die junge Industrie kommt so in die Bereiche großer nationaler und internationaler Sport-Ligen wie der Bundesliga oder der US-Football-Liga NFL. Den Super Bowl, das Finale der NFL, sahen im vergangenen Februar zum Beispiel 111 Millionen US-Zuschauer auf den TV-Schirmen.

Die digitale Konkurrenz holt auf: Das große Finale des Multiplayer-Spiels „League of Legends“ wurde vor restlos ausverkauftem Haus in New Yorks Madison Square Garden abgehalten. Dort gibt sich sonst die Rock- und Pop-Elite der Welt die Klinke in die Hand, die größten Box-Events füllen die Halle. Daneben wurde das Finale, bei dem die besten Teams der Welt im K.o.-Verfahren gegeneinander antreten, weltweit im Internet übertragen. Monatlich 70 Millionen Spieler wählen sich mindestens einmal in ihren Account ein, um eine Runde „League of Legends“ zu spielen oder mehr. Die Profis haben es zu ihrem Beruf gemacht, so wie Golfer oder Tennisspieler.


Activison will zum Gaming-Riesen werden

Die schnelle Verbreitung der E-Sports-Turniere ist auf neue Vertriebswege zurückzuführen. Während in den Anfangszeiten etwa in Korea spezialisierte TV-Kabelsender oft im 24-Stunden-Dauerbetrieb Spiele wie „Starcraft“ in die Wohnzimmer brachten, investieren heute die Internet-Riesen massiv in den Bereich. Zu den wichtigsten Anbietern zählen Youtube oder Twitch.tv, ein hochspezialisierter Spiele-Sender, den erst Ende 2014 Amazon für 970 Millionen Dollar übernommen hat, um in diesem Markt Fuß zu fassen. Facebook galt lange als Konkurrent im Bieterkampf um Twitch.tv.

Denn die Kalkulation ist einfach: Während Opa und Papa ins Stadion gehen, um ihre Football-Mannschaft live zu sehen, schauen sich die Teenager und Twens die Spiele ihrer E-Sports-Ligen auf den Spielekonsolen XBox oder Playstation an, oder auf dem Tablet oder Computer-Monitor. Wer diese Zielgruppen werblich erreichen will, wird an den großen Spielenetzen bald nicht mehr vorbeikommen.

Die Aktie von Electronic Arts, Spieleriese aus dem Silicon Valley, sprang am Mittwoch um 14 Prozent auf ein Zehnjahres-Hoch, weil vor allem der Digital-Umsatz mit einem Plus von 18 Prozent massiv ansteigt. Hier betreibt EA unter anderem Dienste wie „Ultimate Team“, wo man sich seine eigene FIFA-Mannschaft zusammenstellen und gegen andere „Teamchefs“ zur Fußball-Weltmeisterschaft antreten kann. Bei Top-Events wie der „Blizzcon“ von Activision Blizzard kommen tausende Spielefans, viele in verrückten Verkleidungen, für ein riesiges Party-Wochenende zusammen, um Finalkämpfen zuzusehen, bei denen die Preisgelder mittlerweile sechsstellige Summen annehmen.

Dan Reed, bei Facebook für globale Sport-Partnerschaften verantwortlich, sagt dazu: „E-Sports wächst kräftig und steigt für uns in der Priorität immer weiter nach oben.“ Facebook hat bereits einen starken Videobereich aufgebaut, der immer weiter gegen Google aufgestellt werden soll. Googles Youtube hatte 2015 bereits einen eigenen Stand auf der weltgrößten Gamingmesse, der E3 in Los Angeles.

Activision bastelt bereits länger an der Strategie für einen Gaming-Medienriesen: Für die Produktion von TV- und Filminhalten für die neuen Kanäle wurden Ende 2015 bereits im Vorfeld die Activision Blizzard Studios gegründet, die der Hollywood-Veteran und frühere Disney-Manager Nick van Dyk leitet. Anfang 2016 kam die Akquisition von Major League Gaming dazu, ein Unternehmen spezialisiert auf die Organisation von E-Sports-Großveranstaltungen.

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