Amazon Echo und Alexa im Dauertest Das soll die Zukunft sein?

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Spion in den eigenen vier Wänden

Klingt wie ein Albtraum für Datenschützer.

Ist es. Dass in der Wohnung ein dauerhaft geöffnetes Mikrofon mit Internetzugang und Direktleitung zu einem Konzerngiganten liegt, bereitet vielen Bauchschmerzen. Intelligente Sprachassistenten, "die mit einem Mikrofon permanent ihre Umgebung 'belauschen'", sehe sie kritisch, warnte die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, schon bei Bekanntwerden der Pläne von Amazon und Google in der WirtschaftsWoche.

"Machen Sie sich bewusst, dass auch Familienmitglieder und Gäste im Raum durch das stetige Lauschen auf einen "Alexa"-Zuruf des Geräts potenziell ausgehorcht und sich damit in Ihrem Persönlichkeitsbereich berührt fühlen könnten", mahnt die Verbraucherzentrale.

Amazon beteuert derweil, dass nur ab dem Aktivierungs-Wort mitgeschnitten und Anfragen an die Server gesendet werden. Außerdem sorge der integrierte Abschaltknopf für die Aufnahme sogar physisch dafür, dass kein Strom mehr zum Mikrofon fließe, und der Nutzer das Gerät auf diese Weise tatsächlich taub schalten könne. Zudem ließen sich ältere, bei Amazon protokollierte Aufzeichnungen, über das persönliche Alexa-Portal auch nachträglich komplett löschen.

Amazons Logistik-Netz in Deutschland

Auf die Beteuerungen muss der Kunde schlussendlich vertrauen. Dennoch gilt: So sehr sich Amazon auch um (Daten-) Sicherheit bemüht, gänzlich ausgeschlossen ist ein Missbrauch der Geräte nicht. Auch wenn die Vorstellung, Hacker könnten den Echo als Wanze nutzen, bisher mehr eine theoretische als eine praktische Bedrohung zu sein scheint – begonnen hat der Angriff aufs Wohnzimmer schließlich längst.

Auch Behörden haben das Potential der Geräte schon für sich entdeckt. Kurz vor Jahresende machte die Meldung die Runde machte, Amazons vernetzter Lautsprecher könne der Polizei im US-Bundesstaat Arkansas vielleicht bei der Aufklärung eines Mordes helfen. Die Ermittler hofften Echo könnte etwas aufgezeichnet haben – und verlangten bei Amazon die Herausgabe von Daten. Bislang sperrt sich der Konzern offenbar. Und ob überhaupt verwertbare Daten vorliegen ist unklar. Zugegeben: Schon der Gedanke ist gruselig.

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Wie lebt es sich denn sonst mit dem Spion in den eigenen vier Wänden?

Erschreckend gut, erschreckend normal. Der Echo reagiert tatsächlich auf die Nennung des Aktvierungswortes. Sofern im Haushalt niemand "Alexa" heißt, springt das Gerät in der Regel nur an, wenn Sie es möchten (alternativ lassen sich die erwähnten Worte "Echo" oder "Amazon" als Aktivierungsbegriff auswählen, andere, persönlichere Worte hingegen nicht).

Fehlalarme sind höchst selten. Das bedeutet aber auch: Man vergisst schnell, dass der Echo im Raum ist. Binnen der mehrmonatigen Testphase hat Alexa die Diskussion über das Ausräumen der Spülmaschine genauso mitgehört wie die Diskussion über das Abschneiden der AfD im aktuellen Deutschlandtrend. Es lässt sich verschmerzen, WENN man darauf vertraut, dass die Sprache TATSÄCHLICH nicht im Hintergrund doch an die Server von Amazon oder eines neugierigen Spitzeldienstes übermittelt werden.

Die Idee, Alexa regelmäßig auszuschalten oder in einen anderen Raum zu tragen, dürfte jedenfalls in dem meisten Fällen reine Illusion bleiben. Wer den Echo in seiner Wohnung aufstellt, gewöhnt sich wirklich schnell an das Gerät.

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