Apple Alles auf Siri

Bei der Entwicklerkonferenz zeigt Apple-Chef Tim Cook, wie ernst es ihm ist mit dem Thema virtueller Assistent. Der Konzern baut Siri zur Plattform aus und öffnet sie für Entwickler.

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Der Apple-Chef baut Siri zur Plattform aus. Quelle: AFP

San Francisco Schon eine halbe Stunde vor Beginn hatten die Gäste das Bill Graham Auditorium mit ihren Selfies abgelichtet und ein Wimmelbild von Apples Wohlfühlwelt bei Instagram und Co. produziert. Im Konzertsaal in der Innenstadt von San Francisco warteten mehr als 5000 Teilnehmer bei bläulichem Licht auf Software, Updates und Lifestyle.

Sie wurden nicht enttäuscht. Die wichtigste Botschaft von Apple-Chef Tim Cook: Es soll noch ein wenig gemütlicher in Cupertinos Kosmos werden. Cook will Sprachassistent Siri zur zentralen Kommunikationsplattform ausbauen, die alle Geräte, Apps und Dienste verbinden soll.

„Wir glauben, dass Technologie die Menschheit auf die nächste Stufe heben und das Leben der Menschen bereichern soll”, fasst der Apple-Chef die Idee in seiner Keynote zusammen. Die entsprechende Software könne sich am Arm, am Schreibtisch oder auf dem Telefon befinden, ganz egal.

Am besten soll der Nutzer Apple gar nicht mehr verlassen, weil das für ihn selbst ja viel bequemer ist und Apple das alles auch besser kontrollieren kann. Dem Nutzer soll gar nicht mehr auffallen, dass er nun permanent hier ist, etwa so wie in Franz Kafkas „Schloss“, nur ohne die schlechte Laune.

Siri soll noch mehr Lebensbereiche steuern als bislang. Schon heute stellen die Nutzer pro Woche zwei Milliarden Anfragen an die virtuelle Assistentin. Damit ist sie laut Apple-Manager Craig Federighi „ein wichtiger Teil davon, wie Nutzer uns wahrnehmen“. Und er fügt hinzu: „Wir sind dazu in der Lage, noch so viel mehr zu machen.“ Alles auf Siri, sozusagen.

Apple öffnet die Anwendung für Entwickler. Der Schritt war von der Szene lange erwartet worden. Auf dem Smartphone soll Siri zentrale Schnittstelle zur Bedienung von Apps werden. Nutzer sollen via Siri Nachrichten über WhatsApp und den chinesischen Konkurrent WeChat versenden oder den privaten Fahrdienst Uber bestellen können. Der Sprachassistent unterstützt weitere Software-Funktionen wie Nachrichten, Notizen oder Termine.

Apple bringt sich so gegen andere Technologie-Konzerne und deren Chatbot-Lösungen in Stellung. Chatbots sind intelligente Computerprogramme, die automatisch mit Menschen kommunizieren können und von einer dahinter liegenden künstlichen Intelligenz befeuert werden. Google zeigte bei seiner Entwicklerkonferenz Allo. Amazon ist schon länger mit Echo im Geschäft.


Evolution von Siri Folgerichtung

Die Evolution von Siri hält Forrester-Analyst Thomas Husson denn auch für folgerichtig. „Apple hat keine Wahl, es muss bei den intelligenten Assistenten aufholen.“ Der Schritt werde helfen, Nutzer länger als bislang in Apples „Ökosystem“ zu halten und das Nutzererlebnis über die Geräte hinweg intuitiver zu gestalten.

Der Idee von absoluter Kontinuität folgt auch das Update für das Betriebssystem OS X, das mit der neuen Version „Sierra“ im Herbst in Mac OS umbenannt wird. Die Software erkennt den Träger einer Apple Watch automatisch, Inhalte von iPhone oder iPad können auf den Screen des Desktops gezogen werden und umgekehrt.

Mit Sierra kommt Siri auch auf den Desktop, Nutzer können via Sprachbefehl durch Dokumente, Kalendereinträge suchen und Playlisten aufrufen. Die Zugänge für Apple TV speichert eine App, damit der Zuschauer nicht mehr jedes Passwort einzeln eingeben muss. Via Siri können Nutzer nach 650.000 Filmen oder Schlagwörtern suchen, wie etwa „High School-Komödien aus den 80ern“.

Mit Siri und weiteren Features will Apple der Maschine in der Hand des Nutzers auch ein menschlicheres Antlitz verleihen. Emojis werden aufgepumpt, nach dem Eintippen einer Nachricht schlägt die Software automatisch Worte vor, die der Nutzer durch die kleinen Bildsymbole ersetzen könnte. Auch handgeschriebene Nachrichten, Zeichnungen und Mini-Videos können verschickt werden.

Ob sich Apple mit der Evolution von Siri gegen Google, Amazon und Facebook durchsetzen kann? Der Suchmaschinenanbieter aus Mountain View dürfte bei den Daten klar vorn liegen, sammelt doch keiner so ausgiebig. Doch beim Design rechnet sich Apple Chancen aus. In Sachen Spaß am Gerät hat man schließlich traditionell so etwas wie ein Hausrecht.

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