Apple-Entwicklerkonferenz Das Dilemma des Erfolgs

Apple überholt seine gesamte Produktpalette und tritt mit einem smarten Lautsprecher gegen Amazon und Google an. Tim Cooks Weiterentwicklungsstrategie funktioniert finanziell — nur die Magie bleibt auf der Strecke.

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Ein Prototyp des Apple HomePod bei der Apple-Entwicklerkonferenz in San Jose. Quelle: REUTERS


Der überraschende Schlussakzent darf in keiner wichtigen Apple-Präsentation fehlen, es ist ein bewährter dramaturgischer Effekt mit langer Tradition. „One more thing“, nannte ihn Apple-Gründer Steve Jobs und erntete mit scheinbar beiläufigen Neuerungen wie dem legalen Herunterladen von Spielfilmen Beifallsstürme seiner Zuhörer. Apple-Chef Tim Cook brauchte am Montagabend bei seiner Eröffnungsrede der weltweiten Entwicklerkonferenz seines Konzerns im kalifornischen San Jose geschlagene zwei Stunden, um den berühmten Paukenschlag zu erreichen.

Die Überlänge war nötig, um die vielen Neuerungen in Apples Produktpalette vorzustellen. Wie am Fließband präsentierten Cook, sein Marketing-Guru Phil Schiller, Software-Chef Craig Federighi und iPad-Chef Greg Joswiak Verbesserungen bei Apple Watch und Apple TV, neue MacBooks, iMacs und iPads, die neuesten Versionen der Betriebssysteme iOS (11) und MacOS (High Sierra). Ausgenommen war nur der Hauptumsatzbringer iPhone, dessen neueste Generation für den Herbst erwartet wird.

Die Magie allerdings, die den Konzern so berühmt gemacht hat, wollte sich nicht einstellen. Auch nicht im Schlussakzent, den Cook „one last thing“ nannte. Eine treffende Beschreibung – leider. Denn das „letzte Ding“ entpuppte sich als ein zylinderförmiger Drahtlos-Lautsprecher namens HomePod, der seinen Klang an den Raum anpassen und mit Hilfe des Digitalassistenten Siri auf Zuruf Musiktitel spielen, das Wetter ansagen und je nach Vernetzungsgrad des Heims das Licht an-und ausschalten kann.

Die iPhone-Evolution

Was den Wettbewerb betrifft, ist Apple spät dran. Amazon hat seinen Echo Lautsprecher mit integriertem Alexa-Digitalassistenten schon seit zwei Jahren im Programm. Google hat im vergangenen Jahr mit Google Home nachgezogen. Ob ihr Sound es mit Apples Konter aufnehmen kann, muss sich zeigen. Doch die Konkurrenz eint, dass ihre Produkte verfügbar und mit Preisen zwischen 129 und 179 Dollar relativ erschwinglich sind.

Musik neu erfinden

Apple, so kündigte Phil Schiller an, wird hingegen 349 Dollar für seinen HomePod verlangen. Das hält Apples Marketingchef schon wegen dessen Klangeigenschaften für preiswert. Der HomePod werde, so assistiert sein Boss Cook dank seiner Fähigkeit Songs vorzuschlagen und zusätzliche Informationen über sie zu liefern, „die Musik neu erfinden“. Mit Lautsprechern hat Apple durchwachsene Erfahrungen. Im Februar 2006 hatte Jobs mit Apple Hifi einen Lautsprecher für iPods für 349 Dollar vorgestellt, der sich nur ein Jahr am Markt hielt. Vor drei Jahren erwarb Apple für drei Milliarden Dollar den Audio-Anbieter Beats Electronics und damit auch Lautsprecher.

Der Vorstoß mit dem HomePod beginnt erst im Dezember und dann auch zunächst nur in den USA, Großbritannien und Australien. Der nichtenglische Sprachraum muss sich vorerst gedulden. Google und Amazon sind auch hier weiter, offerieren auch Deutsch in ihren Heimlautsprechern.

Ein Indiz dafür, dass Apple die Zeit benötigt, um Siri für die neuen Aufgaben fit zu machen. Denn bei den Sprachassistenten hat Apple seinen einstigen Vorsprung verspielt, vor allem Microsofts Cortana und Googles Assistant haben ihn bei Interpretation und Ausführung von komplexeren Sprachbefehlen überholt.

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