Apps und Fitness-Armbänder Angriff auf die Muckibuden

Fitness-Studios in der Klemme: Gesundheits-Armbänder und Apps krempeln die Branche um. Wer trainieren will, kann auf Technik am Körper setzen und muss nicht mehr in die Muckibude.

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Die App kostet zwischen 6,50 Euro und 12 Euro pro Monat. Sie ist aber deutlich günstiger als die durchschnittlich gezahlten 47,12 Euro Monatsbeitrag in einem Fitnessstudio. Quelle: dpa

Düsseldorf Die App für Millionen: In nur zwei Jahren hat „Freeletics“ nach eigenen Angaben mehr als vier Millionen registrierte Nutzer gewonnen – mehr als dreimal so viele wie die Studiokette McFit zahlende Mitglieder hat. Freeletics, ein Münchener Start-up, ist damit nur ein Schreck der Fitnessstudio-Welt.

„Bereits jetzt nutzen 40 Prozent der jungen Erwachsenen digitale Angebote wie Apps, Online-Kurse oder -Tools zum Thema Sport, Bewegung und Ernährung“, erklärt Gregor Hackfort, Sportwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in München. Für eine Studie hat er 533 Personen im Alter von durchschnittlich 30 Jahren zu digitalen Fitness-Angeboten befragt.

Nicht nur Freeletics ist in der Altersgruppe weit verbreitet – 55 Prozent der Befragten kennen die Anwendung. Die österreichische Lauf-App „Runtastic“ ist mit 69 Prozent sogar noch bekannter. Freeletics greift allerdings die Fitness-Studios direkt an. Der virtuelle Coach aus dem Smartphone fordert zu Sprüngen und Liegestützen auf, bietet Ernährungspläne und Coaching.

Die App hat zwar einen stolzen Preis, denn sie kostet zwischen 6,50 Euro und 12 Euro pro Monat je nach Vertragslaufzeit. Sie ist damit aber deutlich günstiger als die durchschnittlich gezahlten 47,12 Euro Monatsbeitrag in einem Fitnessstudio.

Ende des Jahres 2014 zählten Online-Fitnessanbieter einer Studie der Beratungsfirma Deloitte zufolge aber erst 358.000 registrierte Personen – und 64.200 von ihnen zahlten als aktive Nutzer eine Monatsgebühr von fünf bis 15 Euro für digitale Inhalte. Die Nutzer versprechen sich von diesen virtuellen Studios vor allem, unabhängiger, ortsungebundener und flexibler zu trainieren.


Fitnessstudios setzen auf Cybertraining

Im  Hinblick auf 9,1 Millionen Trainierende in deutschen Fitnessstudios seien sie bislang ein Nischenmarkt und keine wirkliche Konkurrenz für die „klassischen“ Studios, so Dustin Tusch von Fitness-Studio-Verband DSSV: „Wir gehen nicht davon aus, dass diese auf lange Sicht eine real existierende Fitness-Anlage ersetzen könnten.“

Dennoch ist auch den Fitnessstudios der Trend zur Digitalisierung der Branche bewusst. Die Fitnesskette „Fitness First“ erwarb 2014 zum Beispiel das Online-Studio „Newmoove“ und erweiterte damit das eigene Geschäftsfeld. Auch andere Studios versuchen mit technischen Neuerungen Kunden zu gewinnen. Ein zukunftsträchtiges Modell scheint Cybertraining zu sein: Es findet zwar in einem lokalen Fitnessstudio statt, allerdings mit einem virtuellen Trainer am Bildschirm.

Der Vorteil: Virtuelle Kurse können rund um die Uhr angeboten und somit auch außerhalb der Stoßzeiten wahrgenommen werden. Eine Mindestanzahl an Teilnehmern ist nicht notwendig, zudem ist die sportwissenschaftliche Qualität oft sehr hoch. „In Deutschland haben sich die Studios auf diese Entwicklung eingestellt, das Cybertraining hat die Branche längst erreicht. Bereits heute bieten es rund 1000 Fitnessstudios an – Tendenz steigend“, unterstreicht Tusch.

Ob das reicht, um die App-Eindringlinge in die Schranken zu weisen, ist aber nicht ausgemacht. Von den Mitgliedern eines Fitnessstudios kann sich auch knapp die Hälfte vorstellen, bei entsprechenden digitalen Angeboten auf die Mitgliedschaft im Studio zu verzichten, so ein Ergebnis der Umfrage von Bundeswehr-Forscher Hackfort.

„Eine der Kernherausforderungen für Studios wird es sein, nachhaltige digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln“, sagt er. Ganze 70 Prozent der ihm Befragten nutzen die digitalen Fitness-Anwendungen Zuhause und im Freien – also nicht im Studio.  Allerdings setzen lediglich drei von zehn Nutzern auf kostenpflichtige Tools.

„Speziell die großen Kettenbetriebe aus allen Segmenten sollten sich digital positionieren“, so Hackfort. Dazu gehören Online-Applikationen und Tools zur Trainingssteuerung und -dokumentation. Die Digitalisierung komme dann nicht nur den Kunden, sondern auch den Studios selbst zugute – durch stärkere Kundenorientierung und den Zugang zu wertvollen Kundendaten.

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