Atos kauft Gemalto Franzosen wollen Weltmarktführer bei Cybersicherheit werden

Der IT-Dienstleister Atos will für 4,3 Milliarden Euro den Chipkartenhersteller Gemalto schlucken. Die Franzosen nutzen dabei aus, dass das ehemalige Technologie-Juwel seit einigen Monaten in Schwierigkeiten steckt.

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Gemalto ist einer der führenden Hersteller in dem Bereich. Quelle: Reuters

Paris Es kommt Begegnung in den französischen Informatikmarkt. Der französische IT-Dienstleister Atos, Konkurrent von IBM, hat am Dienstag ein Übernahmeangebot für den niederländischen Chipkartenhersteller Gemalto vorgelegt. Er will dafür insgesamt 4,3 Milliarden Euro investieren. Der Aufschlag auf den Schlusskurs der Aktie vom Montagabend beträgt damit rund 36 Prozent. Gemalto ist stark bei Karten für sichere Bezahlungssysteme. Das Unternehmen bezeichnete das Angebot als unerbeten, will es aber bis Ende der Woche prüfen.

„Atos und Gemalto haben dieselbe DNA. Wir sind beide Ingenieure“, betonte Atos-Chef Thierry Breton bei einem Mittagessen mit Journalisten in Paris. Die Aktivitäten und Märkte ergänzten sich. „Dieses Angebot erlaubt es, einen Weltmarktführer der Technologie und Cybersicherheit zu schaffen.“ Breton, ehemaliger Wirtschaftsminister unter Jacques Chirac, sieht den Bereich als Zukunftsmarkt: „Daten werden immer wichtiger und man muss sie schützen.“ Wichtigster Atos-Aktionär ist mit rund zwölf Prozent der deutsche Siemens-Konzern.

An der Börse kam die Offerte extrem positiv an. Die Gemalto-Aktien legten am Dienstag zeitweise um fast 34 Prozent zu und erreichten damit beinahe den Preis, den Atos pro Aktie geboten hat: 46 Euro. Innerhalb eines Jahres sind die Papiere allerdings um 15 Prozent gefallen. Auch die Atos-Aktie legte am Dienstag um sechs Prozent zu.

Atos ist nicht verschuldet und kann sich den Kauf erlauben. „Wir sind finanziell stabil“, erklärte Breton. Der Konzern ist schon länger auf Beutezug. 2011 kaufte Atos die Siemens-IT-Tochter SIS. Seit der Übernahme verzeichnet die Sparte hohes Wachstum und ist auch in den USA und Asien präsent. Atos ist spezialisiert auf Zahlungstransaktionen, Beratungs- und Technologiedienstleitungen, Systemintegration und Outsourcing-Dienstleitungen. Gemalto dagegen stellt unter anderem Chip- und Magnetstreifenkarten wie SIM-Karten für Handys, Kreditkarten sowie Gesundheitskarten her.

Atos habe schon länger ein Auge auf Gemalto geworfen und gewartet, dass der Kauf günstiger wurde, erklärte Breton. Das ehemalige Technologie-Juwel ist seit einigen Monaten in Schwierigkeiten. Das Unternehmen, das unter holländischem Recht steht, aber von Frankreich aus geführt wird, ist durch Einnahmenverluste auf seinen beiden historischen Märkten in der Krise – im Bereich der SIM-Karten und der Bankkarten, vor allem in den USA. Der Markt geht zurück, allein im letzten Quartal um 25 Prozent.

Die mobilen SIM-Karten, die in Mobiltelefonen eingesetzt werden, könnten durch integrierte Karten ersetzt werden – und es ist nicht klar, ob Gemalto auf dem Markt wieder mitspielen darf. Im dritten Quartal gingen die Einnahmen in dem Bereich um zwölf Prozent zurück. Breton setzt auf neue Partnerschaften, um das Geschäftsfeld wieder anzukurbeln.

Die Wachstumsmärkte wie Cybersicherheit können das Minus noch nicht ausgleichen. Gemalto hat vier Gewinnwarnungen innerhalb eines Jahres ausgesprochen. Die Gruppe hat einen Sparplan über 50 Millionen Euro angekündigt und will zehn Prozent der Stellen in Frankreich abbauen. Breton betonte deshalb, man habe das Angebot „früher als geplant“ bekanntgegeben, um die Investoren zu beruhigen. „Wir finden das gewählte Timing von Atos sehr geeignet“, betonte Analyst Emmanuel Matot von Oddo.

Trotz aller Probleme gilt Gemalto immer noch aus interessant. In diesem Jahr dürfte der Umsatz stabil bei 3,1 Milliarden Euro liegen und der Konzern dürfte auf 293 bis 323 Millionen Euro Resultat kommen. Atos müsste sogar zwölf Milliarden Euro Umsatz erreichen.

Bisher sieht zumindest der Hauptaktionär von Gemalto, die französische Staatsbank Bpifrance, die acht Prozent hält, das Angebot positiv. Weitere Aktionäre sind große Investmentfonds wie die US-Riesen Blackrock oder Fidelity und der Versicherer Aviva, die zwischen zwei und drei Prozent halten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Atos noch mehr drauflegen muss, heißt es allerdings schon in Frankreich.

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