Augen auf im App-Store Das große Geschäft mit den Kopien

Nachbauten erfolgreicher Spiele-Apps ist zu einem ebenso erfolgreichen Geschäftsmodell geworden. Die Methoden der Hersteller sind nicht immer sauber. Und bei mancher Hülse tappt der Nutzer in die Abzockfalle.

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Das sind die Herkunftsländer der Plagiate
Sie haben die Maschinen einfach unerlaubt nachgebaut, Mitarbeiter mit Spezialwissen abgeworben oder Industriespionage betrieben: Produktpiraten machen den deutschen Maschinenbauern das leben schwer. Im Rahmen einer Umfrage gaben von 337 befragten deutschen Maschinenherstellern 71 Prozent an von Produktpiraterie betroffen zu sein. Produktpiraterie zeichnet sich vor allem durch hohe Entwicklungskosten für den Betroffenen und geringe Nachbaukosten für den Stehlenden aus. Die Nachahmer sind dabei meist wenig zimperlich und sie kommen aus der ganzen Welt. Eine Übersicht.Quelle: VDMA Studie Produktpiraterie 2014 Quelle: dpa
Platz 10: RusslandMeistens fällt es den betroffenen Unternehmen selbst auf, in anderen Fällen machen Kunden darauf aufmerksam oder aber man steht erst auf der nächsten Messe vor einem Produkt, das dem eigenen nachempfunden ist. Zwar schützen sich die Unternehmen durch Anmeldung von Schutzrechten, einer sorgfältigen Auswahl von Partnern und strenge Geheimhaltung vor Plagiaten - aber es hilft nicht immer. Fünf Prozent der befragten Unternehmen gaben an, im letzten Jahr Marken- oder Produktpiraterie aus Russland zum Opfer gefallen zu sein. Im Vorjahr waren es nur vier. Quelle: AP
Platz 9: PolenAuch in Polen wird etwas mehr plagiiert: Sechs Prozent der VDMA-Unternehmen haben schon Erfahrungen mit Nachahmern aus diesem Nachbarstaat gemacht. Das Bild vom Nachbarland verschlechtert sich. Bei der Vorgänger-Studie aus dem Jahr 2012 waren es nur fünf Prozent. Quelle: dpa
Platz 8: USADie USA sind aus Sicht der deutschen Maschinenhersteller nicht nur ein Ort der Innovation, sondern auch der Imitation . Sieben Prozent der Maschinen- und Anlagenbauer haben schlechte Erfahrungen mit unzulässigen Kopien gemacht. Quelle: Fotolia
Platz 7: SüdkoreaNur noch acht Prozent der Unternehmen machten im letzten Jahr Nachahmungen ihrer Produkte aus Korea aus. In der Vorgängerstudie war das ostasiatische Land noch von zwölf Prozent der Unternehmen genannt worden. Quelle: dpa/dpaweb
Platz 6: TaiwanEin Zehntel der deutschen Maschinenhersteller gab bei der Befragung 2014 an, von Plagiateuren aus dem Inselstaat Taiwan nachgeahmt worden zu sein. Quelle: AP
Platz 5: ItalienVor unerlaubten Nachbauten aus Italien haben deutsche Firmen nicht ohne Grund Angst: Mit 15 Prozent sehen sich viele Maschinenbauer von Plagiaten aus Italien bedroht - 2012 waren es noch 13 Prozent. Quelle: dpa

Es begann mit einem kleinen Vogel, der nicht gegen Röhren fliegen durfte. Dann wurde das Spiel „Flappy Bird“ zu einem Hit für Smartphones und schoss an die Spitze der App-Charts. Es folgten unzählige Nachahmer. Ob Fische, Schweine, Ponys oder sogar eine „Flappy Dragqueen“ - meist wurde der Vogel einfach ausgetauscht. Noch Wochen nachdem sein Erfinder das Spiel aus den Download-Plattformen entfernt hatte, überschwemmten „Flappy Bird“-Klone die App-Stores.

Das Nachbauen von Apps hat sich zu einem eigenen Markt entwickelt. Abkupfern spart Zeit und verspricht schnelles Geld. Der Markt für mobile Spiele ist groß: Nach Zahlen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) daddeln mittlerweile allein in Deutschland fast 21 Millionen Menschen auf Smartphones oder Tablets. Gleichzeitig gibt es mehr Konkurrenz. Die Berliner Spielefirma Wooga schätzt, dass jeden Monat etwa 1000 neue Spiele auf den großen App-Plattformen auftauchen. Wer da einen Hit landen will, braucht eine gute Idee, Zeit, Geld und viel Glück. Die Versuchung, sich einfach in den Windschatten einer beliebten App zu hängen, sind groß.

Die Nachahmer nutzen verschiedene Methoden. Manche kopieren einfach das Aussehen oder den Namen einer App und hoffen auf einen Verwechslungseffekt. Andere tauschen Werbebanner durch eigene aus und verdienen so an ihrer Kopie. Oder sie schleusen mit den geklonten Apps Schadsoftware auf die Geräte. Einmal installiert, werden im Hintergrund Daten ausgespäht oder überteuerte Textnachrichten verschickt.

Das Grundproblem sei, dass der Programmcode einer App relativ leicht zugänglich sei, sagt Candid Wüest. Er analysiert für die Sicherheitssoftware-Firma Symantec Bedrohungen im Internet. Die Programm-Bausteine der Apps zu finden, „ist eine Sache von fünf Minuten“, sagt er. Und es brauche keine großen Programmierkenntnisse, um sie in Details zu verändern und als neue App auf den Markt zu bringen. Im Internet kursieren die Anleitungen. Vor allem Android-Apps seien davon betroffen, sagt Wüest. „Bei Apple werden Apps rigoroser geprüft. Zudem gibt es nur einen Markt für iOS-Apps. Bei Android-Apps gibt es viele.“ Und gerade über die vielen kleinen Download-Shops kommen oft bösartige Apps auf die Geräte.
Plagiate schädigen Ruf der Original-Entwickler

Sich inspirieren zu lassen, ist natürlich nicht verboten. Viele Künstler - ob in Musik, Malerei oder bei Spielen - hatten Vorbilder. „Im Grundsatz gilt: Ideen sind frei. Nachahmen ist nicht generell verboten“, sagt Maximilian Schenk, Geschäftsführer des BIU. Doch auch Programmierer haben Urheberrechte, deswegen gebe es Grenzfälle. Wer ein Datenpaket einfach kopiere, handle womöglich rechtswidrig.

Das schadet den ursprünglichen Entwicklern. „Für die Original-Entwickler hat ein Plagiat natürlich einen großen Nachteil: Sie verlieren Umsatz und vielleicht sogar ihren guten Ruf“, sagt Tobias Arns vom Branchenverband Bitkom. Die Erfinder des Zahlenspiels „Threes“, die sich über eine Welle von Nachahmer-Apps ärgerten, appellieren an das Gewissen der Nutzer: Sie gewähren im Netz Einblicke in ihren monatelangen Entwicklungsprozess, dessen Ergebnisse in kürzester Zeit kopiert wurden.

Die Spielefirma Wooga erklärt, Mitarbeiter entdeckten immer wieder Spiele, die zu nah an den eigenen Entwicklungen seien. Das melden die Entwickler dann den Plattformbetreibern von Google oder Apple. Die Erfolgsaussichten seien in der Regel gut, dass ein Klon über kurz oder lang entfernt werde.

Allerdings ist manchmal gar keine Kopie notwendig, um Nutzer zu täuschen. Die App „Virus Shield“ schoss vor kurzem auf den ersten Platz der Downloadcharts - bei einem Preis von 3,99 Dollar. Der Virenschutz schien denkbar einfach zu funktionieren. War ein Haken zu sehen, sollte das Smartphone sicher sein. Das Problem: Die App war gar kein Virenschutz, wie die Technik-Webseite „Android Police“ beschreibt. Ihre einzige Funktion: Sie konnte einen Haken anzeigen.

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