Bahlsen und RTL Zu viel Keks im Dschungelcamp

Wie viel Werbung ist im Dschungel erlaubt? Ein Gericht hat entschieden: Eine allzu offensive Produktplatzierung der Bahlsen-Marke „Pick up“ im RTL-Dschungelcamp war unzulässig. Erfolg hat die Kampagne dennoch.

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Der Kölner Privatsender RTL hat die Grenzen der Produktplatzierung in der Erfolgsserie „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“ verletzt. Quelle: dpa

Düsseldorf Reis und Bohnen, das sind die Hauptzutaten der Mahlzeiten, die die Teilnehmer der RTL-Sendung „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ in den zwei Dschungelwochen zu sich nehmen. Morgen, mittags, abends. So mancher Dschungelcamper soll nach dieser asketischen Lebensart Reis und Bohnen ein für alle Mal von seinem Speiseplan gestrichen haben. Umso größer ist die Freude, wenn die RTL-Mitspieler in einer Schatztruhe, vergraben im australischen Dschungel, Schokoriegel der Marke „Pick up“ finden, die der Werbepartner Bahlsen dort geschickt platzieren ließ. Die Freude reicht so weit, dass so mancher unterzuckerte und ausgehungerte Camper die Bahlsen-Riegel wie eine Trophäe in die Luft reckte. Schokofreude in Reinnatur.

Darf das sein? Sind das noch erlaubte Produktplatzierungen im deutschen Fernsehen? Der brisanten Frage, ob der Kölner Privatsender RTL bei einer 2014 ausgestrahlten Folge des Dschungelcamps Bahlsen-Riegel stärker als erlaubt hervorgehoben hat, ging am Donnerstag das Verwaltungsgericht Hannover nach. Sein Urteil: Nein, darf man nicht.

Ganze 96 Sekunden lang hatten die Camp-Bewohner im Fernsehen von der Schokoladenbelohnung geschwärmt. Der Werbezweck einiger dieser Szenen habe zu sehr dominiert, sagte der Vorsitzende Richter der 7. Kammer, Michael-Rainer Ufer. In den fraglichen Sekunden äußerten sich die Kandidaten im Camp zeitversetzt aus einer Interviewkabine heraus abermals zu den Riegeln, die sie als Belohnung erhalten hatten. Das Gericht sah darin „eine übertriebene verbale Lobpreisung“. Die Riegel spielten quasi eine Hauptrolle.

Die Niedersächsische Landesmedienanstalt hatte RTL zuvor eine unzulässige Produktplatzierung in der betreffenden Folge vorgeworfen. RTL klagte gegen eine entsprechende Beschwerde der Anstalt. Das Gericht musste in seiner Verhandlung vor allem die Frage klären, ob der Riegel in dem Sendungsgeschehen eine Hauptrolle übernommen hatte. Denn für die Produktplatzierungen gelten durchaus Grenzen. So heißt es im Rundfunkstaatsvertrag zunächst einmal: „Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig.“

Doch für die Produktplatzierung sind Ausnahmen möglich. Auf drei Dinge kommt es an: Werbetreibende Unternehmen dürfen keinen Einfluss auf die Redaktion geben, die Produktplatzierung darf nicht allzu plump zum sofortigen Kauf von Waren oder Dienstleistungen animieren, und das Produkt darf nicht zu stark in den Vordergrund der Handlung gebracht werden.

Bahlsens Marketingchef Kamran Wührmann hat den Keksriegel auch schon in andere TV- und Filmproduktionen vermittelt: In dem Kinoknüller „Fack ju Göhte“ mit Elyas M'Barek fand er seinen Platz in einem Snackautomaten, in dem ein Schüler eingesperrt worden war. „Pick up“ trat in einem Musik-Video des DJ-Duos „Gestört aber Geil“ auf. Und auch Schauspieler und Produzent Matthias Schweighöfer hat Bahlsen als Werbepartner und gab dem Schokoriegel in dem Kinofilm „Schlussmacher“ einen Platz.

Das Engagement des Herstellers im Dschungelcamp läuft bereits im fünften Jahr. In diesem Jahr hatte RTL sogar ein eigenes kleines Studio für den Kekshersteller eingerichtet, damit dieser an jedem zweiten Tag einen tagesaktuellen Spot dazu drehen konnte. Nach Angaben des Kölner Marktforschungsunternehmens Yougov hat sich die aufwendige Kampagne gelohnt: In der Gesamtbevölkerung hatte die Bahlsen-Marke „Pick up“ ihre Werbewahrnehmung im Vergleich zu den Wochen vor dem Dschungelcamp verdoppelt. Zwölf Prozent der Befragten erinnerten sich derzeit an „Pick up“-Werbung, heißt es in dem Brand-Index von Yougov.

Der wahre Erfolg zeige sich allerdings darin, dass zehn Prozent der Dschungel-Fans angeben, in letzter Zeit „Pick up“ gekauft zu haben. 18 Prozent zögen es in Betracht, den Keksriegel zu kaufen. Unter denjenigen, die die Sendung nicht gucken, liegen die Werte nur bei fünf respektive neun Prozent. Die Werbung erreiche ihr Ziel, resümieren die Marktforscher.

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