BBC soll reformiert werden Verjüngungskur für die alte Tante

Die britische Regierung will die BBC reformieren: Der Traditionssender soll effizienter und transparenter werden. Offenbar schaltete sich der britische Premier Cameron persönlich in die Debatte ein.

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Nach Skandalen um Verschwendung und Intransparenz verordnet die britische Regierung der BBC ein Reformprogramm. Quelle: Reuters

London Einige Wünsche sind offenbar von ganz oben gekommen: Großbritanniens Premier David Cameron hat sich Medienberichten zufolge persönlich in die Debatte um die Reform der Traditionsinstitution BBC eingemischt. Er will demnach, dass die Regierung künftig einen beträchtlichen Teil eines neuen BBC-Führungsgremiums bestimmt und die frühere Financial-Times-Managerin Rona Fairhead an die Spitze rückt.

Das verlängert jetzt die Liste der Reibungspunkte im ohnehin schon gespannten Verhältnis zwischen der BBC und der Regierung gesorgt und sorgt für neue Debatten um die Unabhängigkeit der „alten Tante“, wie viele Briten die 94 Jahre alte Institution nennen. Hauptauslöser dafür sind die Reformpläne der Regierung, die Camerons Medienstaatssekretär John Whittingdale am Donnerstag vorgestellt hat. Damit verfolgt die Regierung in erster Linie zwei Ziele: Die Lenkung der BBC soll vereinfacht werden – durch die Einführung eines neuen übergreifenden Boards, das Schluss machen soll mit dem Nebeneinander verschiedener Gremien. Parallel dazu soll die Rundfunkanstalt transparenter werden, wenn es um die Honorare ihrer Stars geht – und auch effizienter, um mit weniger Geld auszukommen.

In den vergangenen Jahren hat eine Reihe von Affären Zweifel an den Führungsstrukturen der BBC aufgeworfen und die Reputation beschädigt. So kam vor etwa vier Jahren heraus, dass der inzwischen verstorbene Entertainer Jimmy Savile, der einst zu beliebtesten BBC-Moderatoren zählte, über lange Zeit hinweg Kinder missbraucht hat. Erschwerend kommt in diesem Fall hinzu, dass die BBC kritische Berichte der eigenen Journalisten verhindert hat.

Dem Sender wird außerdem ein zu verschwenderischer Umgang mit Gebührengeldern vorgeworfen. So musste Generaldirektor Tony Hall zugeben, 100 Millionen Pfund für ein Digitalprojekt verschwendet zu haben. Dabei war Hall eigentlich als Sparkommissar angetreten.

Die nationale Institution kommt daher um Veränderungen nicht herum. Die Regierung will, dass künftig mindestens die Hälfte der Direktoren in dem neuen Führungsgremium von der Rundfundanstalt selbst ernannt wird und der andere Teil von der Politik. Das geht der BBC jedoch zu weit. Die Rundfunkanstalt will, dass die Regierung nur zwei der insgesamt voraussichtlich zwölf bis 14 Mitglieder bestimmt: den Chairman und seinen Stellvertreter. Generaldirektor Hall kündigte daher am Donnerstag an, man werde die Diskussion mit der Regierung in der Sache fortsetzen. „Es ist unerlässlich für die Zukunft der BBC, dass die Unabhängigkeit in jeder Beziehung erhalten bleibt.”

Die Reform sieht ebenfalls vor, dass die BBC den Namen aller Mitarbeiter veröffentlicht, die auf ein Jahreseinkommen von 450.000 Pfund (umgerechnet 570.000 Euro) und mehr kommen. Der Sender müsse sich der Öffentlichkeit gegenüber stärker erklären, begründete Whittingdale den Schritt. Die Rundfunkgebührenzahler müssten wissen, wofür ihr Geld ausgegeben werde. Diese Auflage könnte jedoch dazu führen, dass einige populäre Moderatoren, die ihre Vergütung eigentlich nicht öffentlich machen wollen, sich einen anderen Arbeitgeber suchen – so die Befürchtung der BBC.


„Die bedeutendste Reform seit der Gründung“

Die Regierung will zudem, dass künftig die Medien- und Telekommunikationsaufsicht Ofcom die BBC reguliert und der britische Rechnungshof die Bücher prüft. Der Sender bezeichnete die Entscheidung, Ofcom die Aufsicht zu übertragen, als „die bedeutendste Reform“ seit seiner Gründung. „Wir glauben, das ist richtig“, teilte die BBC mit, meldete gleichzeitig aber Zweifel an dem Rechnungshof als Buchprüfer an. Redaktionelle Entscheidungen müssten davon ausgenommen werden – ebenso Teile des BBC-Reichs, die sich nicht durch öffentliche Gelder finanzieren.

Einige umstrittene Reformideen, die ursprünglich in der Debatte waren, hat der Sender dagegen offenbar in harten Verhandlungen mit der Regierung abwenden können. Die Rundfunkanstalt muss nicht, wie von einigen befürchtet, Sparten wie BBC Worldwide verkaufen.

Die Reformvorschläge, die am Donnerstag öffentlich gemacht werden, bestätigten zudem einen Finanzierungsdeal, auf den sich beide Seiten bereits im vergangenen Jahr geeinigt haben. Demnach bekommt die BBC 3,7 Milliarden Pfund pro Jahr an Rundfunkgebühren. Diese sollen in den nächsten fünf Jahren wieder mit der Inflation steigen, nachdem sie fünf Jahre eingefroren waren. Zusätzlich bekommt der Sender eine Entschädigung der Regierung dafür, dass über 75-Jährige von Rundfunkgebühren befreit wurden. Unter dem Strich schätzt die BBC aber, dass sie am Ende mit einem um etwa zehn Prozent niedrigeren Budget auskommen muss.

All die Reformvorschläge sollen nach dem Willen der Regierung in die so genannte „Royal Charter“, die Rechtsgrundlage für die BBC, fließen. Diese soll elf Jahre gelten und nach der Hälfte der Zeit überprüft werden. Lord Waheed Alli – ein Fernsehmanager, der für die Labour-Partei im Oberhaus sitzt – hat das Reformpapier der Regierung für die BBC als „tickende Zeitbombe“ bezeichnet. Einige verwegene Ideen seien zwar begraben worden, aber die Vorschläge, an denen die Regierung festhalte, könnten noch immer massiven Schaden anrichten. Die Überprüfung der „Royal Charter“ nach der Hälfte der Laufzeit etwa führe dazu, dass die Rundfundanstalt politische Sanktionen fürchten müsse. Das seien Schritte, die die BBC in die Nähe eines Staatssenders bringen könnten.

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