Bertelsmann Medienkonzern steckt Milliarden in neue Märkte

Bertelsmann hat 2016 einen Rekordgewinn erzielt. Nun will Konzernchef Thomas Rabe in Länder wie Brasilien, China und die USA expandieren. Dafür nimmt der Medienriese aus Gütersloh mehrere Milliarden Euro in die Hand.

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Der Medienkonzern hat im abgelaufenen Jahr dank florierender Geschäfte seiner Fernsehtochter RTL, im Musikrechtehandel sowie bei Technologie- und Logistikdiensten einen Rekordgewinn eingefahren. Quelle: dpa

Berlin Der Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann will bis 2020 mehrere Milliarden Euro in seine Geschäfte investieren. Bei der internationalen Expansion werde er den Blick neben Brasilien, Indien und China besonders auf die USA richten, kündigte Vorstandschef Thomas Rabe am Dienstag in Berlin an.

Bertelsmann hat im abgelaufenen Jahr dank florierender Geschäfte seiner Fernsehtochter RTL, im Musikrechtehandel sowie bei Technologie- und Logistikdiensten einen Rekordgewinn eingefahren. Das Betriebsergebnis kletterte im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Der Nettogewinn legte um 2,6 Prozent auf gut 1,1 Milliarden Euro zu. Die Konzernerlöse schrumpften dagegen um 1,1 Prozent auf knapp 17 Milliarden Euro, unter anderem wegen eines Umsatzrückgangs beim Buchverlag Penguin Random House.

In den vergangenen vier Jahren hat der Konzern bereits mehr als drei Milliarden Euro in neue und digitale Geschäfte investiert. Die Wachstumsgeschäfte machen heute einen Anteil von knapp 30 Prozent am Konzernumsatz aus, mittelfristig soll er auf 40 steigen. Zu den Investitionen gehört eine Online-Akademie, ein Online-Videovermarkter und ein Mode-Netzwerk. Der Wandel des Unternehmens geht rasant: Als Thomas Rabe seinen Chefposten vor fünf Jahren einnahm, lag der Anteil der Wachstumsgeschäfte bei 20 Prozent.

In diesem Jahr wird Bertelsmann allerdings eine größere Investition in einem Bereich tätigen, den die wenigsten bislang als reinrassigen Wachstumsbereich identifiziert haben: Konzernchef Rabe will den Anteil an Penguin Random House, dem weltgrößten Buchverlag, aufstocken. Der britische Mitgesellschafter Pearson will sich von seinem Anteil trennen. Bücher sind zwar seit 182 Jahren das Kerngeschäft des Gütersloher Unternehmens, doch große Wachstumsphantasien entfacht dieses Segment bei den wenigsten.

Banken sollten nun den genauen Wert ermitteln, den Rabe für den gesamten weltgrößten Buchverlag auf mehr als zwei Milliarden Euro bezifferte. „Ich erwarte Klarheit über die Bewertung nicht vor Sommer dieses Jahres.“ In den Büchern stehe Penguin Random House mit 2,4 Milliarden Euro, das sei aber lediglich ein bilanzieller Wert, sagte Rabe.

Es bleibe dabei, dass Bertelsmann seinen Anteil von 53 Prozent auf bis zu 70 bis 75 Prozent erhöhen und für den Rest einen Partner gewinnen wolle. Dieser müsse ein langfristiges Interesse an einer Zusammenarbeit und ein Faible für die Buchbranche haben. „Ich sage nicht, dass er dieselbe Leidenschaft für das Verlegen von Büchern haben muss, aber eine Leidenschaft wäre vorteilhaft.“ Kurzfristig orientierte Finanzinvestoren kommen nicht infrage, wie Rabe durchblicken ließ.


Wende bei Gruner + Jahr ist geschafft

Trotz eines Rückgangs von Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr zählt Rabe Penguin Random House zum Kerngeschäft. Neu verhandelte Konditionen mit Amazon waren eine Ursache dafür, dass der Umsatz der Tochter um 9,6 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro zurückging. Der Betriebsgewinn schrumpfte mit 3,6 Prozent auf 537 Millionen weniger stark.

Schon lange ist das Buchgeschäft nicht mehr die stärkste Säule im Bertelsmann-Reich. Diese Rolle haben die beiden Töchter RTL Group und der Dienstleister Arvato übernommen. Die TV-Tochter RTL Group hatte bereits vor drei Wochen ihre glänzenden Zahlen präsentiert: Im vergangenen Jahr erhöhte die Bertelsmann-Tochter den Umsatz um 3,4 Prozent auf 6,24 Milliarden Euro. Das Ebitda stieg um knapp vier Prozent auf 1,41 Milliarden Euro. Das Vorsteuerergebnis der RTL Mediengruppe Deutschland kletterte um 3,1 Prozent auf 705 Millionen Euro.

Der Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr hat darüber hinaus die Wende geschafft. Dank wachsender Digitalerlöse gelang im vergangenen Jahr nach einer mehrjährigen Durststrecke wieder ein Plus beim operativen Gewinn (Ebitda) von 4,6 Prozent auf 137 Millionen Euro. Beim Umsatz verbuchte das Hamburger Verlagshaus („Stern“, „Brigitte“, „Geo“) nach deutlichen Einbrüchen in den Vorjahren nur noch einen Rückgang von knapp 2 Prozent auf 1,51 Milliarden Euro. Das wachsende Digitalgeschäft besonders in den Kernmärkten Deutschland und Frankreich machte Umsatzverluste durch Verkäufe der Verlagstöchter in Österreich und Spanien wett.

Bertelsmann hält seit 2014 alle Anteile an dem Hamburger Verlag. Seitdem treibt der Verlag den digitalen Umbau, aber auch den Ausbau seines Magazin-Angebotes mit neuen Titeln wie „Barbara“ und „Stern Crime“ voran.

Zum ersten Mal präsentierte Bertelsmann seine Jahreszahlen in der neuen Unternehmensstruktur, die acht verschiedene Bereiche ausweist. Die Musiksparte BMG, der Bildungsbereich Bertelsmann Education Group und auch die Bertelsmann Investments sind seit Anfang 2016 eigenständig und werden eigene Zahlen ausweisen.

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