Bill McDermott "Daten gehören den Kunden – auch in China"

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Weg von herkömmlicher Software hin zur Cloud

SAP kann also nicht deshalb weniger Leute einstellen, weil der Vorstand zu viel verdient hat?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wie alle Unternehmen unserer Größe hat SAP von Zeit zu Zeit die Tendenz, viele Mitarbeiter für unterstützende Funktionen einzustellen – das ist der einzige Bereich, in dem wir die Einstellungen jetzt zurückgefahren haben. Wir tun das nicht für einen höheren Bonus, sondern, um das Unternehmen fokussiert zu halten.

Eine Ihrer wichtigsten Aufgaben als CEO von SAP war der Umbau weg von herkömmlicher Software hin zu Internetanwendungen aus der Cloud. Ist diese Mission erfüllt?
Nein, sie ist noch nicht beendet, aber wir haben enorme Fortschritte gemacht. Heute können wir die Geschäftsprozesse wirklich jedes Unternehmens komplett in der Cloud abwickeln – angefangen bei der Echtzeit-Datenbank Hana bis hin zur SAP-Unternehmenssoftware. Es liegt nur noch am Wunsch des Kunden, wie schnell und wie umfassend er seine IT in Richtung Cloud verlagern will.

Und wann werden alle SAP-Kunden komplett in die Cloud abgewandert sein?
Über die Geschwindigkeit entscheiden nicht wir. Viele Unternehmen wollen das Rechenzentrum für die Cloud selber betreiben. Und manche Firmen wollen gewisse Teile ihrer IT gar nicht in die Cloud verlagern. Unsere Aufgabe ist es, den Kunden Möglichkeiten zu bieten.

SAP und die wichtigsten Wettbewerber im Überblick.

Deutsche Kunden fürchten um ihre Datenhoheit. Lange Zeit haben sie sich deshalb gegen den Cloud-Trend gesperrt. Haben Sie die inzwischen bekehrt?
Wir stellen auch in Deutschland eine erhöhte Nachfrage nach Cloud-Produkten fest. Parallel beobachten wir ein großes Interesse an Cloud-Rechenzentren, die hierzulande betrieben werden. Von diesem Bedürfnis nach Datensicherheit profitieren wir stärker als jeder andere Anbieter in dem Geschäft. Denn als deutsches Unternehmen vertrauen uns die Kunden. Und wir haben für jeden von ihnen das passende Angebot.

In China müssen Sie neuerdings selbst die Daten deutscher Unternehmen, die dort Geschäfte machen, in Rechenzentren in dem Land halten. So manch ein Großkunde hat Sorge, diese könnten bei der Regierung landen. Können Sie auch in China Datensicherheit garantieren?
Es gibt keinerlei Hintertüren in SAP-Software. Wer unsere Technologie nutzt, kann sicher sein, dass ausschließlich er selbst Zugriff auf die Daten hat. Die Daten gehören nicht uns, sondern unseren Kunden. Dafür stehen wir als SAP. Auch in China.

Das Geschäft mit Daten und Algorithmen wird weltweit immer mehr zum Topthema der Industriepolitik. In Deutschland dreht sich hingegen fast alles um die Autobranche, wie man im Wahlkampf wieder sieht. Fokussieren sich deutsche Politiker noch auf die richtigen Wirtschaftsthemen?
Deutschland hat herausragende Politiker, allen voran Kanzlerin Angela Merkel. Zudem sticht Deutschland im Vergleich mit vielen anderen Ländern dadurch hervor, wie gut und professionell es regiert wird. Da kann man wirklich stolz drauf sein ...

... meinen Sie das im Vergleich zu den USA?
Ich vergleiche Deutschland mit der ganzen Welt. Das Land ist ein signifikanter Spieler in der Weltwirtschaft. Auf die gut laufende Wirtschaft, auf die erfolgreichen Produkte und auf die Exportstärke kann Deutschland stolz sein.

Gilt das auch für die Techbranche? Außer SAP hat Deutschland trotz Techboom keinen weiteren Exportmeister hervorgebracht.
Ich bin kein Politiker. Aber ebenso wie eine gute Führungskraft in der Wirtschaft, sollte man auch in der Politik anerkennen, dass Technologie nicht mehr nur das Geschäft unterstützt, sondern selber ein gigantisches Geschäft geworden ist. Jeder Politiker muss heute die herausragende Bedeutung von Informationstechnologie, Digitalisierung und Industrie 4.0 erkennen, um gewählt zu werden.

Hat Kanzlerin Merkel das?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe sie mehrfach getroffen und mit ihr darüber gesprochen. Sie ist eine exzellente Vordenkerin in Sachen Technologie. Ihr ist sehr bewusst, welche Bedeutung Themen wie Industrie 4.0 und die Digitalisierung haben, um die Produktivität und die globale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern – sowohl für Deutschland als auch für die EU insgesamt.

Dafür benötigt Deutschland eine funktionierende Infrastruktur. Beim Ausbau von Glasfaser, Grundvoraussetzung für Anwendungen der Industrie 4.0, hinkt Deutschland aber allen Industrienationen hinterher. Das muss Sie als SAP-CEO doch beunruhigen?
Ich stimme zu, das ist ein Problem. Es zu lösen erfordert Investitionen und eine gute und rasche Umsetzung – aber letztlich hat jedes Land solche Herausforderungen. Es würde mich jedenfalls wundern, wenn diese Themen nicht ganz oben auf den Listen aller Politiker in Deutschland stünden.

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