Bitcoin Es ist egal, wer Satoshi Nakamoto ist

Der Erfinder des Bitcoin hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto wollte sich offenbaren. Doch Beweise fehlten. Zum Wohl des Bitcoin: Satoshi muss unerkannt bleiben.

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Transfervorgang. Quelle: AP

Es sollte ein globales Medien-Spektakel werden: Video-Interviews auf der Website der BBC, Online-Texte beim Economist, ein Interview im Hochglanzmagazin von GQ. Der Australische Wissenschaftler und Unternehmer Craig Steven Wright hatte es hervorragend inszeniert. Mit der BBC und dem Economist hatte er zwei weltweit anerkannte Institutionen überzeugen können, ihnen Beweise dafür zu liefern, dass er Satoshi Nakamoto sei. Der Erfinder des Bitcoin und Autor des Konzeptpapiers zur Kryptowährung, das 2008 im Internet veröffentlicht wurde.

Niemand hat ihn je bewusst getroffen. Lediglich per E-Mail hatte er Kontakt zur Außenwelt. 2011 gab Satoshi dann bekannt, er werde sich neuen Dingen zuwenden, nicht mehr dem Bitcoin. Seit dem rätselt alle Welt, wer er ist.

Schon im Winter waren Informationen in Umlauf geraten, die für viele Medienvertreter Hinweise liefern sollten, Wright sei der geniale Geist hinter dem Bitcoin. Sie entpuppten sich als wenig stichhaltig. Einige sprechen gar von einem Betrugsversuch.

Warum die Enthüllung nun so viel Aufmerksamkeit erregt?

Nakomoto hat Großes geschaffen

Nicht nur greift die digitale Währung Bitcoin die staatliche Kontrolle der Geldschöpfung an. Jeder kann theoretisch mit einem eigenen Computer daran teilhaben, Bitcoins zu errechnen. Auch die technische Infrastruktur dahinter, die Blockchain, gilt als revolutionär. Sie gibt jedem Teilnehmer im Bitcoin-Netzwerk vollständigen Einblick in alle Transaktionen, die jemals in Bitcoin abgewickelt wurden. Verändern können einzelne Teilnehmer dieses Register nicht, alle Eintragungen müssen vom gesamten Netzwerk verifiziert werden. Nakamoto hat Großes geschaffen mit seinem Konzeptpapier. Kein Wunder also, dass alle Welt sich danach sehnt, die Person dahinter zu enthüllen.







Seit Wochen rumorte es in der Bitcoin-Szene, viele erwarteten ein Outing. Nur die Person, die sich als Satoshi outen würde, wurde weiter heiß diskutiert. Einige meinten, Nick Szabo müsse der Erfinder des Bitcoins sein. Der US-Wissenschaftler und Kryptografie-Experte hatte mit Bitgold an einem Vorläufer zum Bitcoin geforscht. Bislang kein Grund für ihn, sich deshalb als Nakamoto zu outen. Andere glaubten, der Australier Craig Wright würde sich outen. Oder er hätte zumindest Zugriff auf Nakamotos privates Bitcoin-Konto, weil etwa sein verstorbener Freund David Kleiman hinter dem Pseudonym Nakamoto stecke.
Wieder andere glauben weiterhin an ein Forscherkollektiv hinter dem Bitcoin.







Nun versuchte Wright in der vergangenen Woche tatsächlich Beweise vorzulegen, die ihn als Nakamoto enthüllen. Das ließe sich etwa beweisen, in dem er auf die ersten jemals erzeugten Bitcoins zugreifen würde. Oder dadurch, dass er Texte oder Nachrichten entschlüsseln kann, wie es nur Nakamoto mit seinem privaten Schlüssel innerhalb des Bitcoin-Netzwerks könnte.

Wright transferierte vor den Augen der Reporter von BBC und Economist keine Bitcoins, er versuchte ihnen durch das Signieren und Entschlüsseln eines Textes den Nachweis zu liefern. Das Vorgehen dazu veröffentlichte er auch auf seinem Blog.

Kein finaler Beweis

Doch binnen Stunden nach der Veröffentlichung zerrissen die Kryptografie-Experten der Bitcoin-Community seinen Beweis. Wright hatte ihrer Meinung nach keinen soliden Beweis geliefert. Auch Reporter des Economist schrieben, es blieben Fragen offen. Einzig die Äußerungen von Gavin Andresen, Chefentwickler der Bitcoin Foundation, die sich um den Erhalt des Netzwerks kümmert, verwirrte: Er hatte Wright in London getroffen, bevor der an die Presse ging, und sich zeigen lassen, dass er Nakamoto sei. Und Andresen war überzeugt.

Da ihm niemand nach seiner Demonstration glaubte, kündigte Wright an, in dieser Woche nun unwiederbringlich Beweise dafür zu liefern, dass er Nakamoto ist. Endlich.

Wo Kunden mit Bitcoins zahlen können



Die Karte zeigt die Verbreitung aller Händler weltweit, die Zahlungen mit Bitcoins akzeptieren

Daten: Coinmap.org; Satoshilabs // Stand: Januar 2015



Wright konnte den finalen Beweis nicht erbringen. Vielleicht ist er Nakamoto, wer weiß. Aber wahrscheinlicher: Er ist es nicht. Was lernen wir daraus? Seit Jahren versucht alle Welt zu enthüllen, wer hinter Satoshi Nakamoto steckt. Bislang jedes Mal vergeblich.

Zu Recht. Denn: Der ganze Charme hinter dem Bitcoin ist sein demokratischer Ansatz. Keine Zentralbank steuert die Geldmenge – sondern der Bitcoin-Code. Nur die Gemeinschaft könnte diesen Code und somit Geldmenge und das Konzept des Bitcoins verändern. Kein übermächtiger Notenbankchef à la Mario Draghi hat in der Blockchain Einfluss auf die Entwicklung der Digitalwährung.

Jeder Teilnehmer stellt Rechenleistung zum Netzwerk zur Verfügung. Alle haben gleichen Einfluss. Theoretisch. Natürlich ist auch aus dem Bitcoin mittlerweile ein Geschäft geworden, in großen Rechenzentren schürfen Unternehmen die Coins, keine Privatperson kann mehr – wie in den Anfangstagen – lukrativ eigene Bitcoins erzeugen. Auch müssen technische Probleme dringend gelöst werden, das Netzwerk hält der Datenmenge nicht mehr stand.

Und dennoch: Ein unbekannter Satoshi Nakamoto tut dem Bitcoin gut. Er verkörpert die Idee der Kryptowährung. Keine einzelne Person sollte dieser Idee vorstehen. Das würde dem Bitcoin nur schaden. So sank der Kurs nach der ersten Veröffentlichung Wrights auch gleich um drei Prozent. Die Community glaubte ihm nicht. Sie wird niemandem glauben. Zu hoch ranken sich die Mythen um Nakamoto. Keine Person wird ihnen genügen können. Es werden immer Zweifel an der Identität bestehen, zu kompliziert sind die technischen Hintergründe.

Zu viel ließe sich beim Beweis manipulieren. Der private Zugang von Nakamoto könnte gestohlen worden sein. Jetzt, nachdem Wright gescheitert ist mit seiner Enthüllung, hat der Wert des Bitcoin sich erholt und liegt auf dem Ausgangsniveau vor dem Medienspektakel. Satoshi Nakamoto hat etwas Geniales geschaffen. Vielleicht wird sein Bitcoin nicht mehr viele Jahre existieren. Aber die Grundlage für stabilere und noch weiter verbreitete Kryptowährungen hat er geschaffen. Wer auch immer er ist. Lasst ihn in Frieden ruhen.

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