Deutschland ruht im Sommer- und Hitzeloch – ganz Deutschland? Von wegen – zumindest im Nordbadischen dürften aktuell noch der eine oder andere ins Schwitzen geraten: Denn die SAPler geben derzeit noch den Präsentationen und Pressemitteilungen für Mittwoch den letzten Schliff: Am Vormittag werden nämlich SAP-Vorstandschef Bill McDermott und Finanzchef Luka Mucic die Zahlen des weltgrößten Anbieters von Unternehmenssoftware für das zweite Quartal 2016 vorlegen.
Wie in den Vorquartalen werden sich die Augen von Aktionären, Finanzanalysten und Marktbeobachter vor allem auf einen Aspekt konzentrieren: Bleibt die Wachstumsmaschine Cloud intakt? Oder anders ausgedrückt: Ist der Aufstieg in die Wolken des Walldorfer Konzerns auch zwischen April und Juni mit unvermittelter Geschwindigkeit weitergegangen?
Die Messlatte ist jedenfalls hoch: Allein im ersten Quartal kletterten die Erlöse mit Cloud-Anwendungen – also Software, die Unternehmen nicht selber installieren, sondern die SAP per Internet-Zugriff bereitstellt – um satte 35 Prozent auf 680 Millionen Euro. Dies entspricht immerhin bereits einem Anteil von gut 14 Prozent vom Gesamtumsatz zwischen Januar und März in Höhe von 4,7 Milliarden Euro.
Vor- und Nachteile von Cloud Computing
Wer all seine Informationen in einer Cloud speichert, ist vom Anbieter abhängig. Sollte der sich möglicherweise nur unzureichend um seine Kunden kümmern, ist ein Wechsel zu einem anderen Anbieter meist schwierig, da die Datenmengen groß sind. Ein weiteres Problem: Für den Fall, das ein Anbieter pleite geht, gibt es keine klaren Regelungen. Erst wenn es Standards gibt, die einen Anbieterwechsel ermöglichen, sinkt die Abhängigkeit.
Dienstleister, die Clouds anbieten, beschäftigen sich in der Regel intensiv mit dem Thema Datenschutz. Allerdings sind große Datenmengen auch immer ein attraktives Ziel für Hacker. Die Auslagerung der eigenen Daten in eine Cloud bedeutet somit auch immer einen Kontrollverlust.
Die Menge des Speicherplatzes im Netz kann flexibel angepasst werden. Benötigt man mehr Speicherplatz, kann man einfach die angemieteten Kapazitäten erhöhen, anstatt sich teure Hardware kaufen zu müssen.
Der Administrationsaufwand sinkt, wenn man eine Cloud benutzt. Da die Installation auf dem eigenen Computer entfällt und auch Updates von den Cloud-Anbietern durchgeführt werden, kommt es hier zu einer großen Zeitersparnis.
Wer mit einer Cloud arbeitet, kann flexibel auf Daten zugreifen. Dabei spiel der Ort keine Rolle. Sowohl von Smartphones, als auch von Tablets und Computern aus können die Informationen abgerufen werden.
Wie rasant das Cloud-Geschäft der Walldorfer wächst, beweist ein Blick nur zwei Jahre zurück: In den ersten drei Monaten 2014 erlöste SAP in der Internet-Wolke erst 219 Millionen Euro – damit haben sich die Umsätze in jenem Zeitraum gut verdreifacht. Gemessen am Umsatz lag das Cloud-Geschäft im ersten Quartal 2014 erst bei gut sechs Prozent.
SAP schlägt sich in der Cloud besser als Oracle
Damit haben sich die Walldorfer beim Gang in die Cloud deutlich besser geschlagen als etwa der Konkurrent Oracle: Zwar stiegen die Erlöse des US-Konzerns mit Internet-Softwarediensten im jüngsten Geschäftsquartal mit 49 Prozent auf 859 Millionen Dollar sogar noch stärker als bei SAP.
Gemessen am Umsatz im vierten Quartal in Höhe von 10,59 Milliarden Dollar kommt die Oracle-Cloud aber erst auf einen Anteil von acht Prozent. Folglich lautet hier die wichtigste Frage: Kann McDermott seinen Erzrivalen, den Oracle-Gründer und Chairman Larry Ellison, auch weiterhin auf Abstand halten?
Mindestens ebenso spannend ist aber ein Blick auf das Stammgeschäft rund um die SAP Business Suite, ein Programmpaket zur Steuerung aller Abläufe im Unternehmen wie etwa Personalwesen, Buchhaltung und Finanzbuchhaltung. Denn hier deutete sich bereits im ersten Quartal dieses Jahres Ungemach an: Seinerzeit schrumpften die sogenannten Lizenzerlöse immerhin um 13 Prozent.
Support-Erlöse sind der heilige Gral
Das Problem dabei: Trotz des Schwenks des Geschäftsmodells in Richtung Cloud Computing mit monatlichen Mieteinnahmen sind Software-Lizenzen, welche die Unternehmenskunden traditionell in einem Block vorab entrichten, immer noch ein wichtiger Indikator dafür, wie gut ein Software-Unternehmen dasteht.
Schließlich ziehen die Lizenzerlöse über mehrere Jahre stabile und gut berechenbare Support-Erlöse nach sich: Im so genannten Enterprise Support, einem speziellen Wartungsmodell der SAP, blättern die Kunden immerhin stolze 22 Prozent der Lizenzkosten hin – pro Jahr wohlgemerkt. Weil die Supportumsätze dank guter Automatisierung zudem hochprofitabel sind, stellen sie gewissermaßen den heiligen Gral jedes Anbieters von Unternehmenssoftware da.
Folglich ziehen rückläufige Softwarelizenzen aber in den Folgejahren auch weniger Support-Erlöse nach sich – eine gefährliche Abwärtsspirale droht, wenn es einem Softwarekonzern nicht gelingt, den Einbruch direkt bei den Lizenzen zu stoppen. Folglich ruht das Hauptaugenmerk von Analysten und Beobachtern hier vor allem darauf, wieviel vermeintlich langweilige Software-Lizenzen zwischen April und Juni dieses Jahres SAP verkaufen konnte.
Hohe Investitionen ins Cloud-Geschäft
Und last but not least blicken Investoren natürlich gerne auf die sogenannte Bottom Line; also darauf, was SAP unterm Strich bei seinen Verkäufen über die verschiedenen Vertriebswege und Geschäftsmodelle verdient – sei es zur Miete per Cloud, sei es traditionell „on premise“ auf den Rechnern im Unternehmen installiert.
Hier litten die Walldorfer zuletzt unter sinkenden Margen – auch das ein Resultat des rasanten Schwenks in Richtung Cloud: Denn das Internet-Geschäft drückt auf die Profitabilität, da SAP kontinuierlich kleinere Umsätze über die Laufzeit verbuchen muss, nicht eine große Summe vorab.
Dazu kommen hohe Anfangsinvestitionen in das Cloud-Geschäft, etwa in eigene Rechenzentrumskapazitäten. Anleger erwarten hier vom SAP-Management Aussagen darüber, wie das Ausbalancieren der verschiedenen Geschäftszweige in Zukunft das Ergebnis beeinflusst.
Vielleicht kann dabei ja auch ein komplett neues Geschäftsfeld helfen: Wie die „WirtschaftsWoche“ Ende Mai exklusiv berichtete, erweitert SAP sein Geschäft künftig um den Verkauf von Daten und Apps. Dieses in der Sparte SAP Digital gebündelte Angebot soll in einigen Jahren bereits fünf Milliarden Dollar schwer sein. Bisher weisen die Walldorfer jene Umsätze nicht gesondert aus – möglicherweise beginnen sie ja am Mittwoch damit.