Computerspielbranche Mit dem Staat ins nächste Level?

Kein Brot durch Spiele: Computerspiele sind Milliardengeschäft, von dem deutsche Unternehmen aber nur wenig profitieren. Das will der Branchenverband BIU ändern – mit einer gesetzlichen Förderung.

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Ob mit Virtual-Reality-Brille oder ohne – Computerspiele sind ein Massenmedium. Quelle: dpa

Berlin Bei der weihnachtlichen Bescherung werden Computerspiele und Konsolen zu den beliebtesten Geschenken zählen, und auf dem PC oder Tablet-Computer vertreiben sich inzwischen auch viele aus der Generation Ü50 mit „Angry Birds“ oder „Diamond Dash“ die Zeit. Trotzdem ist vielen deutschen Herstellern nicht zum Feiern zumute: Sie haben mit Problemen zu kämpfen. Goodgame Studios plant einen Kahlschlag, auch Gameforge und Wooga entlassen Mitarbeiter. Und zuletzt vermeldete auch Daedalic Entertainment Einsparungen, weil die Lage „bescheiden und düster“ sei.

Für Maximilian Schenk sind diese Schlagzeilen eine Bestätigung. Er ist Geschäftsführer des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), also Lobbyist der hiesigen Hersteller. Ihre Schwäche führt er auf die schlechten Rahmenbedingungen in Deutschland zurück: „Die Standorte um uns herum graben uns mit staatlicher Produktionsförderung die Budgets ab.“ Deswegen hat sein Verband jetzt einen konkreten Vorschlag gemacht, wie der Staat die Computerspielebranche fördern soll.

„Entwurf eines Modells zur steuerlichen Förderung von kulturell wertvollen interaktiven elektronischen Werken“, steht über dem Papier, das Schenk Mittwochabend in Berlin vorgestellt hat. Ziel sei es, die Entwicklung in Deutschland mit Steueranreizen attraktiver zu machen, sagte Schenk dem Handelsblatt: „Bei der Produktion entfallen bis zu 80 Prozent des Budgets auf die Arbeitskosten – es geht uns also auch um die Förderung von Kreativjobs.“

Der Entwurf sieht vor, dass Unternehmen 25 Prozent der anrechenbaren Aufwendungen für die Spieleentwicklung von ihrer Steuerlast abziehen können – ist die Förderung höher als die Forderung des Finanzamtes, sollen sie den darüber hinausgehenden Betrag ausgezahlt bekommen. Die Höchstgrenze für diesen „Kulturförderbonus“ liegt bei fünf Millionen Euro pro „Werk“.

In Anspruch nehmen können ihn alle Firmen, die in einem deutschen Studio die Erstellung des Spiels „verantwortlich leiten und prägen lassen“ – auch internationale Konzerne mit Niederlassungen in Deutschland. Mindestens 50 Prozent der Entwicklungskosten sollen aber hier entstehen, mindestens ein Drittel der Kreativen hier wohnen.


Vor der Förderung steht der „Kulturtest”

Allerdings sollen nicht alle Titel pauschal gefördert werden: Der BIU schlägt einen „Kulturtest“ vor. Grundvoraussetzung ist, dass das Spiel wenigstens ab 18 Jahren in Deutschland erhältlich ist. Eine Produktion soll außerdem beispielsweise „typisch deutsche Motive, Ideen etc.“ aufgreifen, aber auch „deutschen Spieltraditionen entsprechen“ und sie weiterentwickeln. Für jedes einzelne Kriterium werden nach der Vorstellung des BIU Punkte vergeben. Dass die Produktionen „pädagogisch wertvoll“ sein sollen, wie es etwa in der Ausschreibung des Deutschen Computerspielpreises heißt, steht übrigens nicht in dem Katalog.

„Computerspiele sind anders als Kunstformen wie Oper und Ballett, wir müssen die Förderung daher anders zuschneiden“, sagte Schenk dem Handelsblatt. Dabei zähle nicht nur das, was am Bildschirm passiere. So gebe es Genres, die in Deutschland beliebt seien und von hiesigen Entwicklern geprägt würden, etwa Aufbausimulationen und Strategiespiele. Auch das Anti-Kriegs-Spiel „Spec Ops: The Line“ zählt Schenk dazu. In vielen Spielen ist Gewalt ein Stilmittel – der Verband will es nicht pauschal von der Förderung ausschließen.

Die Kosten des Gesetzes taxiert der BIU im ersten Jahr auf zwölf Millionen Euro – oder so viel wie die Villa von Thomas Mann in Kalifornien, die die Bundesrepublik jüngst gekauft hat. „Wir gehen aber davon aus, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen deutlich darüber liegen, weil die Hersteller mehr Produktionsbudgets akquirieren werden“, sagte Schenk. Es ist die Hoffnung aller Wirtschaftsförderer: Das investierte Geld verdient von selbst.

Ob es um Elektroautos, erneuerbare Energie oder Computerspiele geht: Die Branchenlobbys fordern schnell Subventionen, um den Markt in Schwung zu bringen. „Die Medienproduktion ist ein Risikogeschäft – sie ist eine Mischung aus Kunst und Handwerk“, sagt BIU-Geschäftsführer Schenk. Der Produktionsaufwand sei dabei inzwischen so hoch, dass sich die Entwicklung für einen nationalen Markt in der Regel nicht rentiere – erst recht nicht in Deutschland. „Wir wollen deswegen die Branche in die Lage versetzen, aus sich heraus wieder große Budgets nach Deutschland zu holen“, begründet er die Forderung.

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