Cyberangriffe auf Banken Der gute Ruf ist schnell ruiniert

Immer wieder nehmen Hacker Banken ins Visier. Beim Krisenmanagement kann einiges schieflaufen. Dann ist das Vertrauen von Kunden, Anteilseignern und Aufsichtsbehörden in Gefahr. Wie es besser geht.

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Quelle: Fotolia

Nehmen wir als fiktives Datum den 23. März 2016 – ein Tag vor Gründonnerstag. Es ist 16:05 Uhr und bei den Banken A und B herrscht Wochenendstimmung.*

Die schlecht vorbereitete Bank A verdeutlicht das negative Szenario A:

Der Mitarbeiter V. ist gedanklich schon mit seiner Freizeit beschäftigt. Eilig bearbeitet er die letzten Mails und klickt auf eine angehängte Word-Datei mit dem Namen Rechnung.Von ihm unbemerkt nistet sich hierbei ein bis dato unbekannter und auf Banksysteme spezialisierter Trojaner in das Netzwerk des Geldhauses ein.

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Durch die Ausnutzung von Software-Schwachstellen, so genannten zero-day-exploits, und einen unzureichenden Aktualisierungstand des Bankenkernsystems erlangt die Schadsoftware Zugriff auf Kundenkonten und ist in der Lage, internationale Überweisungen durchzuführen. Kurz vor dem Annahmeschluss für Aufträge werden insgesamt mehrere Millionen Euro von zahlreichen Konten über das EURO-Land Zypern auf die Britischen Jungferninseln überwiesen. Der weitere Weg des Geldes ist mangels Kooperation der internationalen Banken und Behörden nicht mehr nachzuvollziehen.

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Mitarbeiter M. bemerkt kurz vor Feierabend eine Auffälligkeit im IT-System der Bank und versucht die IT-Hotline zu erreichen, was jedoch zu keinem Erfolg führt. Auch die Vorgesetzten des Mitarbeiters befinden sich bereits auf dem Weg ins lange Wochenende. M. geht nach Hause und denkt sich: „Es wird schon nicht so schlimm sein. Bislang ist ja auch nichts passiert in der Bank.“

Am 29. März häufen sich die Gerüchte, dass ein Computervirus das System der Bank infiltriert hat. Die IT-Abteilung hat zwischenzeitlich ebenfalls mehrere Indizien für ein Ereignis.

Nach einer anfänglichen Ratlosigkeit erkennt man nun Handlungsbedarf. Doch was ist zu tun? Welche Meldewege gibt es? Ist der Vorstand zu informieren? Ein einheitliches Meldesystem sieht die Bank A nicht vor. Notfallpläne sind schon lange nicht mehr auf den aktuellen Stand gebracht worden. Für ein Krisenmanagement wurde bislang kein Bedarf gesehen.

Es wird ein provisorischer Krisenstab gebildet. Das Krisenmanagement funktioniert nicht, da die Abläufe und das Zusammenspiel nicht bekannt sind. Parallel tauchen vor dem Hintergrund der gerade überwundenen Finanzmarktkrise am Markt Gerüchte auf, dass die betroffene Bank durch den massiven Mittelabfluss in eine Liquiditätsklemme geraten sein könnte.

Die größten Hacker-Angriffe aller Zeiten
Telekom-Router gehackt Quelle: REUTERS
Yahoos Hackerangriff Quelle: dpa
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Ebay Quelle: AP
Mega-Hackerangriff auf JPMorganDie US-Großbank JPMorgan meldete im Oktober 2014, sie sei Opfer eines massiven Hackerangriffs geworden. Rund 76 Millionen Haushalte und sieben Millionen Unternehmen seien betroffen, teilte das Geldhaus mit. Demnach wurden Kundendaten wie Namen, Adressen, Telefonnummern und Email-Adressen von den Servern des Kreditinstituts entwendet. Doch gebe es keine Hinweise auf einen Diebstahl von Kontonummern, Geburtsdaten, Passwörtern oder Sozialversicherungsnummern. Zudem liege im Zusammenhang mit dem Leck kein ungewöhnlicher Kundenbetrug vor. In Zusammenarbeit mit der Polizei gehe die Bank dem Fall nach. Ins Visier wurden laut dem Finanzinstitut nur Nutzer der Webseiten Chase.com und JPMorganOnline sowie der Anwendungen ChaseMobile und JPMorgan Mobile genommen. Entdeckt wurde die Cyberattacke Mitte August, sagte die Sprecherin von JPMorgan, Patricia Wexler. Dabei stellte sich heraus, dass die Sicherheitslücken schon seit Juni bestünden. Inzwischen seien die Zugriffswege jedoch identifiziert und geschlossen worden. Gefährdete Konten seien zudem deaktiviert und die Passwörter aller IT-Techniker geändert worden, versicherte Wexler. Ob JPMorgan weiß, wer hinter dem Hackerangriff steckt, wollte sie nicht sagen. Quelle: REUTERS
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Kunden und sonstige Stakeholder sind durch die mediale Berichterstattung und „Horrorgeschichten“ in den Sozialen Medien verunsichert. Viele Kunden, die selbst nicht betroffen sind, kündigen ihr Vertragsverhältnis. Der Reputationsschaden für das Bankhaus ist massiv.

Die gut vorbereitete Bank B verfügt über ein angemessenes Notfall- und Krisenmanagement und verdeutlicht das positive Szenario B:

Auch hier herrscht Vorfreude auf das lange Wochenende. Allerdings konnte der Computervirus bei dieser Bank ebenfalls erfolgreich in das System eingebracht werden. Frau L., die im Zahlungsverkehr tätig ist, stellt eine Auffälligkeit fest und informiert die IT. Die IT ist zunächst ratlos, eskaliert das Ereignis aber vorsorglich an das Notfallmanagement. Problematik und Brisanz des Ereignisses werden zügig erkannt.

Bedingt durch den monetären Schaden sowie den drohenden Reputationsschaden aktiviert das Notfallmanagement den Krisenstab. Auf die wesentlichen Maßnahmen ist die Bank vorbereitet. Eine Strategie für die Krisenkommunikation ist vorhanden.

Häufige Trainings machen sich nun bezahlt: Die Abläufe des Krisenmanagements funktionieren einwandfrei. Das Management informiert die betroffenen Kunden und weitere wesentliche Stakeholder wie Aufsichtsbehörden und Refinanzierungspartner adressatengerecht.

Insbesondere die zur Zahlungsfähigkeit der Bank zur Verfügung gestellten Informationen sind so überzeugend, dass keine Marktgerüchte entstehen. Durch die offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden verläuft die Kooperation auch in diesem Fall reibungslos. Das gute Krisenmanagement dieser Bank hat dazu geführt, dass kein Vertrauensverlust beziehungsweise Reputationsschaden entstanden ist.

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