Deutsche Telekom Warum Höttges den Neustart wagt

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Mobilfunk gut, Festnetz schlechter

Vor einem Neuanfang steht auch der kommende Deutschlandchef Wössner. Dabei hat Vorgänger van Damme im Mobilfunk im ersten Halbjahr 2017 die besten Zahlen in der Geschichte der Telekom abgeliefert. Er habe „mit einem Marktanteil von 37,3 Prozent den größten Abstand aller Zeiten zu Vodafone realisiert“, heißt es lobend in einer internen Quartalsanalyse.

Dafür läuft es im Festnetz umso schlechter. Hier muss Wössner einen gefährlichen Trend stoppen. Die immer schnelleren Internetanschlüsse der konkurrierenden Glasfaseranbieter und TV-Kabelnetzbetreiber sorgen dafür, dass die Telekom zu wenig Neukunden gewinnt. Mit 13 Millionen DSL-Kunden und einem Marktanteil von knapp über 40 Prozent liegt die Telekom bundesweit zwar immer noch auf Platz eins. Doch in Ballungszentren ist der Kundenschwund so groß, dass ihr Marktanteil auf Werte zwischen 18 und 30 Prozent gefallen ist.

In Hamburg etwa hat das Duo der beiden Regionalanbieter Wilhelmtel und Willytel schon so viele Kunden angelockt, dass die Telekom heute nur noch jeden fünften Kunden versorgt. In München hat Dorit Bode, Geschäftsführerin der Stadtwerke-Tochter M-Net, angekündigt, dass sie noch in diesem Jahr Marktführer werden will. In Köln beansprucht die Stadtwerke-Tochter Netcologne mit insgesamt 240.000 Glasfaserkunden die Führungsposition schon seit ein paar Jahren für sich.

Selbst Lockangebote von monatlich 19,95 Euro im ersten Jahr helfen der Telekom bisher wenig. Im ersten Halbjahr hat sie die Planvorgaben beim Netto-Neukundenzuwachs nicht erreicht. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass sie ihr 2015 ausgerufenes Ziel von 13,6 Millionen Breitbandkunden bis Ende 2018 ebenfalls verfehlen wird. 600.000 Neukunden müsste die Telekom in den kommenden 15 Monaten netto dazugewinnen. Solch eine Aufholjagd ist nicht mehr zu schaffen. „Breitband ist noch nicht auf Zielkurs“, räumt das Unternehmen selbst in einer internen Bilanzanalyse ein.

Ähnlich schwach läuft das prestigeträchtige TV-Produkt Entertain, mit dem die Telekom das zeitversetzte Fernsehen im Wohnzimmer etablieren will. Trotz Runderneuerung und Wechsel des Technologielieferanten erobert die konzerneigene TV-Plattform bisher nicht den Massenmarkt. Pro Jahr gewinnt die Telekom lediglich 200.000 Kunden hinzu – viel zu wenig, um das angestrebte Ziel von weit über vier Millionen Kunden bis Ende 2018 noch zu erreichen.

Verantwortung dafür trägt auch Höttges. Die Strategie, den Bau von echten Glasfasernetzen bis in die Gebäude hinauszuzögern und die technischen Möglichkeiten der alten Kupferkabel so lange wie möglich auszureizen, trägt seine Handschrift. Dass die Kunden nun zum schnelleren Netz der Konkurrenz überlaufen, hat er so nicht erwartet. In seinen bislang nicht korrigierten Hochrechnungen reicht ein 200-Megabit-Anschluss für einen Vier-Personen-Haushalt bis einschließlich 2025 aus, doch die Konkurrenz bietet mehr.

Vielleicht bringt Wössner eine Lösung aus Kanada mit. Etwa die, Glasfaser mit Konkurrenten zu verlegen. Das könnte auch die Telekom zurück auf die Spur bringen. Dann hätte Höttges eine Sorge weniger – und müsste nicht mehr so grimmig schauen.

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