Zum regelrechten Eklat innerhalb der Branche kam es, als die Deutsche Telekom, noch zu gut 30 Prozent in Staatsbesitz, versuchte, die Vertrauenskrise im Internet indirekt der NSA und ihrem britischen Pendant GCHQ anzulasten. „Nach allem, was wir wissen, sind es nicht die deutschen Sicherheitsbehörden, die Grad und Maß bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit aus den Augen verloren haben“, wollte die Deutsche Telekom in das Positionspapier schreiben – und erregte damit erbitterten Widerstand der US-Konzerne.
Die Rolle der deutschen Geheimdienste
Gegen den Widerstand der US-IT-Konzerne setzte die Deutsche Telekom in der offiziellen Position des Bitkom durch, dass der deutsche Geheimdienst eine untergeordnete Rolle gegenüber dem amerikanischen Dienst NSA spielt.
„Nach allem, was derzeit bekannt ist, sind es nicht die deutschen Sicherheitsbehörden, die Grad und Maß bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit aus den Augen verloren haben. In Deutschland gibt es einen klaren, für jeden nachlesbaren und aus Sicht des Bitkom ausgewogenen Rechtsrahmen für das Sammeln und Auswerten von Daten zu nachrichtendienstlichen Zwecken.“
„Diese geforderte Änderung spiegelt überhaupt nicht die aktuelle Nachrichtenlage wider, und es sollte übrigens auch nicht Aufgabe des Bitkom sein, zu spekulieren, was unsere Nachrichtendienste so im Geheimen anstellen...“
„Woher kommt diese Einschätzung? Nach Medienberichten erfolgt eine weitreichende Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden mit den Diensten der genannten Staaten inklusive zugrunde liegender Abkommen... Somit ist hier der Standort Deutschland eben kein Vorteil.“
„Ein solcher Hinweis geht an dem vorbei, was wir wirklich wissen. Daher zu streichen. Auch Deutschland ist involviert.“
„Bitkom sollte hier sehr deutlich machen, dass a) nach allem, was wir wissen, deutsche Sicherheitsbehörden nicht beteiligt sind und b) es einen klar definierten Rechtsrahmen gibt, der einen ausgewogenen Ansatz zwischen Freiheit und Sicherheit bietet. Das ist doch gerade der Standortvorteil in Deutschland!“
Die Sichtweise der Deutschen Telekom „spiegelt überhaupt nicht die aktuelle Nachrichtenlage wider“, schimpfte der eng mit der NSA kooperierende Datensammelkrake Google. Im Übrigen sollte es „nicht Aufgabe des Bitkom sein, zu spekulieren, was unsere Nachrichtendienste so im Geheimen anstellen“. Das US-Softwarehaus Citrix sprang Google bei und behauptete: „Ein solcher Hinweis geht an dem vorbei, was wir wirklich wissen. Auch Deutschland ist involviert.“ Und Amazon warf ein: „Nach Medienberichten erfolgt eine weitreichende Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden mit den Diensten der genannten Staaten. Somit ist der Standort Deutschland eben kein Vorteil.“
Offenbar nach langem Hin und Her setzte sich aber die Deutsche Telekom durch und drückte ihre Sichtweise des NSA-Datenskandals durch: „Nach allem, was wir wissen, sind deutsche Sicherheitsbehörden nicht beteiligt.“ Außerdem gebe es einen klar definierten Rechtsrahmen, der einen ausgewogenen Ansatz zwischen Freiheit und Sicherheit biete. „Das ist doch gerade der Standortvorteil in Deutschland“, argumentierte die Deutsche Telekom.
Die Wunden, die durch den Richtungsstreit bei den Vertretern der unterlegenen US-Konzerne im Bitkom entstanden, sind bis heute nicht verheilt. Chefs deutscher IT-Anbieter fragen sich bereits, ob es wirklich so ratsam war, so viele US-Unternehmen als Mitglieder in den Verband aufzunehmen. „Beim Thema Datenschutz“, sagt der Vertreter eines in Deutschland ansässigen Bitkom-Mitgliedes, „werden zu viele unserer berechtigten Forderungen verwässert.“