Die Pläne des Oliver Samwer Rocket Internet baut um

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Zweifelhafte Bewertungen

Einziger Haken aus Samwers Sicht: Er hält an dem Hoffnungsträger nur einen Anteil von 38,5 Prozent und hat so nur begrenzt Einfluss; Rocket hat nicht einmal einen Sitz im Aufsichtsrat. Seit Monaten halten sich daher Gerüchte über einen Streit zwischen dem Management von Delivery Hero um Gründer Niklas Östberg und Investor Rocket über das Timing eines Börsengangs. Während Östberg gegenüber der WirtschaftsWoche einen Börsengang frühestens Anfang 2016 in Aussicht gestellt hat, würde Samwer seine aktuell wertvollste Rakete wohl noch gern in diesem Jahr zünden.

Mehr Handlungsspielraum hätte er bei Home24, wo Rocket knapp 50 Prozent hält. Mitte Mai verwandelte sich das Online-Möbelhaus bereits in eine AG. Eine neue Finanzspritze pushte den Wert dann im Juni auf knapp eine Milliarde Euro. Wie aussagekräftig derlei Bewertungen sind, zeigt indes der dritte Börsenaspirant: Hellofresh.

Die drei Samwer-Brüder

Das Unternehmen, das Zutaten für Kochrezepte nach Hause liefert, stand Anfang des Jahres noch mit einem Gesamtwert von 131 Millionen Euro in den Rocket-Büchern. Die Samwer-Truppe hielt damals 37,4 Prozent an Hellofresh. Bei einer Finanzierungsrunde Anfang Februar steuerte Rocket 100 von insgesamt 110 Millionen Euro bei und sicherte sich zusätzliche 14,3 Prozent an Hellofresh.

Damit können die Berliner bei dem Boxversender nun durchregieren. Zudem galt der von Rocket gezahlte Preis fortan als Basis für die Bewertung des gesamten Unternehmens. Das war so auf einen Schlag nicht mehr 131, sondern stolze 624 Millionen Euro wert – zumindest auf dem Papier.

Beim für Herbst geplanten Börsengang dürfte der Kochkistenversender sogar eine Bewertung von mehr als einer Milliarde Euro anpeilen. Viel Geld für ein Unternehmen, das zwar kräftig wächst, aber mit einkaufsmüden Hobbyköchen einen eher überschaubaren Kundenkreis anspricht.

Kleinteilige Märkte, spitze Zielgruppen – damit schlagen sich derzeit viele Rocket-Gründungen herum. Vor allem in der zweiten Reihe ist wenig Massentaugliches auszumachen. So dürften vor allem gestresste Gutverdiener frisch gebügelte Hemden bei ZipJet ordern, ihre Wohnungen über den Maklerservice RightHome vermieten oder via Helpling die Putzkraft organisieren.

Fehlzündungen bei Rocket Internet

Jüngst floppte bereits die Rocket-Erfindung Shopwings. Das Start-up war im Herbst 2014 angetreten, Konsumenten den Einkauf im Supermarkt abzunehmen. Allein, die preissensiblen deutschen Kunden spielten nicht recht mit. Jetzt will sich Shopwings auf andere Länder konzentrieren.

Dass ihre jüngsten Kreationen nicht unbedingt das Zeug haben, an Erfolge wie beim Modeversender Zalando anzuschließen, dürfte den Rocket-Granden kaum entgangen sein. Wohl auch deshalb setzen sie auf Zukäufe. So gehören seit Kurzem die Shopping-App Shopkin, die Fitnessstudio-Plattform Somuchmore und der Essenslieferdienst Foodora mehrheitlich zu Rocket.

Demnächst könnte die Zahl der externen Beteiligungen steigen. Wie mehrere Insider in der Start-up- und Wagniskapital-Szene berichten, sammelt Samwer offenbar bereits Geld für einen neuen Beteiligungsfonds mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro. Angeblicher Arbeitstitel des Finanzvehikels: Rocket Internet Growth Fund.

Schon am Rande der Start-up-Konferenz Noah Ende Juni in Berlin sprach Nenad Marovac, Manager des Londoner Investors DN Capital, Samwer auf die Fonds-Gerüchte an. Der Rocket-Chef reagierte ausweichend: Wo immer es Möglichkeiten gebe, für die Aktionäre Mehrwert zu schaffen, so Samwer, sei Rocket dabei. Auch in einer E-Mail an die WirtschaftsWoche äußert sich Samwer nicht konkret, sondern verweist nur auf einen seit Längerem bestehenden Fonds, über den Investments abgewickelt werden.

Ein Unternehmensinsider wird da deutlicher: Es gebe zurzeit „viel, viel Geld“ im Markt. „Da geht noch was.“

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