Digitalmarkt "Die Zeit der Europäer wird kommen"

Noch dominieren US-Firmen wie Google, Facebook oder Amazon das Internet und den Onlinehandel. Doch das ist nur eine Momentaufnahme, sagt der Digitalexperte Philipp Freise vom Finanzinvestor KKR.

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Ist die Dominanz US-amerikanischer Unternehmen im Internet- und Onlinehandel nur eine Momentaufnahme? Quelle: Fotolia

WirtschaftsWoche: Herr Freise, Sie haben nach Ihrem Berufsstart beim Beratungshaus McKinsey ein Unternehmen gegründet, das eigentlich in vielversprechende Start-ups investieren sollte. Heute arbeiten Sie aber bei einer großen Investmentfirma. Funktioniert Unternehmertum in Deutschland nicht?

Freise: Doch, Deutschland ist bekannt für exportstarke Unternehmen, die mit ausgetüftelten Produkten – oft aus dem Maschinenbau – die internationale Kundschaft begeistern. Allerdings ist die Bereitschaft junger Leute, Unternehmen zu gründen und aufzubauen, traditionell eher schwach ausgeprägt. Aber das ändert sich rasant. Als ich Mitte der 90er Jahre meinen Abschluss an der Koblenzer Wirtschaftshochschule WHU gemacht habe, hat sich dort nur ein sehr geringer einstelliger Prozentsatz als Gründer versucht. Heute sind es 15 Prozent eines Absolventenjahrgangs, die ein eigenes Unternehmen aufbauen wollen.

Welche IT-Unternehmen am schnellsten wachsen
Platz 10: ShutterflyGanz unscheinbar kommt dieses Angebot daher, das immer mehr Kunden für sich begeistern kann. Um nichts weiter als Fotos geht es auf der Plattform Shutterfly. Hier können Nutzer ihre Fotos teilen, ausdrucken oder einfach speichern. Auch das Bearbeiten der Bilder ist über ein eingebautes Tool möglich. Und natürlich lassen sich auch Tassen, Fotobücher und Co. über die Plattform bestellen. Quelle: Screenshot
Platz 9: Cognizant Technology SolutionsDas Gesamtpaket zur Datenanalyse für verschiedene Industriebereiche bietet das Unternehmen aus New Jersey an. Außerdem ist es in diesem Bereich als Berater unterwegs. Wichtigster Standort ist allerdings nicht New Jersey, sondern Chennai in Indien, wo insgesamt 137.000 Angestellte arbeiten. Seit März 2008 kooperiert das Unternehmen mit der Telekom-Sparte T-Systems. Geplant ist eine gemeinsame globale Service-Offensive für Systemintegration. Quelle: Screenshot
Platz 8: Riverbed TechnologyRiverbed Technologies ist auf Netzwerklösungen für weite geographisch Flächen, sogenannte WAN-Systeme, spezialisiert. Außerdem bietet das Unternehmen private Datenzentren an - cloudbasiert. Dabei verspricht das Unternehmen einen besonders schnellen Datenverkehr. Quelle: Screenshot
Platz 7: Aruba NetworksDas Unternehmen verbindet Menschen virtuell - mit Hilfe kabelloser Netzwerke sogar kilometerweit. Mit der Technik lässt sich zum Beispiel ein Campus oder ein großes Industriegelände mit kabellosem Highspeed-Internet ausstatten. Quelle: Presse
Platz 6: EbixOn-Demand und E-Commerce - das sind die Felder auf denen sich Dienstleistungen von Ebix international profiliert haben. Das Unternehmen bietet vor allem Software für die Versicherungsbranche an und führt mehr als 30 Büros in den USA, Australien, Singapur, Neuseeland, Kanada, China, Japan und Indien. Quelle: Screenshot
Platz 5: EquinixDas Unternehmen bringt alle Beteiligten eines Geschäftsvorganges zusammen: Die Idee, die Partner und die Kunden - und das weltweit. Equinix hat bereits 4000 Unternehmen aus den Bereichen Cloud, Digitale Inhalte und Finanzen zusammengeführt. Quelle: Screenshot
Platz 4: AthenahealthDem Unternehmen ist die Schnittstelle zwischen der Administration mehrerer Kliniken und der Arbeit der Mediziner gelungen - alles cloudbasiert. Die Firma bietet ein Programm an, über das eine Art elektronisches Krankenblatt der Patienten erstellt werden kann. Die Erkenntnisse aus jedem Patientenvorgang werden so in einer gemeinsamen Datenbank abgelegt. Durch geschickte Analyse können so Krankheitsfälle schneller bearbeitet und Diagnosen genauer getroffen werden. Quelle: Presse

Trotzdem sind die Amerikaner offenbar unangefochtene Champions, wenn es darum geht, Start-ups in erfolgreiche Großunternehmen zu verwandeln. Was machen Deutsche und Europäer falsch?

Es stimmt, dass US-Unternehmen wie Google, Amazon oder Facebook, die erst vor kurzer Zeit entstanden sind, derzeit das Internet und den Onlinehandel dominieren. Aber die amerikanische Dominanz ist eine Momentaufnahme, wie wir in einer aktuellen KKR-Studie aufzeigen. Die Zeit der Europäer wird kommen und es wird unserer Ansicht nach demnächst mehr europäische Champions in der Internetwirtschaft geben. Wie stark sich die strategischen Gewichte verschieben können, zeigen Zahlen des Marktforschungsunternehmens Comscore zum globalen Digitalmarkt: 1996 waren zwei Drittel aller privaten Internetnutzer US-Amerikaner, doch mittlerweile hat sich das Netz so stark in der ganzen Welt verbreitet, dass nur noch 13 Prozent der Nutzer in den Vereinigten Staaten sitzen.

Philipp Freise, Leiter des europäischen Medien- und Digital-Investmentteam des US-Finanzinvestors KKR, im Interview mit WirtschaftsWoche. Quelle: Presse

Was bedeutet das für Europa?

Der europäische Digitalmarkt ist sogar größer als der in den USA. Dazu gibt es ein paar auf den ersten Blick trockene Zahlen, die ich aber spektakulär finde: Allein in den EU-Staaten leben 368 Millionen Internetnutzer und 193 Millionen Facebook-Mitglieder. Denen stehen nur 245 Millionen US-Netznutzer und 166 Millionen amerikanische Facebook-Profile gegenüber. Zudem verfügen 72 Prozent der Europäer über einen schnellen Breitbandinternetzugang. Solche Anschlüsse sind damit in Europa sogar etwas weiter verbreitet als in den USA. Und die Bereitschaft der Konsumenten, das Internet zu nutzen, scheint zum Teil sogar stärker ausgeprägt zu sein. In Großbritannien etwa haben bereits 87 Prozent der Internetnutzer schon online eingekauft, in den USA waren es nur 43 Prozent.

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