157,68 Euro verdient Google jährlich an mir. Außerdem sammelt Google Daten über mich auf 82 Prozent der von mir kürzlich besuchten Websites. Das sagt zumindest das Avira Tool PrivacyFix.
Das Tool errechnet diesen Wert auf Basis der Suchaktivität in den vergangenen 60 Tagen sowie Schätzungen darüber, wie viele Suchanfragen einen Klick auf eine Werbeanzeige liefern und was dieser wert ist. Ob ich wirklich auf die Anzeige klicke, erfasst das Tool nicht – die Angaben dienen also nur als grober Überblick.
Was das Tool trotzdem illustriert: Die Daten, mit denen Nutzer für vermeintlich kostenlose Dienste wie der Google-Suche bezahlen, bilden die Grundlage für ein rentables Geschäft. Nach Schätzungen der Boston Consulting Group beträgt allein der Wert der Nutzerdaten der EU-Bürger 315 Milliarden US-Dollar – bis 2020 soll er sich verdreifachen. Dann entspräche er acht Prozent des BIP der 27 EU-Staaten.
Was Google über Sie weiß
Wer über einen Google-Account verfügt und sich einloggt, kann über folgende Links einen kleinen Einblick darüber gewinnen, wie Google einen sieht.
Wie alt bin ich und welchen Geschlechts? Wofür interessiere ich mich? Anhand der von den Nutzern besuchten Seiten gibt Google eine ziemlich passgenaue Schätzung ab.
An welchen Tagen suche ich besonders häufig? Um welche Uhrzeit? Google listet all das für seine Nutzer einsehbar auf – inklusive der Suchanfrage und den angeklickten Links.
Wer ein Android-Handy nutzt und den Ortungsdienst nicht deaktiviert, kann auf Schritt und Tritt von Google verfolgt werden. Google listet den Bewegungsverlauf im Überblick auf.
Google merkt sich auch, mit welchen Geräten seine Nutzer die Dienste nutzen – inklusive Ortsangaben und Uhrzeit.
Google hat auf Basis solcher Nutzerdaten ein Milliardenimperium errichtet. Das US-Unternehmen bietet mittlerweile nicht nur eine Suchmaschine, sondern mit Android auch das beliebteste Betriebssystem für Smartphones, mit Youtube das größte Videoportal der Welt, die vier führenden Online-Werbedienstleister und mit dem britischen Big-Data-Spezialisten Rangespan ein Unternehmen, das die Daten, die bei der Nutzung der Google-Diensten anfallen, auswertet.
Die gesammelten Daten nutzt Google zu Werbezwecken. Mit den erstellten Profilen schaltet das US-Unternehmen passgenaue Werbung. Der Gewinn, den Google im vergangenen Jahr damit erwirtschaftete, betrug mehr als 14 Milliarden US-Dollar – 90 Prozent der Einnahmen generierte Google allein mit der Platzierung von Werbung.
Die zehn teuersten Google-Käufe
Admeld
Typ: Online-Werbevermarkter
Jahr: 2011
Preis: 400 Millionen Dollar
Wildfire Interactive
Typ: Social-Media-Vermarktung
Jahr: 2012
Preis: 450 Millionen Dollar
Postini
Typ: E-Mail-Sicherheit und Archivierungsdienst
Jahr: 2007
Preis: 625 Millionen Dollar
ITA-Software
Typ: Software für die Reiseindustrie, u.a. Flugsuchen
Jahr: 2010
Preis: 676 Millionen Dollar
AdMob
Typ: Mobiles Werbenetzwerk
Jahr: 2009
Preis: 750 Millionen Dollar
Waze
Typ: GPS-gestütztes Navigationssystem für Smartphones
Jahr: 2013
Preis: 966 Millionen Dollar
Youtube
Typ: Videoportal
Jahr: 2006
Preis: 1,65 Milliarden Dollar
DoubleClick
Typ: Online-Werbevermarkter
Jahr: 2007
Preis: 3,1 Milliarden Dollar
Nest
Typ: Automatisierungsunternehmen, produziert u.a. selbst lernende Thermostate
Jahr: 2014
Preis: 3,2 Milliarden Dollar
Motorola Mobility
Typ: Hersteller von Mobiltelefonen
Jahr 2011
Preis: 12,5 Milliarden Dollar
Die gesammelten Daten gibt das Unternehmen – soweit bekannt – nicht an Dritte weiter; trotzdem sind die Mitarbeiter dort nicht die Einzigen, die Zugriff auf die immensen Datenschätze haben.
Zwei Jahre ist es her, dass der Whistleblower Edward Snowden die gigantische Datensammelmaschinerie der NSA publik machte. Der US-Geheimdienst hat sich unter anderem Zugriff auf Googles Rechenzentren verschafft und dort alleine in 30 Tagen mehr als 181 Millionen Datensätze abgegriffen.
Die Alternativen zu Google
Was passiert, wenn sich Hacker Zugriff zu Googles Datenschätzen verschaffen? Oder in zwanzig Jahren vielleicht eine US-Regierung an die Macht kommt, die bestimmte Zielgruppen verfolgt? Oder die Datensätze doch irgendwann einmal an Versicherer und Banken verkauft werden?
Als Wolfgang Sander-Beuermann 1996 die Metasuchmaschine MetaGer programmierte, verschwendete er keinen Gedanken an solche Fragen. Damals mussten Nutzer noch verschiedene Suchmaschinen abfragen, da jede nur Ausschnitte des Internets erfasste. Um diesen Vorgang zu automatisieren, programmierte er die Metasuchmaschine MetaGer, die heute unter anderen Google, Bing und Yandex durchforstet, deren Ergebnisse auswertet und auflistet.
Das Vertrauen in den Suchschlitz
Sander-Beuermann bemerkte recht schnell, was der Betreiber einer Suchmaschine über seine Anwender erfährt. Sucht der Nutzer nach Ferienhäusern auf Rügen, plant er vermutlich eine Reise dorthin. Sucht er nach Steuer-Tricks hat er vielleicht vor, Steuern zu hinterziehen. „Ich fragte mich, ob die Nutzer wirklich wollen, dass ich das alles über sie weiß“, sagt Sander-Beuermann.
MetaGer
1996 wurde MetaGer programmiert. Der Metacrawler durchleuchtet die Ergebnisse von Suchmaschinen wie Google, Yandex und Bing und bewertet diese.
Bei MetaGer sind zwei ehrenamtliche Vollzeitkräfte beschäftigt und einige Teilzeitkräfte. 100.000 Suchanfragen gehen täglich bei MetaGer ein. Ende März ging die Suchmaschine als MetaGer2 mit einem neuen Design online.
MetaGer speichert keine persönlichen Daten wie etwa IP-Adressen oder Browser-Fingerprints. Auch Cookies, die die Aktivitäten der Nutzer im Netz verfolgen, werden nicht verwendet. Zudem gibt es einen Zugang über das Tor-Netzwerk – so dauert die Suche zwar länger, aber ist sicherer.
Außerdem steht der Server im Regionalen Rechenzentrum Hannover und unterliegt damit nicht dem Patriot Act – wie es etwa bei DuckDuckGo, das seine Server in den USA hat, der Fall ist. So ist MetaGer nicht verpflichtet, Daten an die USA abzugeben.
Er beantwortete die Frage für sich und sein Projekt mit Nein. Fortan sammelte er keine Informationen mehr über die Nutzer. Er anonymisierte ihre IP-Adressen und schaffte einen Zugang über das Anonymisierungsnetzwerk Tor. Heute kann er nicht einmal selbst erkennen, wer sucht. „Wir können schließlich niemals ausschließen, dass die eigenen Server nicht doch gehackt werden“, begründet er seine Entscheidung.
Wie gefährlich Datensätze werden können, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. Sander-Beuermann erinnert an die Karteien, die im 19. Jahrhundert über Homosexuelle angelegt wurden. Sie wurden damals zwar nicht verfolgt, mussten aber ihren Namen und ihren Wohnort angeben. Als die Nazis an die Macht kamen, nutzten sie ebenjene Karteien, um Homosexuelle in Konzentrationslager zu verfrachten.
„Das ist ein Extrembeispiel“, sagt Sander-Beuermann. „Heute erscheint das weit weg, aber solche Szenarien lassen sich nie komplett ausschließen.“ Die NSA nutzt die Datensätze, die sie unter anderem von Google abzweigt, heute beispielsweise, um potenzielle Terroristen auszumachen.
Sein Anliegen bringt Sander-Beuermann kein Geld ein – MetaGer finanziert sich hauptsächlich durch Spenden. Doch spätestens seit den Snowden-Enthüllungen ist die anonyme Suche für viele ein aussichtsreiches Geschäft geworden. In Europa gibt es beispielsweise Ixquick aus den Niederlanden oder die vor sieben Monaten gestartete Suchmaschine Swisscows aus der Schweiz.
Sie alle speichern keine IP-Adressen und legen keine Nutzer-Profile an. Das bedeutet: Sie wissen zwar, wonach ihre Nutzer suchen - nicht aber, wer sie sind. Geld verdienen sie wie Google mit der Schaltung von Werbung – aber lediglich auf Basis der Suchbegriffe.
Das Geschäft mit der anonymen Suche im Netz
Ixquick setzte aus ganz pragmatischen Gründen auf Datenschutz: „2006 erhielten wir so viele Suchanfragen, dass die Serverkapazitäten ausgelastet waren“, erzählt Jörg Bauer, der bei Ixquick für die Kommunikation zuständig ist.
Da die Betreiber Daten nicht an Dritte weitergaben, waren sie für das Unternehmen reiner Ballast. Also löschten sie sämtliche Daten, die Nutzer identifizierten. Der nächste logische Schritt: „Danach richteten wir die Suchmaschine komplett auf Datenschutz aus“, sagt Bauer.
Ixquick
Ixquick wurde 1998 gegründet. Seit 2000 gehört die Suchmaschine zur Niederländischen Surfboard Holding BV.
Ixquick beschäftigt aktuell 25 Mitarbeiter und bearbeitet täglich fünf Millionen Suchanfragen – davon stammt ein Großteil aus Deutschland.
Ixquick bewirbt sich selbst als die sicherste Suchmaschine der Welt. Sie wurde mit dem Europäischen Datenschutz-Gütesiegel ausgezeichnet. Ixquick überträgt seine Daten verschlüsselt und speichert nach eigener Aussage keine Daten auf den eigenen Servern.
Ixquick betreibt eigene Server, die in Europa und zum Teil in den USA stehen. Allerdings werden Nutzer in Europa standardmäßig über die europäischen Server geleitet. Auch US-Nutzer können via Option auswählen, über die europäischen Server geleitet zu werden.
Er sieht die Arbeit seines Teams als politisches Statement. „Zugunsten der Wirtschaft und der totalen Überwachung wird der Datenschutz immer weiter zurückgedrängt“, sagt er. „Unsere Systeme helfen, dem Datenschutz wieder Geltung zu verleihen.“
Das geschäftliche Potenzial
Andreas Wiebe, Gründer von Swisscows, ist da pragmatischer. „Wenn wir das rein wirtschaftlich betrachten, ist die sichere Suche aktuell ein Markt, der extrem wächst.“ Aktuell nehmen die Suchanfragen bei Swisscows monatlich um 20 Prozent zu – allerdings bearbeiten die Schweizer monatlich auch lediglich vier Millionen Suchanfragen, stecken also noch in den Kinderschuhen.
Dass die datensichere Suche durchaus Wachstumspotenzial hat, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie des amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center. Sie analysiert, welche Auswirkungen der NSA-Skandal auf die Amerikaner heute hat. Die repräsentative Studie ergab, dass jeder Dritte sich bemüht, seine Spuren im Netz zu verbergen.
DuckDuckGo
Im September 2008 gründete Gabriel Weinberg DuckDuuckGo, „die Suchmaschine, die Sie nicht verfolgt“, wie das Unternehmen wirbt.
30 Mitarbeiter, acht Millionen Suchanfragen täglich – davon rund die Hälfte in Deutschland.
DuckDuckGo verschlüsselt die Datenübertragung via SSL und versichert, keine personenspezifischen Nutzerdaten zu sammeln. Sie betreibt kein Tracking und verwendet keine Cookies.
Als US-Unternehmen unterliegt DuckDuckGo allerdings dem amerikanischen Recht. So kann der Betreiber ohne weiteres von US-Gerichten gezwungen werden Nutzerdaten aufzuzeichnen – ohne, dass er seine Nutzer darüber in Kenntnis setzen darf.
DuckDuckGo betreibt keine eigenen Server, sondern mietet Kapazitäten auf den Amazon-Servern. Als US-Unternehmen kann auch Amazon gezwungen werden, der NSA seine Server zugänglich zu machen.
Das sind potenzielle Kunden für Swisscows, Ixquick oder auch die US-Suchmaschine DuckDuckGo. Deren Gründer Gabriel Weinberg sagt: „Die Menschen wollen nicht auf Schritt und Tritt im Netz verfolgt werden. Sie wollen eine effektive Online-Suche und den Schutz ihrer Privatsphäre.“
Erst recht nach der Snowden-Affäre: Die Suchanfragen, die bei DuckDuckGo eingingen, stiegen von 1,5 Millionen täglich vor den Enthüllungen auf mittlerweile über acht Millionen pro Tag. MetaGer konnte seine Suchanfragen binnen weniger Wochen nach den Enthüllungen auf knapp 100.000 verdoppeln; bei Ixquick stieg die Zahl von 2,5 Millionen auf über fünf Millionen.
Eine Frage der Einstellung
Die Anbieter konnten das Niveau nach dem NSA-Skandal halten, die Zahl der Nutzer wuchs danach aber nur minimal weiter. Verglichen mit Google sind die Alternativen allerdings allesamt kleine Fische. Google erreicht im weltweiten Schnitt einen Marktanteil von 70 Prozent – die alternativen Suchmaschinen tauchen nicht einmal in den Rankings auf.
Die meisten Amerikaner interessieren sich nicht für Datenschutz
53% der US-Amerikaner nutzen keine Suchmaschinen, die auf eine Verfolgung der Suchanfragen und Browseraktivitäten verzichten. 13% wissen gar nicht, dass solche Alternativen existieren.
46% der Amerikaner verwenden keine E-Mail-Verschlüsselungsprogramme (etwa Pretty Good Privacy (PGP)), oder haben eine Nutzung in Erwägung gezogen. 31% der Befragten wissen nicht, dass solche Programme existieren.
43% der Befragten verzichten auf Browser-Erweiterungen, die zum Schutz der Privatsphäre beitragen können, wie etwa DoNotTrackMe (Blur) oder Privacy Badger. 31% der Amerikaner haben noch nie etwas von solchen Erweiterungen gehört.
Mit Hilfe eines Proxyservers lässt sich beispielsweise die eigene IP-Adresse verschleiern, um anonym surfen zu können. 41% der US-Amerikaner verwenden keine Proxyserver zum Schutz ihrer Privatsphäre oder ziehen eine Nutzung nicht in Erwägung. 33% haben noch nie etwas von einem solchen Service gehört.
40% der Amerikaner verzichten auf Netzwerke zur Anonymisierung von Verbindungsdaten, wie etwa TOR. 39% haben noch nie etwas von TOR gehört.
Dazu passt, dass mehr als die Hälfte der vom Pew Research Center befragten Amerikaner angab, nie darüber nachgedacht zu haben, sichere Suchmaschinen zu nutzen – 13 weitere Prozent sagten, sie hätten noch nie etwas von solchen Suchmaschinen gehört.
Was bringen alternative Suchmaschinen?
Viele Nutzer von alternativen Suchmaschinen täten das wegen ihrer politischen Einstellung, sagt Christoph Sorge, Professor für Rechtsinformatik. „Sie wollen verhindern, dass ein einziger Konzern zu viele Daten sammelt. Denn Daten sind Macht.“
Dass die Zahl der Nutzer so gering ist, liege nicht am fehlenden Bewusstsein. „Vielen ist klar, dass ihre Daten verarbeitet und ausgewertet werden“, sagt er. „Aber letztendlich siegt die Bequemlichkeit.“ Denn die Suche bei Google habe für Privatpersonen keinen direkt bemerkbaren Nachteil.
Swisscows
Swisscows gehört zur Hulbee AG, einem Technologieunternehmen aus der Schweiz. Aufgebaut wurde sie 2014.
Swisscows beschäftigt 54 Mitarbeiter. Die noch junge Suchmaschine bearbeitet 4,2 Millionen Suchanfragen im Monat, davon rund eine Million in Deutschland.
Swisscows garantiert Datensicherheit – die Suchmaschine betreibt kein Tracking, nutzt keine Cookies und speichert keine Nutzerdaten.
Swisscows betreibt eigene Server. Diese sind in der Schweiz – das heißt weder die EU noch die USA haben rechtlich gesehen Zugriff auf die Server.
Trotzdem rät Sorge zur anonymen Suche: „Man verkleinert den Ausschnitt, den Google sieht.“ In manchen Fällen könnten die Informationen, die Google über seine Suchmaschine erhält, die Verknüpfung der gesammelten Informationen zu einer konkreten Person erlauben.
Bei Unternehmen verhalte sich das anders. Über IP-Adressen kann systematisch untersucht werden, welche Suchbegriffe innerhalb eines Konzerns häufig vorkommen. Wird etwa nach bestimmten Patenten gesucht, könnte das Unternehmen an Innovationen arbeiten, die damit zusammenhängen. „Online-Wirtschaftsspionage wird allgemein unterschätzt“, erklärt Sorge.
Standortvorteil Server
Ein entscheidender Faktor in punkto Sicherheit der Suchmaschinen ist der Standort. Als amerikanisches Unternehmen unterliegt DuckDuckGo dem amerikanischen Recht. Für das US-Unternehmen gilt der Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA). Geheim tagende Gerichte können Weinberg zwingen, die Daten seiner Nutzer zu sammeln – ohne dass er die Nutzer darauf hinweisen darf.
Wo die NSA im Ausland spioniert hat
Für Empörung sorgte im Oktober ein Bericht der französischen Tageszeitung „Le Monde“, wonach die NSA allein innerhalb eines Monats – zwischen dem 10. Dezember 2012 und dem 8. Januar 2013 – 70,3 Millionen Telefonverbindungen in Frankreich überwachte. Bereits Anfang Juli hatte der britische „Guardian“ berichtet, der Geheimdienst habe unter anderem Frankreichs diplomatischen Vertretungen in Washington und bei den Vereinten Nationen in New York ausgespäht. Im September berichtete der „Spiegel“ auch von Spähangriffen gegen das französische Außenministerium in Paris.
Die „Washington Post“ und der „Guardian“ berichten Anfang Juni, die NSA und die US-Bundespolizei FBI würden auf Serverdaten der großen Internetkonzerne wie Yahoo, Facebook, Google und Microsoft zugreifen. Der Name des geheimen Überwachungsprogramms: Prism.
Der „Guardian“ berichtet Mitte Juni unter Berufung auf die Snowden-Dokumente, der britische Geheimdienst habe vor vier Jahren Delegierte von zwei in London stattfindenden G-20-Treffen ausgespäht. Ziele waren demnach die Delegationen Südafrikas und der Türkei. Die NSA soll bei der Gelegenheit versucht haben, ein Satelliten-Telefongespräch des damaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew nach Moskau abzuhören.
In seiner Ausgabe vom 1. Juli berichtet der „Spiegel“, die NSA habe in EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel unter anderem Wanzen installiert. Auch sollen interne Computernetzwerke infiltriert worden sein. Ende August berichtet der „Spiegel“, die NSA habe auch die Zentrale der Vereinten Nationen in New York ausspioniert. Dem Geheimdienst gelang es demnach, in die interne Videokonferenzanlage der Uno einzudringen.
Der brasilianische Sender „Globo“ berichtet Anfang September, die NSA habe Telefonate und Internetkommunikation von Staatschefin Dilma Rousseff und ihren Mitarbeitern überwacht. Auch Unternehmen wie der Ölkonzern Petrobras und Millionen brasilianischer Bürger sollen ausgespäht worden sein. Verärgert verschiebt Rousseff einen für Oktober geplanten Staatsbesuch in den USA auf unbestimmte Zeit.
Der „Spiegel“ berichtete im Oktober 2014, schon 2010 sei es einer NSA-Spezialabteilung gelungen, in das E-Mail-Konto des damaligen mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón einzudringen. Calderóns Nachfolger Enrique Peña Nieto forderte Anfang September Erklärungen von den USA, nachdem Globo berichtet hatte, die NSA habe ihn während des Wahlkampfs 2012 ausgespäht.
In einem Interview mit der Zeitung „South China Morning Post“ aus Hongkong gibt Snowden an, die NSA hätten chinesische Mobilfunk-Konzerne gehackt und Millionen von SMS ausgespäht. Demnach verübte die NSA auch Cyber-Attacken auf die Tsinghua-Universität in Peking. Dort sind sechs zentrale Netzwerk-Schaltstellen untergebracht, über die Chinas gesamter Internetverkehr läuft.
Auch Ixquick betreibt neben seinen Servern in Europa Server in den USA – schließlich haben die Niederländer dort einen Großteil ihrer Nutzer. „Als europäisches Unternehmen gilt FISA für uns nicht“, sagt Bauer. „Würde die NSA auf unsere Server zugreifen wollen, würden wir das in die Welt hinaus posaunen und verweigern.“ Das wäre gute Werbung für das Unternehmen.
Außerdem speichere Ixquick ohnehin keine Nutzerdaten auf seinen Servern. 2008 wurde das Unternehmen deswegen vom Europäischen Datenschutzbeauftragten als erste Suchmaschine mit dem Europäischen Datenschutzgütesiegel ausgezeichnet.
Mit den Servern als Standortvorteil werben auch MetaGer und Swisscows. MetaGers Server befinden sich im Regionalen Rechenzentrum Hannover, Swisscows liegen in der Schweiz. „Das ist der sicherste Platz der Welt“, meint Swisscows-Gründer Wiebe. „Die Schweiz liegt außerhalb Europas und außerhalb der USA – niemand hier ist scharf auf eine Vorratsdatenspeicherung, wie sie in Deutschland diskutiert wird.“
Die Zukunftsaussichten
Google beschäftigt über 20.000 Angestellte und verfügt über 60 Milliarden Dollar an Kapital, auf die der Konzern jederzeit zugreifen kann. DuckDuckGo hat gerade einmal 30 Angestellte, Ixquick 25 und MetaGer beschäftigt zwei ehrenamtliche Vollzeitkräfte. DuckDuckGo und Ixquick geben zwar an, Gewinne abzuwerfen, veröffentlichen aber keine Zahlen. MetaGer wird von Spenden am Laufen gehalten.
Hinzu kommt, dass die kleinen Anbieter auf Google und Co. angewiesen sind. „Wir sind allesamt primär Metasuchmaschinen“, sagte Sander-Beuermann. Egal ob DuckDuckGo, Ixquick, MetaGer oder Swisscows – jede von ihnen greift mindestens auf einen der Indexe der großen Suchmaschinen Google, Bing oder Yandex zu – die einzigen Suchmaschinen mit eigenen Indexen.
„Würden wir jemals zur ernsthaften Konkurrenz für die Großen, schnitten sie den Draht einfach ab und wir könnten den Laden dicht machen“, sagt Sander-Beuermann. Zwar arbeitet Swisscows an einem eigenen Index, nutzt aktuell aber noch für 80 Prozent seiner Suchanfragen Microsofts Bing.
Deswegen ist Sander-Beuermann sicher: „Die vermeintlichen Alternativen sind allesamt keine wirklichen Alternativen.“ Diese könnten nur auf Grundlage eines eigenen Indexes geschaffen werden. „Davon sind wir momentan noch weit entfernt.“
Sein Traum wäre ein offener Webindex, auf dessen Basis sich viele konkurrierende Suchmaschinen entwickeln könnten. Finanzierbar wäre das allerdings nur durch die EU – keine deutsche Firma und auch kein Ministerium könne sich das leisten, sagt er. Deswegen engagiert er sich mit vielen anderen, seinen Plan auf europäischer Ebene umzusetzen.