Einblick

Die Märkte haben ein feines Gespür

Der IT-Konzern Alphabet wird wertvollstes Unternehmen der Welt. Wetten auf die Zukunft der digitalen Wirtschaft beflügeln die Börse. Eine Kolumne.

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Mit Volldampf voraus, in jede Richtung, gerne auch in alle gleichzeitig. So wurde die einstige Internettraditionsmarke Yahoo in den vergangenen drei Jahren durch den rasanten Wandel der digitalen Wirtschaft navigiert. Eine Navigation ohne klare Koordinaten und also auch nicht erfolgreich. Erfolg, das wäre in Zeiten der schnellen Internetwirtschaft nicht weniger als eine Neuerfindung von Yahoo gewesen. CEO Marissa Mayer hat nach erneut enttäuschenden Zahlen verkündet, sie werde 15 Prozent der Belegschaft entlassen, Büros schließen und „strategische Alternativen“ ausloten. Der kundige Übersetzer liest dies als das, was es ist: eine strategische Kapitulationserklärung und der Anfang vom Ende von Yahoo. 30 Prozent hat die Aktie allein im vergangenen Jahr verloren. Die Kapitalmärkte haben ein feines Gespür dafür, was mit einem Unternehmen los ist.

Google-Imperium: Das ist die Alphabet-Holding

Das Gespür der Märkte hat Apple bislang perfekt bedient. Das Unternehmen steht mit dem iPhone für den Übergang von der industriellen in die digitale Wirtschaft. 2011 löste Apple damit den Ölkonzern ExxonMobil als wertvollstes Unternehmen der Welt ab. Geradezu genial hat Steve Jobs seine Produkte auf die Kundenbedürfnisse in Zeiten des mobilen Internets ausgerichtet. Die aktuellen Quartalszahlen allerdings haben viele Investoren enttäuscht. Apple ist noch immer hochprofitabel und meldet weiter Rekordzahlen. Aber CEO Tim Cook hat die Märkte nun zum ersten Mal auf künftige Umsatzrückgänge eingestimmt. Apples Umsatz hängt zu 60 Prozent am iPhone. In einem zunehmend gesättigten Markt werden weniger Wachstumssprünge als Preis- und Margenkämpfe die Unternehmensgeschichte fortschreiben. Die Apple-Aktie ist in den vergangenen zwölf Monaten um 20 Prozent gefallen. Die Kapitalmärkte registrieren mit Röntgenblick, wie viel Licht am Ende des Tunnels leuchtet.

Alphabet hat Apple vom Spitzenplatz verdrängt und ist nun das am höchsten bewertete Unternehmen der Welt. Zum ersten Mal konnten Investoren einen detaillierteren Blick in die Quartalszahlen von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, werfen. Und sie sahen Erfreuliches: ein Umsatzplus von 18 Prozent und einen Nettogewinn von knapp fünf Milliarden Dollar. Die entstehen wesentlich aus dem hochprofitablen Kerngeschäft von Suchmaschine, wachsender mobiler Werbung und der Video-Plattform YouTube. Die übrigen bei Alphabet gebündelten Projekte zur Haushaltsvernetzung, zum selbstfahrenden Auto, zur virtuellen Realität und künstlichen Intelligenz machten in 2015 hohe Verluste von 3,6 Milliarden Dollar.

Diese sogenannten „other bets“ sind unternehmerische Wetten auf die Zukunft. Keiner weiß, ob sie aufgehen. Warum lassen die Kapitalmärkte sich davon nicht negativ beeindrucken? Weil die digitale Wirtschaft an der Schwelle zu ihrer nächsten Evolutionsstufe steht: der vollständigen digitalen Vernetzung unseres Lebens. Alphabet wettet auf diese Zukunft und kurbelt damit kräftig die Fantasie der Investoren an. Die Aktie hat in einem Jahr um mehr als 40 Prozent zugelegt. Nichts ist in der digitalen Wirtschaft so öde wie ein Unternehmen von gestern. Und nichts ist so monoton wie eine Strategie, die immer dieselbe bleibt. Wer nicht auf die Zukunft wettet, realisiert künftige Verluste schon in der Gegenwart.

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