Ein solcher Geist grassiert im Unternehmen, seit Lee Byung-chull, der Spross einer reichen koreanischen Familie, Samsung 1938 als Lebensmittelladen gründete. Wie der vor einem Jahr verstorbene nordkoreanische Diktator Kim Jong-il war auch Lee Byung-chull beseelt, sein Heimatland zu stärken und zu beherrschen. Bis heute verspotten Landsleute Südkorea als „Samsung-Republik“. Weil Konzerngründer Lee Byung-chull wie Tyrann Kim Jong-il über alles bestimmen wollte, musste Samsung gleich einer Krake seine Tentakeln in alle Winkel der Wirtschaft stecken und baut bis heute Öltanker und Wolkenkratzer, betreibt Hotels und Vergnügungsparks, verkauft Versicherungen und Artilleriegeschütze, produziert jede erdenkliche Elektronik oder entwickelt mit BMW Batterien für Elektroautos. Mit seinen 79 Einzelfirmen ist das Konglomerat inzwischen so groß, dass es für gut 20 Prozent der Wirtschaftsleistung Südkoreas steht.
Die Herrschsucht hat die Samsung-Eigner ebenso steinreich gemacht wie ihr kommunistisches Pendant im Norden. Die dortige Kim-Klicke lebt, umgeben von armen Landsleuten, in Saus und Braus. Samsung-Gründer Lee Byung-chull war schon Ende der Fünfzigerjahre der vermögendste Mann des Landes; den Besitz seines Sohnes und heutigen Konzernchefs Lee Kun-hee schätzt der Finanzdienst Bloomberg auf über zehn Milliarden Dollar.
Und selbst der Ruf des Samsung-Clans bei den Massen taugt für den Vergleich mit den Kim-Kommunisten. „Sie sind Gangster, die wie Gentlemen aussehen“, gibt der frühere Regierungsbeamte Daniel Lee die verbreitete Meinung im Volk über den Familienclan an der Konzernspitze wieder. Beamte, Politiker, Richter und Zulieferer kuschen vor der Kaste, Kritiker fürchten ihren Bann. „Samsung-Gegner zu sein ist schlimmer, als wenn man Spion aus Nordkorea wäre“, erzählt der frühere Chefjurist des Konzerns, Kim Yong-cheol, in Daegu.
Perfekte Nachahmer
Rekordgewinn: Samsung lässt die Muskeln spielen
Freunde haben Kim Yong-cheol in der Millionenstadt 240 Kilometer entfernt von Seoul eine bescheidene Stellung als Buchprüfer in der Schulbehörde verschafft. Nach Enthüllungen über schwarze Konten von Samsung-Chairman Lee Kun-hee, die zu dessen Verurteilung führten, fand Kim vier Jahre lang in Korea keine Arbeit.
Wer Lee Kun-hee heißt und über Samsung gebietet, verfügt nicht nur über großen Einfluss, sondern steht offenbar auch über dem Gesetz. Zweimal wurde der heutige Samsung-Regent wegen Bestechung und Steuerhinterziehung verurteilt, zweimal wurde er wenig später vom Präsidenten begnadigt. Wegen der Skandale trat er 2008 von allen Führungspositionen zurück, kehrte aber zwei Jahre später nach der Begnadigung auf seine Posten zurück.
Im Unternehmen sorgt der Gottgleiche dafür, dass die Belegschaft sich im „Dauerkrisenmodus“ fühlt, wie er einmal sagte. Um Höchstleistungen aus den Mitarbeitern zu pressen, regiert Lee Kun-hee mit Zuckerbrot und Peitsche. Das unmenschliche Arbeitspensum der Samsung-Ingenieure ist legendär in Südkorea. „Sie arbeiten wie Ameisen“, meint ein Angestellter. Für den Arbeitseinsatz rund um die Uhr entschädigt Samsung die Geschundenen im Gegenzug fürstlich: mit den höchsten Grundgehältern des Landes, mit fetten Gewinnbeteiligungen sowie saftigen Prämien bis zum dreifachen Monatsgehalt für besondere Erfolge.