Es war ein schwarzer Tag für die Gründer und Großaktionäre Sergei Brin und Larry Page. Nachdem ihr Konzern Alphabet am Abend seine Zahlen zum ersten Quartal präsentiert hatte, reagierte die Börse mehr als verschnupft. Nachbörslich ging es mit dem Kurs um bis zu acht Prozent abwärts. Am Ende lag er mit 714 Dollar rund 5,7 Prozent im Minus. Der Anteil von Brin und Page war daraufhin zusammengenommen rund vier Milliarden Dollar weniger wert.
Alphabet, die Obergesellschaft über dem Internet-Powerhaus Google und seinen zahlreichen Abenteuer-Projekten – darunter selbstfahrende Autos, Gesundheits-Forschung und das Geheimlabor Google X – quetschte zwar aus einem Nettoumsatz von 16,5 Milliarden Dollar (20,26 Milliarden Dollar brutto) in gewohnter Manier satte 4,2 Milliarden Dollar Nettoergebnis nach Bilanzstandard GAAP raus. Doch das war weniger als erwartet.
Google und Microsoft enttäuschen
Die Gründe: Der Personalbestand war um knapp 10.000 Mitarbeiter gewachsen, die zahlreichen Randaktivitäten, die sogenannten „Other Bets“ verdoppelten zwar den Umsatz auf 1,66 Milliarden Dollar, vergrößerten gleichzeitig aber auch den operativen Verlust um gut 200 auf 802 Millionen Dollar im Vergleich zum Vorjahr.
Es war aber die Kennzahl CPC, oder „Cost per Click“, bei der die Aktionäre rot sahen. CPC sagt aus, wie viel Umsatz Google macht, wenn ein Surfer auf irgendeine bezahlte Anzeige im Konzern-Weltreich klickt. Dieser Wert sank um neun Prozent. Mit CPC geht es schon seit mehreren Quartalen bergab, im vierten Quartal 2015 waren es minus 13 Prozent.
Der Grund liegt im Wandel der Google-Nutzung. Immer mehr Surfer greifen über ein Smartphone auf die Suchmaschine zu und dafür erhält der Konzern weniger Geld als wenn es ein Klick auf einem Laptop ist. Das räumt Google auch ein. Warum? Auf einem PC kauft der Kunde schneller auch mal was. Auf dem Smartphone ist es vielen zu mühsam, sich durch Menüseiten zu hangeln, Bestellformulare auszufüllen und Kreditkartennummern einzugeben.
Also muss, um ein Umsatzplus auszuweisen, die Zahl der geklickten Anzeigen stärker wachsen als der Rückgang bei den Erträgen. Bislang funktioniert das. Rund 29 Prozent mehr Anzeigen wurden angeklickt, aber der Werbeumsatz – der mit 1,8 Milliarden praktisch den Holding-Umsatz liefert – stieg nur um 16 Prozent.
Böser Streit im Alphabet-Reich
Immer neue Konkurrenz knabbert vor allem am Suchgeschäft. Amazon verzeichnet Erfolge mit seinem „Echo“ genannten System. Der kleine Zylinder mit Mikrophon und Lautsprecher im Wohnzimmer reagiert auf Sprachbefehle, sucht und bestellt auch gleich bei Amazon. Microsoft und Facebook rüsten Chatdienste wie Skype oder WhatsApp mit „Bots“ aus, kleinen Software-Robotern, die im Internet auf Suche gehen. All das sind potenziell weniger Suchanfragen bei Google. Der Verfall des CPC wird immer schwerer zu kompensieren.
Da erscheinen auch die „Other Bets“, wie der Hausautomatisierer Nest oder das Kabel-Unternehmen Google Fiber in neuem Licht. Hier gibt es derzeit ziemliche Unruhe. Das Roboterunternehmen Boston Dynamics, für Milliarden gekauft, soll nach kaum drei Jahren wieder zum Verkauf stehen, weil auf mittlere Sicht keine Ertragschancen zu sehen sein sollen. Es war ein Lieblingsprojekt von Brin.
Ein öffentlich ausgetragener böser Streit zwischen Nest-Chef Tony Fadell und dem Gründer des von ihm aufgekauften Kamera-Start-ups „Dropcam“, Gred Duffy, sorgte zudem für großen Wirbel im Silicon Valley. Fadell, der dringend Erfolge braucht, hatte laut „The Information“ die übernommen Mitarbeiter als unerfahren angegriffen, nachdem viele von ihnen gekündigt hätten. Duffy hatte daraufhin zurückgeschlagen und angemerkt, Fadell solle doch mal offenlegen, wie viel seiner Umsätze von der Kamera stammen und wie viel aus Fadells Produkten. Dann werde man ja sehen. Fadell leite Nest zudem wie ein „tyrannischer Bürokrat“.
Das Ganze ist ein absolut ungewöhnlicher Vorgang im Valley und zeigt das Problempotenzial. Analysten fragen sich schon, ob da eine Zeitbombe bei Alphabet tickt.
Fadells ringen um gutes Wetter bei den Alphabet-Chefs Page und Brin hat Gründe. Im Analystengespräch am Donnerstag betonte Finanzchefin Ruth Porat immer wieder, man werde das Portfolio von Alphabet straffen und optimieren und „verantwortlich investieren“.