Facebook-Gründer in Berlin Die Zuckerberg-Festspiele

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat in Berlin den Axel Springer Award erhalten. Der sehr jugendlich wirkende Preisträger macht bei der Veranstaltung eine souveräne Figur – trotz ungewohntem Dress.

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Im anthrazitfarbenem Anzug auf dem roten Teppich. Quelle: AFP

Berlin Es ist nicht weniger als ein Hochamt. Am 10. Dezember 2015 hat Axel Springers Vorstandschef Mathias Döpfner Facebook-Gründer Mark Zuckerberg gefragt, ob er sich vorstellen könne, den neu geschaffenen Axel Springer Award entgegenzunehmen, mit dem herausragende Unternehmerpersönlichkeiten ausgezeichnet werden sollen. Zuckerberg konnte. Und nun ist er samt seiner Frau Priscilla in Berlin, um den Preis in Empfang zu nehmen.

Den großen Konferenzraum im 19. Stock des Axel-Springer-Hauses hat man zu Ehren des Gastes dem Dachgarten der Facebook-Zentrale im kalifornischen Menlo Park nachempfunden. Rollrasen wurde ausgelegt. 24 Birken, die Set-Designerin Pia Maria Mackert laut Presseheft „persönlich in Berlin-Pankow geschlagen“ hat, sind im Raum verteilt. Die meisten der etwa 100 geladenen Gäste hocken auf Sitzkissen, was einigen älteren Herrschaften nicht unbedingt leicht fällt.

Als Zuckerberg samt Gattin in den umgebauten Konferenzsaal kommt, brandet Beifall auf. An die Decke und die beiden Seitenwände des Raums werden Bilder aus dem All projiziert, die an Erhabenheit nichts zu wünschen übrig lassen. Sie zeigen den Astronauten Chris Hadfield, während er in der Raumstation ISS David Bowies Song „Space Oddity“ zum Besten gibt. Als das Licht angeht, sagt die Schauspielerin Eva Verena Müller, die durch den Abend führt, wie toll es sei, dass dieses Video unendlich oft bei Facebook geteilt wurde.

Es ist der Beginn eines großen Lobgesangs auf den Schöpfer dieses sozialen Netzwerkes, in den als nächster Gastgeber Döpfner einfällt. Er preist Zuckerbergs unternehmerisches Genie und vergisst nicht hervorzuheben, dass der 31-Jährige 99 Prozent seines Vermögens für wohltätige Zwecke spenden werde. Es folgt der Silicon-Valley-Entrepreneur Peter Thiel, der auch mal an Facebook beteiligt war und begeistert davon ist, dass Zuckerberg mit seinem Konzern den Menschen in den Mittelpunkt der Technologie gestellt habe.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, der danach an der Reihe ist, kann sich vorstellen, dass künftige Generationen den Facebook-Gründer in eine Reihe mit Thomas Alva Edison und Carl Benz stellen werden. Er sagt aber auch, dass es Menschen gebe, die Facebooks Steuermoral ebenso kritisieren wie die Datensammelwut des Unternehmens. Manche seien auch der Meinung, das soziale Netzwerk sei keineswegs Quelle eines neuen Gemeinsinns. Vielmehr fördere es das Entstehen zahlreicher Parallelgesellschaften, da – Stichwort „Filter Bubble“ – viele Facebook-User nur mit solchen Leuten Kontakt pflegten, die dieselben Ansichten hätten wie sie. Es sind die einzigen nachdenklichen Worte an diesem Abend.

Microsoft-Gründer Bill Gates gratuliert Zuckerberg zum Axel Springer Award per Videoeinspielung, bevor Virtual-Reality-Brillen der Marke Samsung verteilt werden, die den Gästen einen Rundumblick vom Dach des Axel-Springer-Hauses gewähren. Samsung-CEO Young Hoom Eom ist auch zugegen. Zuckerberg kooperiert mit ihm beim Thema Virtual Reality, während Springer für Samsung die Nachrichten-App Upday entwickelt hat.

Dann begeben sich Döpfner und der Preisträger zu einem kurzen Dialog auf die Bühne. Warum er stets graue T-Shirts trage, will der Springer-CEO von Zuckerberg wissen, der an diesem Abend allerdings in einem anthrazitfarbenen Anzug erschienen ist, den er mit einem weißen Oberhemd kombiniert. „Ich habe auch bunte T-Shirts, die trage ich aber nur am Wochenende“, erwidert der Unternehmer.

Döpfner spricht ihn auf die Kritik an künstlicher Intelligenz von Tesla-Gründer Elon Musk an. Der Elektroautobauer befürchtet, intelligente Maschinen könnten sich eines Tages gegen die Menschen richten. Zuckerberg hält das für „Hysterie“. Man dürfe es nicht zulassen, dass „Fortschritt verhindert wird, der Leben rettet“. Zuckerberg sagt das mit jugendlicher Emphase. Für europäische Ohren klingt sein unbedingter Fortschrittsglaube beinah naiv.


Gedruckter „Business Insider“ widmet sich Zuckerberg

Die beiden sprechen dann noch über Virtual Reality. Für den Facebook-Gründer ist sie die logische Weiterentwicklung der bisherigen Erzählformen im digitalen Zeitalter. Es habe mit Text begonnen, dann seien Bilder gekommen und schließlich Videos. Und nun eben die Virtual Reality, bei der man selbst das Gefühl hat, mitten im dreidimensionalen Raum zu stehen.

Es folgt der längliche Vortrag eines deutschen Forschers über künstliche Intelligenz. Er hat einen putzigen Roboter mitgebracht. Nach dem Ende seiner Ausführungen muss eine Mutter nach Anweisungen des Blechkameraden ihr Baby anziehen.

Dann endlich kommt es zur Preisübergabe. Die Auszeichnung ist ein Zuckerberg gewidmetes gedrucktes Exemplar des Online-Dienstes „Business Insider“, den Springer erst vergangenes Jahr erworben hat. Es dürfte die erste und letzte Printausgabe des Wirtschaftsportals sein.

Zuckerberg bedankt sich artig. Er sagt, diese Auszeichnung sei für ihn „eine große Ehre“. Er erinnert an die Anfänge von Facebook, das er eigentlich nur entwickelt habe, um etwas für seine Kommilitonen auf dem College zu tun.

Trotz dieses kleinen Exkurses ist seine Erwiderungen auf das viele Lob, das an diesem Abend auf ihn einprasselte, eher eine längere Danksagung als eine kurze Rede. Aber sein Dank wirkt nicht routiniert. Wenn ihm die Flut an Ehrerbietungen peinlich gewesen sein sollte, lässt er sich das nicht anmerken.

Ein Streichquartett spielt „California Dreamin‘“ von The Mammas And The Pappas. Verlegerwitwe Friede Springer wippt ganz leicht mit dem Oberkörper zur Musik. Dann ist Schluss. Das heißt, streng genommen gehen die Zuckerberg-Festspiele bei Springer weiter.

Döpfner hat seinen Gast für die „Welt am Sonntag“ interviewt. Geplant waren ursprünglich zwei Seiten. Doch weil das Gespräch anderthalb Stunden dauerte, könnten es nun vier werden. Eine gekürzte Fassung wird in der „Bild am Sonntag“ erscheinen und eine englische Version bei „Business Insider“.

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