Facebook und AT&T Antreiber für das Supernetz zum Billigtarif

Unterirdisch Glasfaser zu verlegen ist ein teures Unterfangen. AT&T und Facebook fordern die Telekommunikationsbranche in Deutschland mit günstigen Alternativen zu Glasfaseranschlüssen heraus.

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Das Ende der Glasfaser-Technologie. Quelle: Presse

Hängt Deutschlands Wohl an der Glasfaser? Der Eindruck drängt sich auf angesichts des Streits in der Branche um die Technik, die Bürgern und Unternehmen flächendeckend ultraschnelles Internet bringen soll. Die Deutsche Telekom setzt darauf, Kupferleitungen aus analogen Telefonzeiten technologisch aufzurüsten. Konkurrenten wie die Netzbetreiber im Bundesverband Glasfaseranschluss wollen uns hingegen über Glasleiter ins Netz bringen.

Teuer wird beides. Nach Hochrechnungen reichen die Kosten für flächendeckendes Highspeed-Internet in Deutschland bis zu 80 Milliarden Euro. Womöglich aber geht es auch weit billiger. Dafür sprechen zwei neue Technologien für ultraschnelle Internetzugänge, an denen der US-Kommunikationsanbieter AT&T und der Internetkonzern Facebook arbeiten. Beide haben vergangene Woche die Fachwelt in Erstaunen versetzt.

AT&T will mit seiner AirGig genannten Technik, die Stromtrassen nutzt, vor allem ländliche Gebiete erschließen. Die Entwickler aus Facebooks Connectivity Lab arbeiten daran, die Breitbandversorgung in Städten drastisch zu verbessern. Sie setzen auf drahtlose Sender, die – von nur einem Glasfaseranschluss ausgehend – ganze Stadtviertel per Funk ans Turbonetz anschließen.

Diese Länder haben das schnellste Internet
Breitband-Internet Quelle: REUTERS
Helsinki Quelle: dpa
Prag Quelle: dpa
Irland Quelle: gms
Riga Quelle: dpa
Platz 6: NiederlandeDen Sprung auf 14,2 Megabit pro Sekunde schaffen unsere niederländischen Nachbarn. Quelle: dpa
Schweiz Quelle: dpa

Setzen sich die Vorhaben durch, könnten die Gesetzmäßigkeiten der Branche neu geschrieben werden. Denn nicht nur die Netzbetreiber, sondern auch Ausrüster wie Nokia, Ericsson oder Huawei kämen durch die neue Konkurrenz unter Druck.

Beide Ansätze eint, dass sie Funkübertragungen mit dem Tempo von Glasfaseranschlüssen ermöglichen sollen. Preislich aber wären sie drastisch günstiger, weil dafür keine Leitungen verbuddelt werden müssten – Kostentreiber der Breitbanderschließung. Bis zu 70.000 Euro braucht es auf dem Land in Deutschland, um einen Kilometer Glasfaser zu verlegen. Beträge, die sich dort kaum refinanzieren lassen.

Ausgerechnet die altertümliche Infrastruktur von Mast zu Mast gespannter Stromleitungen könnte eine Alternative sein. Zwar liegen 89 Prozent der deutschen Stromanschlüsse in Städten und Dörfern unter der Erde. Doch in den digital unterversorgten ländlichen Regionen gibt es noch 128.000 Kilometer Freileitungen, für die der Turbofunk von AT&T den ersehnten Einstieg ins Internetzeitalter bieten könnte.

Funkverbindungen von Strommast zu Strommast

AT&T will die Leitungstrassen als Tragkonstruktion für Funkverbindungen von Strommast zu Strommast nutzen. Spezialantennen, die rund um die Masten eine Art überdimensionales WLAN ausstrahlen, sollen die letzten Meter zum Haus überbrücken. Das könnte bis zu 90 Prozent der Kosten der gängigen Glasfaserverlegung einsparen und das Breitbandgeschäft so auch auf dem Land profitabel machen.

Laut Insidern hat AT&T in der Heimat bereits größere interne Testnetze. Dort hängen Stromleitungen noch über weite Teile überirdisch. Ab Anfang 2017 sollen die ersten öffentlichen Feldtests anlaufen.

Jede Menge Antennenplätze wird auch Yael Maguire benötigen, der Chefingenieur von Facebooks Connectivity Lab. Seine Techniker wollen ein extrem schnelles Übertragungsnetz namens Terragraph speziell in dicht besiedelten Gebieten installieren. Der 41-Jährige ist das technologische Mastermind hinter den Weltvernetzungsplänen Facebooks. Er entwickelt auch die Drohne Aquila, die als fliegende Basisstation bald schnurlose Internetzugänge in abgelegene Weltregionen bringen soll.

Diese Städte sind am besten auf die Digitalisierung vorbereitet

Für die Flächenversorgung in Ballungsgebieten hingegen arbeitet Maguire an einem besonders dichten Netz verbundener Sendestationen. Durch ihre Engmaschigkeit sind die Stationen in der Lage, per Funk große Datenmengen mit Glasfasergeschwindigkeit zu übertragen. „Für Stadtviertel mehrerer Quadratkilometer Größe reicht dann ein Glasfaserzugang“, sagt Maguire.

Ähnliche Ideen verfolgen auch Netzbetreiber und -ausrüster, doch kaum einer drückt so aufs Tempo. Schon 2018 soll Terragraph einsatzreif sein. Selber betreiben will Facebook das Funknetz nicht. Vielmehr sollen Netzbetreiber oder Techniklieferanten das Know-how kostenfrei nutzen können.

Damit attackiert Facebook nicht nur das Kerngeschäft von Netzausrüstern wie Nokia oder Ericsson. „Das ist auch ein Druckmittel gegenüber den Telefonanbietern“, sagt Frank Fitzek, Leiter des Lehrstuhls für Kommunikationsnetze an der Universität Dresden. Denn sollten die Konzerne Facebook mal keinen ungebremsten Zugang zu den Kunden mehr gewähren, reiche es, darauf hinzuweisen, dass man diese auch selbst anfunken könne.

Der Kampf um das Breitband für alle bleibt spannend.

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